RIHA Journal 0160 | 27 June 2017
"Bollwerk des Deutschtums im Osten": Das Freikorpsehrenmal auf dem Annaberg/Oberschlesien
Abstract
In 1936, the National Socialist government of the province of Upper Silesia
commissioned the Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (German War
Graves Commission) to build a memorial to the German Freikorps fighters,
who had fought in the various post-war conflicts following World War I. The
building, completed in 1938, was located on the Annaberg in Upper Silesia, where
German troops had defeated Polish insurgents during the third Silesian Uprising
in 1921. The article analyzes the composition of this so-called Totenburg
and explores the myths and legends behind this – literally –
outstanding example of commemorative architecture.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Symbolort Annaberg
Baugesinnung und
Standortwahl
Gestaltung
Inschriften
Nutzung
Fazit
Einleitung
[1] Auf dem Annaberg in Oberschlesien errichtete der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) zwischen 1936 und 1938 eines seiner größten Bauwerke während des Nationalsozialismus. Das Freikorpsehrenmal auf dem Annaberg ist nicht nur Ausdruck dafür, wie sich der VDK bereitwillig in den nationalsozialistischen Helden- und Totenkult einspannen ließ. Es legt auch Zeugnis ab von einer spezifischen "Baugesinnung" und verrät einiges über das Selbstverständnis des Volksbundes in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens.1
[2] Nachfolgend wird zunächst die Bedeutung des Standortes und dessen nationalsozialistische Überformung erörtert sowie Selbstverständnis und Baugesinnung des VDK auf der Grundlage zeitgenössischer Texten in der hauseigenen Zeitschrift Kriegsgräberfürsorge näher betrachtet. Vor diesem Hintergrund soll das Bauwerk selbst einer näheren Analyse unterzogen und seine Gestaltung und Inschriften auf ihren ideologischen Gehalt hin befragt werden. Einem weiter gefassten funktionalen Denkmalsbegriff folgend gilt es schließlich auch, nach der Nutzung des Denkmals im Zusammenhang mit weiteren Anlagen vor Ort zu fragen. Denn der Zweck von Denkmälern erschöpft sich nach Meinhold Lurz keinesfalls im starren Erinnern an etwas Vergangenes. Denkmäler waren auch, speziell während des Nationalsozialismus, bevorzugte Orte von Aufmärschen und politischen Kundgebungen.2
Symbolort Annaberg
[3] Am 21. Juni 1921 stürmten nach wochenlangen Kämpfen deutsche Freikorps-Formationen den Annaberg, der während des dritten polnischen Aufstandes nach der Volksabstimmung über die nationale Zugehörigkeit Oberschlesiens von polnischen "Insurgenten" besetzt worden war.3 Auf dem Berg mit der gleichnamigen Ortschaft befand sich – und befindet sich bis heute – die bedeutendste katholische Wallfahrtsstätte Oberschlesiens. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde der Ort unter den Vorzeichen des Kulturkampfes und des deutsch-polnischen Nationalitätenkonfliktes als Hort der oberschlesischen konfessionellen, aber auch sprachlich-kulturellen Identität gegenüber der preußischen Herrschaft über die Region wahrgenommen. Entsprechende Symbolkraft hatte seine Eroberung durch deutsche Truppen 1921. Diese als "Sturm auf den Annaberg" popularisierte Episode aus der langen Reihe von Freikorpskämpfen und -einsätzen der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg machte den Annaberg in der Zwischenkriegszeit aus deutscher Sicht zu dem zentralen Erinnerungsort der sogenannten "Abstimmungskämpfe" in Oberschlesien und zu einem Symbol für das "Unrecht von Versailles". Zwar wurde die Region trotz dieses militärischen Erfolges der deutschen Verbände zwischen Deutschland und dem jungen polnischen Staat aufgeteilt.4 Dennoch galt der Annabergsturm als herausragender Sieg der deutschen Freikorps. Der Ort selbst wurde in der politischen Rechten zu einem Symbol des deutschen Behauptungswillens und zu einem Bollwerk im oberschlesischen Grenzland zwischen "Germanentum" und "slawischem Osten" stilisiert. Die überwiegend rechtsextremen Freikorpskämpfer, von denen sich viele schon früh der NSDAP anschlossen, wurden nach 1933 im nationalsozialistischen Heldenkanon und in einer Fülle von teils sehr populären Romanen über die Oberschlesienkämpfe als "letzte Soldaten des Weltkrieges" und "Vorkämpfer des Dritten Reiches" mythisiert und heroisiert.5
[4] Nach 1933 bemühte sich die oberschlesische Provinzialverwaltung unter ihrem Oberpräsidenten Helmuth Brückner (1896-1954) – selbst Freikorpsveteran aus den Oberschlesienkämpfen – darum, die symbolische Bedeutung des Berges durch verschiedene bauliche Maßnahmen im nationalsozialistischen Sinne zu vereinnahmen: Im Juli 1934 wurde in einem ehemaligen Steinbruch am Annaberg der Grundstein für eine sogenannte "Thingstätte" gelegt, eine Feierstätte in der Form eines Amphitheaters, die als Bühne für völkische Theateraufführungen, politische Kundgebungen und nationalsozialistische Jahresfeiern wie Erntedank und Sonnenwendfeiern dienen sollte. Nach unterschiedlichen Angaben bot sie Platz für mindestens 7.000 Menschen.6 Zu einer solchen Thingstätte gehörte in der Regel auch ein Kriegerehrenmal. Daher trat die Provinzialverwaltung 1935 an den VDK heran mit dem Auftrag zum Bau eines zentralen Ehrenmals zum Gedenken an alle Freikorpsgefallenen der Nachkriegszeit – und zwar an dem Ort, der im kollektiven Gedächtnis am engsten mit dem Mythos um diese Freiwilligenverbände verknüpft war.
Baugesinnung und Standortwahl
[5] Die Baugesinnung des VDK wird von der Kriegsgräberfürsorge der Jahre nach 1933 in starkem Kontrast zu Denkmälern des 19. Jahrhunderts beschrieben. Diese bestünden bloß aus heldischen Posen und einer "Darstellung im Äußeren". Auch vom Denkmalsbau der Westmächte werden die eigenen Werke deutlich unterschieden. Demgegenüber schaffe der VDK Werke, "die keine Denkmale im üblichen früheren Sinne mit Sockeln und Figuren, sondern Bauten, Räume" sind. Deren zentrales Kennzeichen sei ihr "soldatisch-wehrhafter Charakter". Richtig ist, dass nach 1933 tatsächlich von vielen älteren Pathosformeln Abstand genommen wurde, wenngleich die Idee architektonischer Denkmäler durchaus nicht neu war.7 Die zentrale Botschaft der entsprechend diesen Maßgaben gestalteten VDK-Bauten beschrieb Franz Hallbaum, als VDK-Pressechef mit zahlreichen Texten in der Kriegsgräberfürsorge vertreten, folgendermaßen:
Nur mit solchen Malen können wir dem Opfertode unserer Brüder gerecht werden. Was uns im Denken an sie bewegt, wozu uns die Worte fehlen, spricht der Künstler aus mit seiner Tat. […] So schließt des echten Künstlers Lehre den Sinn auf, den Sinn des Opfers und des Heldentums, den Sinn der Treue und der Dankbarkeit, die wir und alle Generationen nach uns unseren Helden schulden. Dies ist der tiefe ethische Gehalt des Werkes der Heldenehrung, das der Volksbund sich zu Aufgabe gemacht hat.8
[6] Mit Blick auf die Standortwahl war das Ziel des Volksbundes, seine Anlagen an landschaftlich besonders markanten, dramatischen oder zumindest landschaftsgärtnerisch schön angelegten Orten zu errichten. Denn "deutsche Ehrenstätten [seien] ohne die Stimmungswerte der Natur undenkbar".9 Am Annaberg fand man einen solchen Standort auf einem rund 40 Meter hohen Kalkfelsen über jenem Tal mit Steinbruch, in dem seit 1934 an der Thingstätte gebaut wurde. Die Wahl dieses steil aufragenden Felsens machte das Ehrenmal weithin sichtbar. Zugleich bot sich von dort eine beeindruckende Aussicht auf die umliegende oberschlesische Landschaft mit dem Odertal und dem nahen oberschlesischen Industrierevier. Die unmittelbare Nähe des Ehrenmals zum Ort des historischen Geschehens der Annabergkämpfe verlieh der Anlage eine zusätzliche Authentizität.
[7] Sämtliche Bauprojekte des Volksbundes wurden von dessen Bauleitung in München unter dem Chefarchitekten Robert Tischler (1885-1959) geleitet.10 In der Kriegsgräberfürsorge und der regionalen und überregionalen Tagespresse wurden die 1936 begonnenen Arbeiten mit zahlreichen Artikeln und Interviews medial begleitet. Dabei tritt eine Eigentümlichkeit des VDK zutage: Weder der Architekt Tischler noch die anderen beteiligten Künstler treten in der Berichterstattung namentlich in Erscheinung. Das hatte den Grund, dass die VDK-Bauleitung sich seit ihrem Bestehen dem mittelalterlichen Ideal der Bauhütte verpflichtet fühlte. Die einzelnen Künstler sollten dabei, wie in der Kriegsgräberfürsorge erläutert wurde, hinter die "Kameradschaft der Bauhütte" und die das jeweilige Projekt tragende "Idee" und "Baugesinnung" zurücktreten. Durch dieses eigenwillige Konzept des kollektiven Arbeitens sollten die Bauwerke wie aus einer Hand geschaffen wirken, ohne dass sich ein großer Künstlername "zwischen Volk und Heldenehrung" stelle.11
[8] Weiterhin nahm der Volksbund für sich in Anspruch, "Förderer überlieferten echten deutschen Handwerks und alter Kunstfertigkeiten" zu sein. Daher versuchte man auf moderne Baumaterialien wie Zement und Beton zu verzichten. Glaubt man der Berichterstattung, wurden am Annaberg stattdessen ausschließlich natürliche Ersatzwerkstoffe wie Mörtel aus Quark, Ziegenhaar und Tierblut verwendet. Für Ehrenmale kam zudem, dem zeitgenössischen Materialdiskurs folgend, nur Naturstein in Frage, der möglichst vor Ort gewonnen werden sollte. Das hatte freilich auch praktische Gründe, wurde aber ideell damit begründet, dass nur durch örtliche Gesteinsarten die "Verwurzelung mit dem heimischen Boden" gewährleistet sei.12 Das Ehrenmal am Annaberg bestand dementsprechend aus Kalkstein, der direkt vor Ort gewonnen wurde, und auch die selbstgesetzte Maßgabe der Verwendung althergebrachter Materialien wie dem beschriebenen Mörtel und die Anwendung traditioneller handwerklicher Techniken wurden bei der Gestaltung des Ehrenmals laut der Kriegsgräberfürsorge befolgt.
Gestaltung
[9] Bereits Ende der 1920er Jahre hatte Tischler, von Haus aus Gartenarchitekt, in Anlehnung an das Vorbild des Ehrenmals von Tannenberg einen neuen und stärker auf Denkmalscharakter abzielenden Typus von Kriegsgräberstätten entwickelt, sogenannte "Totenburgen".13 Dem lag laut Kriegsgräberfürsorge die Erkenntnis zugrunde, "daß nur durch monumentalen Ausbau der Gedenkstätten die Erinnerung an die heldische Gesinnung unserer Gefallenen für alle Zeiten gewährleistet" werden könne.14 Die Totenburg auf dem Annaberg war konzipiert als Zentralbau mit zehn nach außen weisenden pfeilerartigen Vorsprüngen, auf denen zu feierlichen Anlässen Feuerschalen installiert werden konnten. Als architektonisches Vorbild liegt die Stauferburg Castel del Monte im süditalienischen Bari nahe (Abb. 1).
[10] Von der Thingstätte unterhalb des Bauwerks aus betrachtet, dürfte das Ehrenmal recht eindrücklich gewirkt haben. Auf dem steilen Felsen stehend machte es den Eindruck einer wehrhaften Trutzburg. Die VDK-Zeitschrift beschreibt das Ehrenmal als "wuchtig über der zerklüfteten hohen Steile des Steinbruchs aufragend, der die Volksarena unten als mächtigen Bühnenhintergrund abschließt." Verstärkt werden sollte diese Wirkung durch "die gespensterhaft gen Himmel steigenden oder um den Gewölbekranz sich schlängelnden Rauchfahnen der zehn Flammenschalen".15 Den Eindruck einer Trutzburg verstärkten auch die schießschartenartigen Fensteröffnungen und die grob bossierte Oberfläche des Ehrenmals, die dem Äußeren den rauen Charakter einer Burgmauer verliehen (Abb. 2).
[11] Von ebenerdiger Position aus betrachtet erscheint das Gebäude mit ungefähr 4,5 Metern Höhe weit weniger beeindruckend und wirkt eher gedrungen. Von außen nicht erkennbar befand sich jedoch im Innern des Ehrenmals ein Kuppelgewölbe, eine Art Krypta, deren Grund drei Meter tiefer als der ebenerdige Eingang lag und dessen Kuppel von außen nur zu erahnen ist.
[12] Trutzig wirkt auch die eng gehaltene Eingangspforte des Ehrenmals, die von wuchtigen Steinquadern eingerahmt wird (Abb. 3).
Diese Enge der Eingangspforte war als Gestaltungsmittel vieler VDK-Totenburgen und Weiheräume auf größeren Soldatenfriedhöfen verbreitet und sollte den dahinter liegenden Raum als "Kultraum" kenntlich machen. Der enge Eingang war nur einzeln zu betreten, was zu Schweigen und Besinnlichkeit mahnen sollte: "Denn nicht Schwärme von Menschen sollen in das Innere eindringen. Wer zu unseren Helden will, soll und muß sich Zeit lassen und in einem Nacheinander an ihre Gruft treten."16
[13] Hinter der Pforte öffnete sich nach links und rechts ein enger Umgang, der durch die schießschartenartigen Fensteröffnungen schwach beleuchtet wurde. Auf der innenseitigen Wand befand sich auf einer Steintafel gegenüber dem Eingang die eigentliche Widmungsinschrift – "DEN DEUTSCHEN FREIKORPSKÄMPFERN" – sowie 24 Wappenschildreliefs mit Fahnenabzeichen verschiedener Freikorpsformationen. Der Umgang endete auf beiden Seiten an einer Treppe, die drei Meter in die Tiefe und in einen kleinen Vorraum führte. An dessen nach außen weisender Wand war in einer mannshohen Nische ein Mosaik angebracht, das einen nackten Wächter zeigte. Er hielt ein in den Boden gerammtes Zweihänderschwert in der Faust sowie einen Schild mit Adler und Hakenkreuz als den Hoheitszeichen des NS-Regimes.
[14] Der kleine Vorraum öffnete sich durch eine schmale Pforte zur Mitte des Baues hin zum eigentlichen "Weiheraum". Der Blick des Betrachters fiel hierbei zuerst auf eine dem Eintretenden zugewandte, überlebensgroße Plastik, ein Werk des Bildhauers Fritz Schmoll genannt Eisenwerth (1883-1963), der bereits zahlreiche Auftragsarbeiten des VDK ausgeführt hatte (Abb. 4).
Sie war aus extrem hartem, grünem Porphyr als Versinnbildlichung von Stärke und Kraft gefertigt und stellte einen sich aufrichtenden Krieger mit Schwert dar. In einem Interview in der Kriegsgräberfürsorge, in dem Schmoll freilich als Teil der VDK-Bauhütte nicht namentlich genannt wird und anonym bleibt, beschreibt er die Kriegerskulptur als Symbolisierung des "Erwachens des deutschen Volkes zu neuer Wehrhaftigkeit" durch die "Machtergreifung" 1933.17
[15] Das Rund der Kuppelhalle hatte einen Durchmesser von zehn Metern. Darin befanden sich nach außen hin elf Tonnengewölbe, in jedem davon ein Porphyrquader als Scheinsarkophag. Hinter diesen Gewölben befand sich ein niedrigerer Umgang, in dessen Boden Särge mit den sterblichen Überresten von 50 toten Freikorpskämpfern aus den Annabergkämpfen eingelassen waren. Diese Toten hatten vorher verstreut auf verschiedenen Friedhöfen um den Annaberg gelegen. Erst kurz vor der Einweihung des Ehrenmals am 22. Mai 1938 waren sie exhumiert, von SA-Männern in einem feierlichen Fackelzug in das Ehrenmal gebracht und hierher umgebettet worden (Abb. 5).
An der Rückwand dieses Umgangs waren in Goldmosaik die Namen der Toten angebracht. Durch im Umgang angebrachte Kerzen konnte dieser in ein feierliches Licht getaucht werden (Abb. 6).
[16] Die Kuppel des Weiheraums war vom Grund der Halle aus rund 7,50 Meter hoch. In ihrem Scheitelpunkt öffnete sie sich in einer Laterne, die spärliches Tageslicht in die Kuppel hineinließ. In der Mitte dieser Laterne war – gleichsam als symbolische Lichtquelle des Weiheraumes – ein Hakenkreuz angebracht, dem der erwachende Krieger seinen Blick zuwendete: "Von diesem Symbol des neuen Deutschlands und von dem Opfer der Gefallenen erhält der Krieger neues Leben und neue Kraft."18
[17] Die Kuppel selbst war mit einem Mosaik aus Bruchmarmor und goldfarbenen Blättchen verziert. Von der Laterne mit ihrem Hakenkreuz gingen im Mosaik vier goldene Strahlen nach den vier Himmelsrichtungen aus. Am Sockel der Kuppel waren vier Adlerreliefs angebracht. Daneben bestand das Mosaik aus Schmuckornamenten und Hakenkreuzbändern. In der Kriegsgräberfürsorge wurde die Ausgestaltung der Kuppel in verschiedenen Beiträgen als handwerkliche Pionierleistung im Sinne althergebrachter Mosaikhandwerkskunst gefeiert und die aufwendige kunsthandwerkliche Durchbildung des gesamten Innenraumes hervorgehoben (Abb. 7).19
[18] In schwülstigen Worten beschrieb das VDK-Blatt die intendierte, schummrig-sakrale Stimmung in diesem dunkel gehaltenen Weiheraum, "in dem alle Register der dekorativen Kunst zu den stärksten Akkorden zusammenklingen, und ihr Halleluja erschallt zum Preise der hier für ewig gebetteten, feierlich aufgebahrten Toten".20 Dieses "Halleluja" hatte freilich ganz und gar ohne christliche Symbole auszukommen, denn die Kirchen waren nach 1933 schrittweise aus dem offiziellen Kriegstotengedenken verdrängt worden und auch im Annaberger Freikorpsehrenmal fehlt jede christliche Symbolik.
Inschriften
[19] Neben der erwähnten Widmungsinschrift und den Namen der hier Bestatteten befand sich ein Inschriftenzyklus auf den Scheinsarkophagen in den elf Tonnengewölben der Krypta, der in elf Zeitabschnitten in kurzen pathetischen Worten eine nationalsozialistische, mythische Deutung der Geschichte Deutschlands von 1914 bis 1932 wiedergibt:
1914 DEUTSCHLAND / 1915 EHERNE FRONT / 1916 STÄHLERNER WILLE / 1917 HELDISCHES OPFER / 1918 VERRATENER SIEG / 1919 STURZ IN DEN ABGRUND / 1920 SCHLACHTRUF DER EHRE / 1921/22 SCHWERTGANG DER TREUE / 1923 HEILIGE SAAT / 1924-30 VOLK IN GEFAHR / 1931-32 DEUTSCHLAND ERWACHE!
Seine "Krönung und Vollendung"21 fand dieser Ring von Inschriften in der Jahreszahl 1933, angebracht am Fuß des Porphyrkriegers in der Mitte des Raumes als Sinnbild der "Machtergreifung".
[20] Es ist augenfällig, dass die Jahreszahlen in diesem Zyklus nicht nur die Kämpfe in Oberschlesien zum Thema haben. Stattdessen bilden die Jahre 1914 und 1933 seine Eckdaten. Dadurch wird eine Kontinuität konstruiert, die diese beiden Jahreszahlen in einen sinnhaften historischen Zusammenhang stellt, der auf den Gründungsmythos der NSDAP verweist. An dessen Anfang stehen der Weltkrieg, die Fronterfahrung und die Normen und Werte der Frontsoldaten, auf die die NSDAP in ihrer Selbstinszenierung immer verwiesen und in deren Tradition sie sich stellten. Es folgt die Kriegsniederlage 1918, in Dolchstoßmanier als "VERRATENER SIEG" beschrieben. Das Jahr 1919 mit dem Versailler Friedensvertrag bedeutet in dieser Interpretation den hier bezeichneten "STURZ IN DEN ABGRUND". Aus diesem Abgrund erhoben sich die zwischen 1919 und 1922 an verschiedenen Nachkriegsfronten kämpfenden Freikorps. Sie verkörpern über den Abgrund des Jahres 1919 hinaus als die letzten Aufrechten mit der hier erwähnten "EHRE" und "TREUE" die soldatischen Werte der Frontkämpfer. In dieser heroischen Narration, die auch Konsens in der umfangreichen Freikorpsliteratur der 1920er/30er-Jahre war, nahmen die Freikorps die "unverdiente" Kriegsniederlage nicht hin, sondern kämpften – wie hier in Oberschlesien – weiter. Sie galten in der politischen Rechten Deutschlands als letzte Freiwillige des Weltkrieges und Verteidiger der bedrohten deutschen Grenzen. Der Sieg am Annaberg stellte aus Sicht vieler rechtsgerichteter Zeitgenossen den ersten Sieg Deutschlands nach der Niederlage 1918 dar.
[21] Die "HEILIGE SAAT" von 1923 verweist auf den gescheiterten Hitlerputsch in München, eine Saat, die mit der Machtübernahme 1933 bildlich gesprochen zur Blüte gelangte. "DEUTSCHLAND ERWACHE" meint die Wahlerfolge und den Durchbruch der NSDAP, die zum Kampf gegen die Versailler Nachkriegsordnung und die Weimarer Republik angetreten war ("VOLK IN GEFAHR"), zur Massenpartei 1931-32. Die nationale Wiederauferstehung von 1933 versinnbildlicht Schmolls Kriegerskulptur.
[22] Über die zeitliche Klammer von 1914 bis 1933 wird also der Nationalsozialismus in eine Kontinuität mit den Frontkämpfern des Weltkriegs gestellt. Die rechtsextremen Freikorps stellen dabei die Brücke dar zwischen den Frontkämpfern und der NS-Bewegung. Tatsächlich fanden viele frühere Freikorpsangehörige schon früh den Weg in die NSDAP, keineswegs jedoch alle oder auch nur die Mehrheit, wenngleich dies von der NS-Propaganda so suggeriert wurde. Mit dem Inschriftenzyklus fließt also das Gründungsnarrativ der NS-Bewegung in das Annabergehrenmal mit ein. Zur Bekräftigung dieses Gründungsmythos wurde eine so bezeichnete "Opfergemeinschaft" bzw. "Blutsbrüderschaft" konstruiert, die das Kriegstotengedenken im Dritten Reich prägte und die auch in den Inschriften durchscheint. Diese Opfergemeinschaft umfasste die Toten des Weltkriegs, die Toten der Freikorps und die sogenannten "Blutzeugen der Bewegung", also die Märtyrer der nationalsozialistischen "Kampfzeit" wie Horst Wessel oder Hans Mallon, dem der VDK ein Ehrenmal auf Rügen gesetzt hat. Und dieser Konstruktion einer Opfergemeinschaft folgte auch der VDK, der in einer Satzungsänderung 1933 neben den Weltkriegstoten nun auch seine Zuständigkeit für die Gräber der Freikorpstoten und "Blutzeugen der Bewegung" erklärte und der diese Opfergemeinschaft in der Kriegsgräberfürsorge immer wieder beschwor.22
[23] Eine weitere Sinnstiftung erfolgt in den Inschriften mit Blick auf den Tod der hier bestatteten Annabergkämpfer sowie aller Freikorpsgefallenen: Indem die Freikorps in eine letztlich auf 1933 zulaufende und damit zum – wenngleich verspäteten – Sieg führende Kontinuität und Tradition eingereiht werden, obwohl der Freikorpseinsatz in Oberschlesien mit Blick auf die Teilung der Region 1921 und gemessen an den damaligen Zielen letztlich gescheitert war. Die Freikorpsveteranen durften sich auf diese Weise als Teil der siegreichen NS-Bewegung fühlen und nahmen dieses Identifikationsangebot, vertreten durch den reichsweiten Freikorpstraditionsverein Bund Schlageter e.V., denn auch gerne an, zumal politische Übereinstimmungen zwischen NS und FK ohnehin bestanden.
[24] Dieser mythischen Lesart der Freikorps folgten auch die Festredner anlässlich der Einweihungsfeier von Ehrenmal und Feierstätte im Jahr 1938, darunter auch der oberschlesische Gauleiter und frühere "Annabergstürmer" Helmuth Brückner. In den Reden, die in der Freikorpszeitschrift Reiter gen Osten überliefert sind, wurden die Freikorps als "Soldaten der letzten Front des Weltkrieges" gewürdigt, die zugleich "für ein Reich stürmten, das noch nicht geboren war". Erst mit dem Sieg der NS-Bewegung und der "Wiederauferstehung" Deutschlands habe der Weltkrieg seinen eigentlichen Abschluss gefunden.23
Nutzung
[25] Sabine Behrenbeck zeigte in ihrer wegweisenden Untersuchung zum nationalsozialistischen Heldenkult, wie Denkmale in besonderer Weise als Kulissen politischer Inszenierungen genutzt wurden.24 Übereinstimmend beschreibt auch Meinhold Lurz den Zweck von Denkmälern im Nationalsozialismus (im Vergleich zur Weimarer Zeit) als nunmehr geschlossen und einheitlich: Feierstunden und Denk-/Ehrenmäler als deren Kulissen und Bühnenbilder waren zentrale Propagandamittel und dienten der performativen Inszenierung der "Volksgemeinschaft", der im Nationalsozialismus übersteigerten Verherrlichung und Sakralisierung des Kriegstodes, dem Aufruf zur Nachfolge der Gefallenen und der in ihnen verkörperten Werte – und damit letztlich der ideologischen Kriegsvorbereitung. Ehrenmale wie die Totenburg am Annaberg dienten als Requisiten, Hintergrund und "Altäre" der nationalsozialistischen Feierliturgie.25
[26] Die in der Thingbewegung der frühen 1930er Jahre ersonnenen "kultischen" Veranstaltungen bestanden aus Aufmarsch, Totenehrung und Thingspiel. Daher wurden die ab 1934 im Reich errichteten Thingstätten in der Regel durch Ehrenmale für bestimmte heroisierte Personen oder Gruppen ergänzt.26 So geschehen auch am Annaberg, wo die vom VDK errichtete Totenburg für die deutschen Freikorpskämpfer den Bühnenhintergrund für die darunter gelegene Feierstätte bildete (Abb. 8).
[27] Das Bemühen um die Schaffung einer Feierstätte für nationalsozialistische Großveranstaltungen am historischen Ort der Annabergkämpfe mit dem Freikorpsehrenmal als ideellem Bezugspunkt muss jedoch als gescheitert angesehen werden. Die nach 1933 erwachte Thingeuphorie ebbte bereits 1935 ab, die Thingspielidee erwies sich als nicht tragfähig, die Besucherzahlen in den wenigen bis dahin fertig gestellten Feierstätten waren enttäuschend. Das Propagandaministerium erließ daher 1935 einen Genehmigungs- und Baustopp und besiegelte damit de facto das Ende der Thingbewegung. Dennoch wurde die Anlage am Annaberg auf Betreiben der oberschlesischen Provinzialregierung fertiggestellt und 1938, gemeinsam mit dem Ehrenmal, in einer pompösen Feier eingeweiht. Sie wurde von einer umfassenden Berichterstattung in der regionalen und überregionalen Presse vorbereitet und begleitet. Am 22. Mai, genau 17 Jahre nach der Erstürmung des Berges, fanden sich mehrere Tausend Besucher vor Ort ein, darunter zahlreiche aus dem ganzen Reich angereiste Freikorpsveteranen. Die Einweihungsfeier bildete zugleich den Abschluss und Höhepunkt der in den vorhergehenden Tagen in Breslau abgehaltenen, jährlichen VDK-Reichstagung.
[28] Für die Jahre nach der Einweihungsfeier jedoch konnte keine einzige größere Veranstaltung an der Feierstätte und dem Ehrenmal mehr nachgewiesen werden. Weder wurden hier jemals Thingspiele aufgeführt noch nationalsozialistische Feiertage begangen.27 Zudem war die Feierstätte für diese ländliche Gegend völlig überdimensioniert. Der Feierstätte am Annaberg erging es damit wie vielen der übrigen rund 50 fertig gestellten Thingplätze im Reich, die von Städten als bevorzugtem Ort für nationalsozialistische Kundgebungen und Feierlichkeiten verdrängt wurden. Es finden sich lediglich Hinweise auf kleinere Veranstaltungen, oft ausgehend von einer nahegelegenen, 1937 eingeweihten Jugendherberge. Auch als touristisches Ausflugsziel scheinen die Anlagen nicht die gewünschte Anziehungskraft entwickelt zu haben. Die letzte dokumentierte Veranstaltung vor Ort fand im Herbst 1944 statt: Die Deutsche Wochenschau berichtete am 25. Oktober 1944 von einer Feierstunde des Volkssturms vor dem "Mahnmal deutschen Freiheitswillens auf dem Annaberg". Zu sehen sind uniformierte Volkssturmabteilungen vor dem Ehrenmal; auf den Pfeilern rauchen die brennenden Feuerschalen.28 Die Programmatik des Annaberges als "Bollwerk" gen Osten und Symbol der Verteidigung der bedrohten Reichsgrenzen durch "freiwilligen" Einsatz wurde hier nochmals zur sinnhaften Überhöhung des militärisch sinnlosen Einsatzes des Volkssturms als letztes Aufgebot des Regimes vor der unvermeidlichen Kapitulation bemüht.
Fazit
[29] Robert Tischler schuf mit dem Freikorpsehrenmal auf dem Annaberg ein fortifikatorisch-sepulchrales Bauwerk mit kultisch-auratischem Ambiente in seinem Inneren: nach außen Trutzburg, innen Weiheraum. Der wehrhafte Charakter des Ehrenmals korrespondierte mit seiner Lage im "umkämpften Grenzland" Oberschlesien und der symbolischen Bedeutung des Annaberges als kampfumbrandetes "Bollwerk des Deutschtums im Osten". Mit dem trutzig-wehrhaften Ehrenmal erhielt der im Nationalsozialismus propagierte Freikorpsmythos neben dem geografischen und zeitlichen Symbol des Annaberges und seiner Erstürmung am 21. Mai 1921 auch ein visuelles Symbol mit Wiedererkennungswert. Dieser Mythos und der Topos vom wehrhaften, zu verteidigenden Grenzland wurden hier in architektonische Form gegossen. In den Inschriften kommen eine mythische Deutung der deutschen Geschichte und eine nachträgliche Sinnstiftung des Todes der hier Bestatteten zum Ausdruck, die auch in den (wenigen) Veranstaltungen um das Ehrenmal zum Tragen kam.
[30] Das Ehrenmal ist als funktionaler Bestandteil des baulichen Ensembles zu betrachten. Es fungierte als ästhetischer Bühnenhintergrund der ursprünglich vorgesehenen großen Kundgebungen und Feiern am Fuße des Kalkfelsens und sollte gerade durch seine Ansicht von der Feierstätte aus seine Wirkung erzielen. Als Medium des Annabergmythos fungierte das Ehrenmal zugleich als ideeller Mittelpunkt der nationalsozialistischen Anlagen an diesem Symbolort. Das Ehrenmal sollte ästhetische und ideelle "Requisite" der letztlich nie stattgefundenen Massenaufmärsche in der Feierstätte sein. Es war damit Teil der Festarchitektur für den NS-Heldenkult, dessen Werte das Ehrenmal dem Publikum bildlich vermitteln sollte. Durch das Scheitern der Thingbewegung und seine ländliche Lage scheiterte zugleich die intensive Nutzung der Anlagen ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend. Auch als Schauplatz sonstiger nationalsozialistischer (Jahres-)Feiern und Aufmärsche scheint der Annaberg nicht attraktiv gewesen zu sein, mögen die Bauten auch eine gewisse Symbol- und Strahlkraft über die Grenzen Oberschlesiens hinaus gehabt haben.
[31] Lässt sich die Totenburg abschließend als dezidiert nationalsozialistische Memorialarchitektur charakterisieren? Als Paradebeispiele werden hierfür oft lichte und monumentale Konstruktionen wie die Ehrentempel auf dem Münchener Königsplatz oder die letztlich nie realisierten Entwürfe Wilhelm Kreis' angeführt. Deren offene Gestaltung, Leichtigkeit und Öffnung zum freien Himmel als zentrale Merkmale nationalsozialistischer Memorialarchitektur29 stehen allerdings in deutlichem Kontrast zum geschlossenen und düsteren Charakter der VDK-Totenburg. Architekt Tischler hielt sich auf dem Annaberg an Konzepte und Formen älterer Bauten: an prägende mittelalterliche Vorbilder wie das archetypische Castel del Monte und das Theoderichgrab in Ravenna, die Bismarcktürme der Jahrhundertwende sowie das 1927 eingeweihte Tannenberg-Denkmal. Sie waren allesamt stilbildend für das von Kreis Ende der 1920er Jahre entwickelte Konzept der Totenburg. Gleichwohl widersprach der Bau nationalsozialistischen Vorstellungen vom "Bauen im neuen Reich", wie sie in programmatischen Werken nach 1933 idealtypisch beschrieben wurden, auch nicht. Mit seiner rückwärtsgewandten Bauideologie bot dieses Werk des VDK genügend Anknüpfungspunkte und war in seiner Gestaltung offen für nationalsozialistische Deutungen und Funktionalisierungen.30
[32] Nur acht Jahre nach seiner Einweihung fiel das Ehrenmal einem Denkmalssturz zum Opfer: 1945 sprengten polnische Verbände den Rundbau. 1955 wurde an derselben Stelle das bis heute existierende "Denkmal für die aufständische Tat" errichtet, das an die polnischen Aufstände in den Jahren 1919 bis 1921 erinnert. Die Feierstätte blieb jedoch vom Bedürfnis, nationalsozialistische Bauwerke zu beseitigen, unberührt und wird bis heute, wie auch einige ehemalige Thingstätten in Deutschland, als Freilichtbühne genutzt.
Gastherausgeber des Special Issues
Christian Fuhrmeister und Kai Kappel (Hg.), War Graves, War Cemeteries, and
Memorial Shrines as a Building Task, 1914-1989. Die Bauaufgabe
Soldatenfriedhof/Kriegsgräberstätte zwischen 1914 und 1989, in:
RIHA Journal 0150-0176
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1 Zur Geschichte des VDK im NS siehe nach wie vor Meinhold Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, Bd. 5: Drittes Reich, Heidelberg 1986. Daneben liegen einige Aufsätze etwa zur Entwicklung der Formsprache der Kriegsgräber und der Ideologie des VDK vor und nach 1945 vor: Monika Kuburek, "Die Kriegsgräberstätten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge", in: Unglücklich das Land, das Helden nötig hat. Leiden und Sterben in den Kriegsdenkmälern des Ersten und Zweiten Weltkrieges, hg. v. Michael Hütt, Marburg 1990, 75-90; Meinhold Lurz, "'…ein Stück Heimat in fremder Erde'. Die Heldenhaine und Totenburgen des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge", in: archplus. Zeitschrift für Architektur und Städtebau 71 (1983), 66-70; Christian Fuhrmeister, "Klatschmohn und Ochsenblut. Zur Ikonographie der Kriegsgräberstätten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge", in: Gartenkultur und nationale Identität. Strategien nationaler und regionaler Identitätsstiftung in der deutschen Gartenkultur, hg. v. Gert Gröning und Uwe Schneider, Worms 2001, 119-134.
2 Vgl. Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, 33-35.
3 Zu den Ereignissen in Oberschlesien siehe Bernhard Sauer, "'Auf nach Oberschlesien'. Die Kämpfe der deutschen Freikorps 1921 in Oberschlesien und den anderen ehemaligen deutschen Ostprovinzen", in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 58 (2010), 297-320.
4 Zum Annaberg als Erinnerungsort siehe Juliane Haubold-Stolle, "Der heilige Berg Oberschlesiens. Der Sankt Annaberg als Erinnerungsort", in: Schlesische Erinnerungsorte. Gedächtnis und Identität einer mitteleuropäischen Region, hg. v. Marek Czaplinski, Görlitz 2005, 201-220.
5 Zum Freikorpsmythos während der Weimarer Republik und dem Nationalsozialismus siehe Matthias Sprenger, Landsknechte auf dem Weg ins Dritte Reich? Zu Genese und Wandel des Freikorpsmythos, Paderborn u.a. 2008.
6 Eine Übersicht über sämtliche bekannten Thingstättenprojekte bietet Rainer Stommer, Die inszenierte Volksgemeinschaft. Die "Thing-Bewegung" im Dritten Reich, Marburg 1985.
7 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 124; Kriegsgräberfürsorge 1 (1939), unpaginiert; Kriegsgräberfürsorge 9/10 (1943), 5. Die Abgrenzung des VDK von alliierten Gestaltungsprinzipien betont auch Gunnar Brands, "From World War I Cemeteries to the Nazi 'Fortresses of Dead'. Architecture, Heroic Landscape, and the Quest for National Identity in Germany", in: Places of Commemoration. Search for Identity and Landscape Design, hg. v. Joachim Wolschke-Bulmahn, Washington 2001, 226f.
8 Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 124.
9 Kriegsgräberfürsorge 5 (1937), unpaginiert.
10 Vor dem Umzug der Bauleitung nach dem Tod ihres Chefs von München in die VDK-Bundeszentrale Kassel wurden sämtliche Quellen aus nicht näher bekannten Gründen vernichtet (vgl. Fuhrmeister, "Klatschmohn und Ochsenblut", 121). Daher lässt sich das Zustandekommen des Ehrenmals auf dem Annaberg – Diskussionen und Überlegungen zur Gestaltung sowie alternative Entwürfe, die Baugeschichte etc. – ebenso wenig wie andere VDK-Projekte vor 1959 aktenmäßig nachvollziehen.
11 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 1 (1938), 4f.
12 Vgl. Alfons Hayduk, Annabergwacht, o.O. 1938, 24. In den völkischen Werken des oberschlesischen Dichters, Schriftstellers und oberschlesischen Landesleiters der Reichsschrifttumskammer Hayduk (1900-1972) erhebt dieser den Annaberg zum auratischen Ort eines uralten, harten, im oberschlesischen Boden verwurzelten Grenzlandgermanentums, welches im Annaberg seit Urzeiten sein heidnisches Heiligtum gehabt und diesen als heiligen Ort verehrt habe.
13 Zum Typus der Totenburg siehe Meinhold Lurz, "'…ein Stück Heimat in fremder Erde'", 66-70.
14 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 1 (1940), 12.
15 Kriegsgräberfürsorge 9-10 (1943) [Doppelnummer], 56.
16 Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 121; Vgl. Lurz, Kriegerdenkmäler in Deutschland, 131.
17 Kriegsgräberfürsorge 1 (1938), 8.
18 Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 124.
19 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 1 (1938), 10f.; Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 13; Kriegsgräberfürsorge 1 (1940), 9-12; Kriegsgräberfürsorge 3 (1940), unpaginiert.
20 Kriegsgräberfürsorge 9/10 1943, unpaginiert.
21 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 12.
22 Vgl. Kriegsgräberfürsorge 6/7 (1938), 93f., 102; Kriegsgräberfürsorge 8 (1938), 2; Kriegsgräberfürsorge 10 (1936), 154f. Ihre materielle Manifestation fand diese Blutsbrüderschaft unweit des Annaberges im gleichfalls vom VDK errichteten Ehrenmal im oberschlesischen Waldenburg, das nur wenige Wochen nach dem Freikorpsehrenmal eingeweiht wurde und das den oberschlesischen Weltkriegsgefallenen, den "Opfern der Arbeit" sowie den "Blutzeugen der Bewegung" in Oberschlesien gewidmet war; vgl. Kriegsgräberfürsorge 9 (1938), die sich größtenteils mit dem Waldenburger Ehrenmal beschäftigt.
23 Vgl. Reiter gen Osten 3 (1934), 3; Reiter gen Osten 7 (1934), 3f.; Reiter gen Osten 12 (1936), 12; Reiter gen Osten 8 (1933), 2; Reiter gen Osten 6 (1933), 2.
24 Sabine Behrenbeck, Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole 1923-1945, Greifswald 1996 (= Kölner Beiträge zur Nationsforschung, 2).
25 Vgl. Lurz, Denkmäler in Deutschland, 7f., 18f., 236, 300ff.
26 Vgl. Stommer, Die inszenierte Volksgemeinschaft, 178.
27 Ausgewertet wurde hierfür u.a. die Lokalberichterstattung in der Schlesischen Tageszeitung als wichtigstes regionales Presseorgan dieser Zeit.
28 Die Deutsche Wochenschau Nr. 73, 25. Oktober 1944, https://www.youtube.com/watch?v=UJvrE4rHEpA (aufgerufen am 5. Dezember 2016).
29 Vgl. Behrenbeck, Der Kult um die toten Helden, 379, 383.
30 Der Kontrast zwischen VDK-Anlagen und archetypischen NS-Bauten sowie die seit 1941 bestehende Konkurrenzsituation zwischen VDK und dem zum "Generalbaurat für die Gestaltung der deutschen Kriegerfriedhöfe" ernannten Wilhelm Kreis boten dem Volksbund nach 1945 die Möglichkeit, sich rückblickend vom monumentalen NS-Stil und dessen Totenkult zu distanzieren. Im Jubiläumsband zum 75jährigen Bestehen des VDK 1997 präsentiert dieser zwei der erwähnten Kreis-Entwürfe mit dem Hinweis, diese widersprächen als "Ausdruck der Heldenverherrlichung" der Auffassung des VDK vom Gefallenengedenken. Ideelle Übereinstimmungen mit dem NS werden hingegen nicht reflektiert, die eigenen monumentalen Totenburgen und NS-Auftragsprojekte erwähnt der Jubiläumsband (mit einer Ausnahme) ebenfalls nicht. Speziell die Bauten auf dem Annaberg, im schlesischen Waldenburg sowie das Hans-Mallon-Ehrenmal auf Rügen, die dezidiert nationalsozialistischen und nationalsozialistisch vereinnahmten "Opfergruppen" gewidmet waren, werden mit keinem Wort erwähnt; vgl. Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Hg., Dienst am Menschen, Dienst am Frieden. 75 Jahre Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Kassel 1997.