RIHA Journal 0164 | 27 June 2017

Die Inszenierung der Toten. Italienische Kriegsgräberstätten im Alpenraum als Mittel faschistischer Propaganda

Klaus Tragbar

Abstract
For the self-perception of the Kingdom of Italy, founded as late as 1861, the soldiers killed in action during WW I played a particular role. The war memorials built for them along the front between the Stelvio Pass and the Isonzo River, the frontier to the former Austro-Hungarian Empire, are a case in point. After their seizure of power in 1922, the Italian fascists radically converted the memorial culture from the mourning of the dead to their celebration as fascist martyrs. New war memorials were built, now rather driven by the ideas of heroism and sacrifice for the nation – and for future wars. These new war memorials were also erected in regions where no fighting had taken place during WW I, as in South Tyrol, at the Brenner or the Reschen Pass. This was a clear indication of their function as an instrument for political propaganda.

Einleitung

[1] Am 23. Mai 1915 erklärte Italien Österreich-Ungarn den Krieg. Kurz zuvor, am 26. April, war ihm durch die Entente im Londoner Vertrag die Anerkennung seiner umfangreichen territorialen Ansprüche – Tirol bis zum Brenner, Triest und Istrien (außer Rijeka/Fiume) sowie das nördliche Dalmatien – zugesichert worden; auch der Besitz Libyens und des Dodekanes‘, die Italien 1911 beziehungsweise 1912 besetzt hatte, wurde darin garantiert. Italien kündigte daraufhin den 1882 geschlossenen Dreibund mit Deutschland und Österreich-Ungarn auf und eröffnete an der Südflanke der Mittelmächte eine neue, als Luftlinie rund 775 km lange Frontlinie, die realiter aufgrund der extremen Topografie freilich sehr viel länger war. Diese Alpenfront verlief vom Stilfserjoch über den Ortler zum nördlichen Gardasee und von dort durch die Dolomiten und die Karnischen Alpen bis zum Isonzo; sie endete bei Duino an der Adria (Abb. 1).

1 Italien/Österreich-Ungarn, Verlauf der Alpenfront 1915-1917 (blau: italienische Eroberungen) und Lage der Ossarien (History Department of the US Military Academy West Point; Bearbeitung Universität Innsbruck, Arbeitsbereich Baugeschichte und Denkmalpflege, Silvano Patton)

[2] Für das junge Königreich Italien bildeten der Erste Weltkrieg und die daraus resultierenden territorialen Zugewinne, die eine permanente Forderung italienischer Irredentisten seit dem Risorgimento gewesen waren – und es in Gabriele D’Annunzios polemischer Formulierung einer vittoria mutilata1 auch nach Kriegsende noch blieben –, ein einschneidendes Moment auf dem Weg zur nationalen Selbstfindung. Dem Gedenken an die Gefallenen, dem politischen Totenkult als einer "anthropologisch[en] […] Vorgabe, ohne die Geschichte nicht denkbar ist"2, und der Ausgestaltung dieses Totenkults auf Denkmalen, Soldatenfriedhöfen und Kriegsgräberstätten kommt in diesem Kontext eine besondere politisch-propagandistische Bedeutung zu.

Forschungsstand

[3] Die Forschungen hierzu sind freilich überschaubar; sie sind eher von militärhistorischen als von bautypologischen oder werkimmanenten Überlegungen bestimmt und weisen ein deutliches territoriales Gefälle auf. Die Ossarien in Friaul-Julisch Venetien wurden, nach einigen kleineren Beiträgen in regionalen Zeitschriften, 1995 durch Massimo Bortolotti zusammenfassend vorgestellt, der knapp und sachlich die Anlagen auf dem Monte Grappa, in Oslavia und Redipuglia sowie die kleineren in Medea, Timau und Udine beschrieb, auf den historischen Kontext einging und auch das Motiv der Apotheose der gefallenen Helden ansprach; kritische Anmerkungen zum politisch-propagandistischen Kontext indes sucht man hier vergebens.3 1996 ging Bortolotti in einem weiteren Aufsatz detaillierter, aber wiederum primär deskriptiv auf Planung und Bau der Ossarien in Caporetto, Oslavia, Redipuglia und Timau ein.4 Ähnlich angelegt sind auch die Beiträge von Lucio Fabi und Mario Isnenghi.5

[4] 2001 widmete sich Anna Maria Fiore in ihrer Dissertation am IUAV mit dem Titel La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra dem Werk des Architekten Giovanni Greppi und des Bildhauers Giannino Castiglioni, die gemeinsam die weitaus meisten der Ossarien sowohl in Friaul-Julisch Venetien als auch in Südtirol entworfen hatten. Die Arbeit selbst ist unpubliziert; in den daraus bisher erschienenen Aufsätzen werden ausschließlich die Bauten in Friaul-Julisch Venetien behandelt. Gleiches gilt für den 2007 von Maria Giuffrè und anderen vorgelegten Überblick über die Gesamtentwicklung der italienischen Memorialarchitektur,6 den 2012 erschienenen Aufsatz von Guido Zucconi und Fiore zu den Ossarien in Caporetto, auf dem Monte Grappa und in Redipuglia7 sowie für die Beiträge von Paolo Nicoloso, deren jüngster den zeitlichen Rahmen freilich bis weit in die Nachkriegszeit spannt.8 Ein Hinweis auf die von Greppi und Castiglioni entworfenen Ossarien in Südtirol findet sich erst 2001 bei Massimo Martignoni, der das in Burgeis/Burgusio knapp beschreibt.9 Ausführlich behandelt werden die Südtiroler Ossarien erstmals 2008 durch Harald Dunajtschik und Gerald Steinacher10 sowie dann 2009 durch Alexander de Ahsbahs und wiederum Steinacher.11 Das 1932 durch Pietro del Fabro am Stilfserjoch/Passo dello Stelvio errichtete Ossarium blieb bislang fast unbeachtet.12

Das Gedenken nach Kriegsende

[5] Die ersten Soldatenfriedhöfe des Ersten Weltkriegs entstanden noch während der Kampfhandlungen zwischen Italien und Österreich-Ungarn; es waren zumeist provisorische Anlagen in unmittelbarer Nähe zur Front oder auf nahe gelegenen lokalen Kirchhöfen, manchmal konnten die Gefallenen auch nur in eilig ausgehobenen Notgräbern bestattet werden. Nach Kriegsende stand Italien, auf dessen erweitertem Territorium sich nunmehr der weitaus größte Teil der Friedhöfe befand, dann vor der Aufgabe, die im Kriegsgebiet verstreuten, teils im Zuge der Kampfhandlungen zerstörten provisorischen Grabstätten zu pflegen und dem Andenken an die Gefallenen einen würdevollen Rahmen zu geben, so wie es auch der Vertrag von Saint-Germain in seinen Artikeln 171 und 172 vorsah. Darüber hinaus galt es, der Erfahrung des massenhaften Sterbens im Ersten Weltkrieg, in dem allein Italien mehr als 650.000 Tote zu beklagen hatte, einen angemessenen Ausdruck zu verleihen.

[6] Mit dem Dekret vom 13. April 1919, modifiziert am 19. Mai und 24. August 1919, wurde eine von General Armando Diaz geleitete Commissione nazionale per le onoranze ai militari d’Italia e dei paesi alleati morti in guerra eingerichtet, die zunächst beim Innenministerium angesiedelt war und mit dem Dekret vom 29. Januar 1920, Nr. 218, dem Kriegsministerium zugeordnet wurde. Wenige Monate später wurde mit dem Dekret vom 10. März 1920 eine weitere Institution, der Ufficio centrale per la cura e le onoranze alle salme dei caduti di guerra, gegründet. Zu dessen Aufgaben gehörte zunächst die Zusammenlegung der weit verstreuten, provisorischen Grabstätten zu größeren Soldatenfriedhöfen wie dem in Redipuglia (Abb. 2).

2 Redipuglia, Cimitero degli Invitti, 1923 (nach: Nicoloso, "Oslavia e Redipuglia", 25)

[7] Dazu wurden die Gefallenen soweit wie möglich identifiziert und in individuelle Gräber umgebettet. Nicht mehr identifizierbare sterbliche Überreste, z. B. aus durch Kriegshandlungen zerstörten Gräbern, wurden gemeinsam in Ossarien bestattet. Die Einheit von Todesort und Totengedenken blieb dabei immer gewahrt. Die Grabsteine dieser ersten Phase stellen, ganz in der Tradition des Risorgimento, das heroische Individuum in den Mittelpunkt, dessen Tod auf dem Schlachtfeld als Martyrium und Opfer für die Nation gedeutet wird. Die Inschriften auf den Grabzeichen betonen stets die Vaterlandsliebe und das Pflichtbewusstsein der Gefallenen, die dadurch zum Vorbild für die Lebenden werden, und verweisen mit Formulierungen wie in terra redenta auf ein wesentliches Motiv für den Kriegseintritt Italiens im Jahre 1915.13

[8] Am 15. November 1928 legt der Commissario straordinario per le onoranze ai caduti in guerra des Ufficio centrale, General Giovanni Faracovi, einen seitens des Ministerpräsidenten Benito Mussolini gebilligten Programma generale per la sistemazione definitiva delle sepolture militari italiane und am 11. März 1930 eine Memoria sulla sistemazione definitiva delle salme dei militari italiani caduti in guerra vor.14 Danach mussten die zu errichteten Kriegsgräberstätten drei Kriterien erfüllen: Individualität, indem jeder Tote seine eigene Grabstätte erhält; Beständigkeit, indem das Bauwerk die dauerhafte Unterbringung der Toten sicherstellt; und Monumentalität durch eine strenge und feierliche Architektur. Bei der Auswahl der Architekten für diese anspruchsvolle und hochpolitische Aufgabe vergewisserte sich Faracovi der Unterstützung von Alberto Calza Bini, dem Sekretär des Sindacato nazionale fascista degli architetti. Die Überlegungen von Faracovi mündeten schließlich in das Gesetz vom 12. Juni 1931, Nr. 877, über die Sistemazione definitiva delle salme dei caduti in guerra, mit dem der Staat seiner Verantwortung für die Soldatenfriedhöfe nachkam. Die feste Absicht des faschistischen Regimes, damit auch die Formen des Gedenkens an die Gefallenen des Ersten Weltkriegs zu kontrollieren und für die eigene politische Propaganda zu nutzen,15 wird in der Entscheidung deutlich, den Commissario straordinario unmittelbar dem Duce zu unterstellen (Dekret vom 31. Mai 1935, Nr. 752, umgesetzt in das Gesetz vom 9. Januar 1936, Nr. 132).

[9] Darüberhinaus sind diese staatlichen Maßnahmen insofern bemerkenswert, als dass das junge Königreich Italien nach seiner Gründung 1861 jegliche Initiative zum Gedenken an die Gefallenen der Befreiungskriege dem Engagement nichtstaatlicher Organisationen wie Veteranenverbänden oder der 1870 gegründeten, einflussreichen Società Solferino e San Martino – die dann auch in der 1919 eingerichteten Commissione nazionale vertreten war – überlassen hatte. Diese Gruppierungen errichteten Denkmale, die den individuellen, gefallenen Helden ins Zentrum stellten. Auch der Bau der ersten Ossarien in Custoza (Giacomo Franco, 1879)16 und San Martino della Battaglia (1893) geht auf sie zurück.17 Ossarien anstelle der bis dahin üblichen Soldatenfriedhöfe mit Einzelgräbern zu errichten, entsprach dem Bestreben Italiens, angesichts des Dauerkonflikts mit der katholischen Kirche – der sich nach der Eroberung Roms 1870 noch verschärft hatte – deren Einfluss auf die Armee zurückzudrängen und den Tod auf dem Schlachtfeld als quasireligiöses Martyrium und Opfer für die Nation zu propagieren.18

[10] Die Zusammenlegung der Soldatenfriedhöfe durch den Ufficio centrale in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg war gleichwohl lediglich ein weiteres Provisorium. Zum einen befanden sich die Grundstücke der Soldatenfriedhöfe nur selten in der Hand des Staates und mussten angemietet werden, zum anderen entsprach deren Anblick bald schon nicht mehr dem politisch gewünschten Bild vom Ersten Weltkrieg und von den gefallenen Soldaten. Der bereits erwähnte Soldatenfriedhof in Redipuglia (vgl. Abb. 2), den Oberst Vincenzo Paladini als Cimitero degli Invitti (sic!) angelegt hatte und der am 24. Mai 192319 durch Vittorio Emanuele III. in Anwesenheit von Emanuele Filiberto di Savoia, Duca d’Aosta und Kommandeur der 3. Armee, des seit gut einem halben Jahr amtierenden Ministerpräsidenten Benito Mussolini und Gabriele D’Annunzio eingeweiht worden war, spiegelte mit zerschossenen Stahlhelmen, zerborstenen Granaten und den zerstörten Resten militärischer Ausrüstung aller Art zwar die grausame Realität des Krieges, seine Unordnung und das Chaos auf den Schlachtfeldern sehr deutlich wider – er war aber wenig geeignet, den Krieg zu mystifizieren oder zu glorifizieren, wie es die faschistische Propaganda forderte, und auch der Soldatentod schien kein heldenhafter gewesen zu sein. Luigi Bartolini schrieb 1930: "Der Friedhof scheint ein Bienenstock zu sein: ein Hügel mit einem großen Bienenstock: die Bienen auf dem Boden, das sind die Kreuze. […] Gehen wir weiter."20 Auch Ugo Ojetti reiste 1932 nach Redipuglia und notierte: "[…] der schlechte italienische Geschmack tanzt den Totentanz auf diesen 30.000 Toten".21 Mussolini bezeichnete den Friedhof gar als das "große Lager eines Alteisenhändlers".22

[11] Selbst der Kriegsgegner Deutschland kritisierte den Soldatenfriedhof in Redipuglia: General Franz Freiherr von Soden nannte die Anlage "ein eigenartiges Bild, das unserem Geschmack völlig widerstrebt",23 und in einer vertraulichen Aufzeichnung vom 17. Februar 1927 im Archiv des Auswärtigen Amts wird der Friedhof als ein "Museum von Kriegsgerät in naivster Aufmachung" bezeichnet, "kaum aber [als] ein Ehrenfriedhof und eine Stätte weihevollen Gedenkens". Abschließend heißt es: "Ich kann mir nicht denken, daß ein schöner Gedanke eine unmöglichere Ausführung erleiden könnte […]."24

Das Ossarium auf dem Monte Grappa

[12] Der Monte Grappa spielt sowohl als Ort der letzten Kampfhandlungen des Ersten Weltkriegs vor dem Waffenstillstand als auch als Ort der Auseinandersetzung laizistischer und klerikaler Kräfte eine besondere Rolle im kollektiven Gedächtnis Italiens. Bereits 1897 war durch den Club Alpino Bassanese eine Berghütte errichtet worden, in deren Fassade ein Stein mit antiklerikalen Versen vermauert war; quasi im Gegenzug weihte 1901 der Patriarch von Venedig und spätere Papst Pius X., Kardinal Giuseppe Melchiore Sarto (1835-1914), eine Marienstatue, die bald zum Ziel regelmäßiger Pilgerfahrten wurde. Während der Kampfhandlungen im Januar 1918 wurde die Statue beschädigt – in den Augen der Soldaten verletzt –, nach Kriegsende repariert und am 4. August 1921, genau 20 Jahre nach ihrer Erstaufstellung, wieder auf den Monte Grappa zurückgebracht.25

[13] 1925 begannen die Arbeiten zu einem hexagonalen, unterirdischen Ossarium auf der Spitze des Monte Grappa. Sechs radiale Tunnel führten von der zentralen Krypta zu den Flanken des Berges und ermöglichten den Blick auf die Schlachtfelder; eine via sacra verband das Ossarium mit der etwas weiter unten gelegenen Kapelle mit der Marienstatue. 1927 waren die Arbeiten bis auf einen rund 35 m hohen, von Alessandro Limongelli entworfenen Turm über der Krypta fertiggestellt. Dieser fand freilich nicht die Zustimmung Mussolinis. General Gaetano Giardino, Kommandant der mit der Verteidigung des Monte Grappa beauftragten 4. Armee, nannte das Projekt "babylonisch",26 und auch die Kirche protestierte, hätte doch der Turm das sorgsam austarierte Gleichgewicht zwischen den religiösen und den staatlichen Symbolen auf dem Monte Grappa irreparabel beschädigt. Schließlich sollte lediglich das Portal des Entwurfs von Limongelli in modifizierter Form errichtet und als Portale di Roma in die Gesamtanlage einbezogen werden.

[14] 1932 beauftragte Mussolini General Ugo Cei als Commissario straordinario mit der Fertigstellung der Anlage. Cei ließ ein detalliertes Gutachten zur Tragfähigkeit des Untergrunds anfertigen, worauf die Arbeiten am Turm gestoppt wurden und man im Februar 1934 mit dem Bau einer neuen, durch den Architekten Giovanni Greppi (1884-1960)27 und den Bildhauer Giannino Castiglioni (1884-1971)28 entworfenen Anlage begann.29 Bereits am 22. September 1935 wurde das Ossarium durch Vittorio Emanuele III. eingeweiht (Abb. 3).

3 Monte Grappa, Ossarium, Luftbild von Südosten, Giovanni Greppi und Giannino Castiglioni, 1934/35 (Foto: N.N.)

[15] Der Entwurf sah um die Marienkapelle im Zentrum fünf konzentrische Kreissegmente aus lokalem, grob bossiertem Werkstein vor, die als breite, jeweils vier Meter hohe Stufen mit in den Wänden angeordneten loculi zum Grab des Generals Giardino führen. Das Motiv der loculi entstammt den Kolumbarien der römischen Antike; im Kontext italienischer Kriegsgräberstätten findet es sich erstmals in dem 1922 durch die Stadt Rom ausgeschriebenen Wettbewerb für ein nationales, den caduti romani gewidmetes Ossarium auf dem Cimitero Comunale Monumentale Campo Verano.30

[16] Der Gruß des Generals Giardino, "Gloria a voi soldati del Grappa", ist auf der fünften Stufe angebracht, darüber befindet sich ein kreisrunder Platz mit der Marienkapelle, deren Kuppel von einem weithin sichtbaren, sechs Meter hohen Stahlkreuz gekrönt wird. Hinter der Kapelle führt ein breiter, 300 m langer und leicht ansteigender Weg, der durch seine 14 begleitenden, mächtigen Steinquader an eine via crucis erinnert, hinauf zur Piazzale della Vittoria. Die von Castiglioni geschaffenen Quader thematisieren freilich nicht die Passion Christi, sondern nennen die am heftigsten umkämpften Plätze am Monte Grappa, sodass der Weg als eine via eroica zu verstehen ist. Der Weg ist trapezförmig angelegt und verjüngt sich zur Piazzale hin – ein aus der barocken Architektur bekannter perspektivischer Kniff, der den Weg länger erscheinen lässt und die Dramaturgie des Ossariums verstärkt.

[17] Von der Piazzale della Vittoria aus betritt man durch den Portale di Roma das unterirdische, heute als Museum genutze Ossarium. Über dem Eingang ist die erste Zeile des patriotischen Canzone del Grappa – "Monte Grappa tu sei la mia patria" – eingelassen.31 Beiderseits des Portals erreicht man über breite Stufen einen weiteren, kreisrunden Platz, auf dessen Brüstungen bronzene Pfeile auf die militärisch bedeutsamsten Plätze in der Umgebung des Monte Grappa verweisen; nordöstlich und eine Stufe tiefer befindet sich der österreichisch-ungarische Soldatenfriedhof. Die gesamte Anlage ist als offener Weg in der umkämpften Landschaft konzipiert und weist keine geschlossenen Räume auf.32 Zugunsten der monumentalen Wirkung verzichteten Greppi und Castiglioni gänzlich auf Schmuckformen, selbst faschistische Symbole wie Rutenbündel fehlen. Das Konzept eines über Stufen mit Skulpturen zu einer landschaftsbeherrschenden Plattform ansteigenden Weges findet sich bereits in dem nicht realisierten Beitrag von Eugenio Baroni zu dem am 20. Januar 1920 ausgelobten Wettbewerb für den Monumento nazionale al fante auf dem Monte San Michele im Karst.33

[18] Das Ossarium auf dem Monte Grappa verbindet christliche Elemente wie die Kapelle, das Kreuz und, in variierter Form, den Kreuzweg mit nationalen Elementen wie den loculi für die sterblichen Überreste der Soldaten und dem als Zielpunkt der mittleren Stufenachse angeordneten Grab ihres Kommandeurs General Giardino. Damit werden die Gefallenen ganz im Sinne christlicher Opfersymbolik zu Märtyrern stilisiert, die sich für die Nation geopfert haben. Diese Symbolik fügt sich trotz des Fehlens faschistischer Symbole bruchlos in das ideologische Programm des Regimes und dessen Mystifizierung und Glorifizierung der Gefallenen des Ersten Weltkriegs als Vorkämpfer des Faschismus.

Das Ossarium in Redipuglia

[19] Bereits im November 1928 hatte Faracovi auf Anregung des Duca d’Aosta vorgeschlagen, die Gebeine sämtlicher im Karst gefallener Soldaten in einem einzigen Ossarium in Redipuglia zu vereinen, das den Cimitero degli Invitti vollständig ersetzen sollte. Der Tod des Duca d’Aosta am 4. Juli 1931 und dessen ausdrücklicher Wunsch, "auf dem Friedhof in Redipuglia, inmitten der Helden der 3. Armee"34 bestattet zu werden, beschleunigt dieses Vorhaben erheblich, das zunächst nach dem Entwurf von Pietro Del Fabro und Ghino Venturi, der sich für den Eingang und das Grab des Duca d’Aosta verantwortlich zeichnete, realisiert werden sollte.35

[20] Mit der Berufung von Cei als Commissario straordinario wurden diese Pläne freilich wie schon auf dem Monte Grappa aufgegeben. Cei beauftragte erneut Greppi und Castiglioni mit einem neuen Entwurf und schlug angesichts des ruinösen Zustands des Cimitero degli Invitti einen neuen Standort für das Ossarium auf dem gegenüberliegenden, im Krieg hart umkämpften Monte Sei Busi vor.36 Im Dezember 1935 wurde Mussolini der Entwurf von Greppi und Castiglioni, der im Wesentlichen der ausgeführten Anlage entspricht, präsentiert und genehmigt.37

[21] Man betritt das Ossarium über eine via eroica, auf der 38 in den Boden eingelassene Bronzetafeln mit Ortsbezeichnungen an die Schlachten im Karst erinnern, und erreicht sodann einen großen rechteckigen Vorplatz, auf dem sich mittig über einem gestuften Sockel das in Porphyr ausgeführte, monumentale Grabmal des Duca d’Aosta erhebt. Vor diesem befindet sich ein Altar, dahinter sind in granitenen Sarkophagen fünf seiner gefallenen Generäle bestattet. Anschließend führen 22 große steinerne Stufen, jede zwei Meter hoch und zwölf Meter breit, mit beidseitig angeordneten Treppen auf die Kuppe des Hügels, auf der drei Kreuze stehen – eine klar christliche Opfersymbolik (Abb. 4).

4 Redipuglia, Ossarium von Südwesten, Giovanni Greppi und Giannino Castiglioni, 1935-1938 (Foto des Verfassers)

[22] Unter den Kreuzen befindet sich eine halb in den Boden eingelassene, fast kryptaartig wirkende Kapelle, in der sich ein Kreuzweg und eine Kreuzabnahme, beide gestaltet von Castiglioni, befinden. Das gesamte Ossarium hat einen gestreckt trapezoiden Grundriss und verjüngt sich zur Kuppe hin, der perspektivische Kniff verstärkt auch hier die Dramaturgie der Inszenierung (Abb. 5).38

5 Redipuglia, Ossarium, Grundriss, Giovanni Greppi und Giannino Castiglioni, 1935-1938 (nach: Fiore, "La monumentalizzazione", 234)

[23] In den Wänden der Stufen sind wie auf dem Monte Grappa loculi mit den Namen der rund 40.000 identifizierbaren Gefallenen angeordnet; jede der Stufen schließt oben mit einem Reliefband ab, auf dem in ununterbrochener Folge der Ruf "Presente" zu lesen ist. Weitere 60.000 nicht identifizierte Soldaten sind zu beiden Seiten der drei Kreuze bestattet. Insgesamt liegen im Ossarium von Redipuglia rund 100.000 Gefallene, die, in bewusstem Gegensatz zum Cimitero degli Invitti, in ihrer disziplinierten Anordnung, geführt von ihren Generälen und ihrem verehrten Kommandeur, an eine zum Appell angetretene Einheit erinnern.

[24] Zu diesem Eindruck trägt sicher auch das omnipräsente "Presente" bei, mit dem freilich nicht der militärische, sondern der faschistische Appell gemeint ist. Zum festen Ritual der Trauerfeier für einen gefallenen Kameraden gehörte es, dass der Führer der Einheit dessen Namen rief und die knieenden Anwesenden mit "Presente" antworteten.39 Eingang in die Architektur des Faschismus fand der Appell erstmals in dem kreisrunden sacrario, den Adalberto Libera und Antonio Valente 1932 für die Mostra della rivoluzione fascista anlässlich deren 10. Jahrestages im Palazzo delle Esposizioni in Rom entworfen hatten. An dessen Wand war in sechs Reihen übereinander, in leuchtenden Buchstaben und in ununterbrochener Folge das Wort "Presente" zu lesen – oder, wie es der Ausstellungskatalog formulierte, das "Allerheiligste der faschistischen Religion."40 Vor diesem Hintergrund werden sämtliche Gefallenen des Ersten Weltkriegs posthum zu faschistischen Märtyrern.41 Eingeweiht wurde das Ossarium in Redipuglia am 19. September 1938.

[25] Nur kursorisch sei im Folgenden auf weitere Ossarien hingewiesen, die ähnliche architektonische Motive aufweisen und gleichfalls nationale bzw. faschistische und christliche Symbole miteinander verschmelzen (vgl. Abb. 1). Im heute slowenischen Kobarid, das bis 1920 als Karfreit zu Österreich-Ungarn gehörte, dann als Caporetto zu Italien kam und 1946 jugoslawisch wurde, führt eine via crucis zu dem auf einem landschaftsbeherrschenden Hügel erbauten Ossarium oberhalb des Ortes. Die 1938 eingeweihte, ebenfalls durch Greppi und Castiglioni entworfene Anlage besteht aus vier konzentrischen Achtecken, die stufenförmig bis zu der obersten Plattform auf der Hügelkuppe mit der im späten 17. Jahrhundert errichteten Kirche S. Antonio ansteigen.42 Auf den Stufen sind die bronzenen loculi der rund 7.000 Gefallenen in Rundbogennischen angeordnet, in deren Tympana wiederum der Appell "Presente" steht.

[26] Ein weiteres, durch Ghino Venturi entworfenes und 1938 eingeweihtes Ossarium befindet sich in Oslavia am Isonzo gegenüber von Gorìzia.43 Eine monumentale Treppe führt zu der dreieckigen, burgartigen Anlage auf der Hügelkuppe. Im Zentrum steht ein mächtiger Rundturm, an den Ecken des Dreiecks sind kleinere Rundtürme angeordnet, die auf die gegenüberliegende Burg in Gorìzia antworten. Die gesamte Anlage besteht aus Buckelquadern aus hellem, lokalem Kalkstein. Der dreieckige Grundriss verweist sowohl auf die klaren Geometrien mittelalterlicher Kastelle als auch auf die Trinität des Christentums, die in dem faschistischen Motto credere, obbedire, combattere ihre propagandistisch-ideologische Entsprechung findet.

Die Ossarien in Südtirol

[27] Auch in Südtirol stehen drei von Greppi und Castiglioni entworfene Ossarien, denen hier, weit entfernt von den Frontlinien des Ersten Weltkriegs, neben der würdevollen Bestattung der Gefallenen noch eine weitere, hochpolitische Bedeutung zukam: Die Bewachung der neuen, seit 1919 geltenden Grenzen, die in der faschistischen Propaganda als die sacri confini bezeichnet wurden (vgl. Abb. 1). 1928 hatte Mussolini in einer Rede vor dem Parlament verdeutlicht: "[…] heute lassen wir die Tiroler, die Österreicher, die ganze Welt wissen, dass auf dem Brenner das ganze Italien steht, mit seinen Lebenden und seinen Toten."44

[28] Das erste, 1937 eingeweihte Ossarium, befindet sich in Gossensaß/Colle Isarco, wenige Kilometer südlich des Brenners an einer Engstelle des Eisacktals (Abb. 6).45 In die hoch aufragende Felswand eingelassen ist eine Wand aus weißem Marmor mit den loculi der Gefallenen. Davor befindet sich ein Altar, dessen in den Block eingravierte drei Kreuze erneut christliche Opfersymbolik anklingen lassen, darunter ist eine große Steinplatte mit einem Zitat des Duca d’Aosta angebracht: "Sia sacra agli Italiani la via dove passarono i fanti". Indes zogen erst nach dem Waffenstillstand italienische Soldaten über diesen Weg, um Innsbruck und weitere Orte in Tirol zu besetzen.

6 Gossensaß/Colle Isarco, Ossarium von Südosten, Giovanni Greppi und Giannino Castiglioni, 1937 (Foto des Verfassers)

[29] Hochproblematisch ist auch, dass in den Grabnischen nicht nur gefallene Italiener liegen, sondern auch fünf ehemalige Südtiroler Soldaten, die im Ersten Weltkrieg auf österreichisch-ungarischer Seite gekämpft hatten und durch diese Umbettung post mortem nicht nur zu Italienern, sondern auch zu Vorkämpfern und Märtyrern des Faschismus geworden sind – und beauftragt, die sacri confini zu verteidigen.46

[30] Die strategische Positionierung eines Ossariums für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs findet sich freilich nicht nur am Brenner, sondern auch in Innichen/San Candido im Hochpustertal und am Reschenpass in Burgeis/Burgusio. Hier errichteten Greppi und Castiglioni in landschaftlich dominanter Position auf der Malser Heide 1939 ein kleines kreisförmiges Ossarium.47 Die oberhalb eines geböschten Sockels angeordneten Wände mit den loculi bilden einen offenen Hof mit einem Altarblock in der Mitte, drei Öffnungen ermöglichen den Blick in die umgebende Landschaft. Die Wände bestehen aus lokalem, grob bossiertem Werkstein und verleihen dem Bau einen burgartigen Charakter (Abb. 7).

7 Burgeis/Burgusio, Ossarium , Giovanni Greppi und Giannino Castiglioni, 1939 (Foto des Verfassers)

[31] Auch hier wurden 1938 nicht nur die Gebeine von 179 italienischen Soldaten bestattet, sondern auch die von 17 österreichisch-ungarischen Soldaten, die dafür aus österreichischen Frontfriedhöfen exhumiert wurden.48 Ein kurioser, gut dokumentierter Einzelfall ist der des italienischen Soldaten Davide Mariottini, der 1919 bei einem Badeunfall in Siebeneich ums Leben kam und in Terlan begraben wurde. 1938 wurden seine sterblichen Überreste exhumiert und nach Burgeis/Burgusio überführt,49 wo er seither im Kreise seiner gefallenen Kameraden liegt. Am Eingang in das Ossarium weist eine Inschrift lediglich auf die soldati italiani hin, die hier bestattet sind. Suggeriert wird, auch die post mortem italianisierten k.k. Soldaten seien für die Befreiung ihrer Heimat vom österreichischen Joch gefallen – "eine üble Verzerrung der Geschichte"50 und ein Hinweis auf die propagandistische Bedeutung der Ossarien.

[32] Schließlich sei noch auf das Ossarium in Innichen/San Candido hingewiesen, für das Greppi und Castiglioni zwei ineinander gestellte Zylinder aus lokalem, grob bossiertem Werkstein entworfen hatten.51 Im Inneren befindet sich eine Kapelle mit einem Kreuzweg. Der kleine, burgartige Bau liegt östlich des Ortes wenige Kilometer vor der Grenze zu Österreich, ihm kommt also gleich seinen Geschwistern in Burgeis/Burgusio und Gossensaß/Colle Isarco die Bewachung der neuen Grenzen Italiens zu – auch hier werden dazu fünf gefallene österreichisch-ungarische Soldaten herangezogen.52

Ein Fazit, kein Schlußwort

[33] Der Bau der monumentalen Ossarien fällt in einen Zeitraum, in dem das faschistische Regime zunehmend aggressiver reagiert: 1935 wird das Ossarium auf dem Monte Grappa als deren erstes eingeweiht, am 9. Mai 1936 proklamierte Mussolini das Imperium, in der Folge näherten sich Italien und Deutschland einander mehr und mehr an bis zu den italienischen Rassegesetzen von 1938 und 1939 und dem Stahlpakt vom 22. Mai 1939. Vor diesem Hintergrund spielt die Herstellung einer direkten Kontinuität zwischen der Kriegserfahrung und dem Faschismus, die Vereinnahmung des Gedenkens an den Ersten Weltkrieg und die Stilisierung der Gefallenen im Sinne christlicher Opfersymbolik – möglich geworden erst durch die 1929 abgeschlossenen Lateranverträge – als Vorkämpfer und Märtyrer des Faschismus eine zentrale Rolle in der Propaganda des Regimes – und sicher auch als Vorbereitung für den Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg im Juni 1940.

[34] Da erscheint es nur konsequent, dass unter manipulativer Verdrehung historischer Fakten auch in Südtirol Ossarien errichtet wurden; an Orten, an denen im Ersten Weltkrieg zwar nicht gekämpft worden war, die aber nach dessen Ende die neu erworbenen Territorien des Königreichs Italien, die sacri confini, zumindest symbolisch zu verteidigen hatten. Die Ossarien sind daher als Teil der Appropriationsstrategien Italiens in Südtirol und dem Trentino anzusehen. Vor allem Südtirol wurde dabei als ein "inneritalienisches Kolonialgebiet"53 behandelt; die dort angewandten architektonischen und urbanistischen Strategien können als Testlauf für die Inbesitznahme der ab den späten 1930er Jahren eroberten afrikanischen Kolonien verstanden werden.54

Gastherausgeber des Special Issues
Christian Fuhrmeister und Kai Kappel (Hg.), War Graves, War Cemeteries, and Memorial Shrines as a Building Task, 1914-1989. Die Bauaufgabe Soldatenfriedhof/Kriegsgräberstätte zwischen 1914 und 1989, in: RIHA Journal 0150-0176

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1 Gabriele D’Annunzio, "Vittoria nostra, non sarai mutilata", in: Corriere della Sera, 24. Oktober 1918.

2 Reinhart Koselleck, "Einleitung", in: Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, hg. v. Reinhart Koselleck und Michael Jeismann, München 1994, 9-20, hier 9.

3 Massimo Bortolotti, "Architettura della memoria. Sacrari ai caduti della 1a Guerra Mondiale in Friuli-Venezia Giulia", in: La panarie 27 (1995), Nr. 107, 97-104.

4 Massimo Bortolotti, "Progetti e realizzazioni in Friuli Venezia Giulia 1931–1938", in: Parametro 27 (1996), Nr. 213, 33-45.

5 Lucio Fabi, Redipuglia. Storia, memoria, arte e mito di un monumento che parla di pace, Trieste 1996; Mario Isnenghi, Hg., I luoghi della memoria. Simboli e miti dell'Italia unita, 3. Aufl. Roma/Bari 2010 (1. Aufl. Roma/Bari 1996), 407-420, 421-435.

6 Maria Giuffrè et al., Hg., L’architettura della memoria in Italia. Cimiteri, monumenti e città 1750-1939, Milano 2007.

7 Anna Maria Fiore und Guido Zucconi, "Sacrari e ossari italiani della Prima guerra mondiale", in: Lo splendore della forma. La scultura negli spazi della memoria, hg. v. Mauro Felicori und Franco Sborgi, Roma 2012, 351-362.

8 Paolo Nicoloso, Architetture per un’identità italiana. Progetti e opere per fare gli italiani fascisti, Udine 2012, 89-97; ders., "Architetture per fascistizzare i caduti in guerra. Gli Ossari di Oslavia e Redipuglia", in: Engramma 1/2 (2014), Nr. 113, 24-30; ders., Hg., Le pietre della memoria. Monumenti sul confine orientale, Udine 2015.

9 Massimo Martignoni, Hg., Illusioni di pietra. Itinerari tra architettura e fascismo, Trento 2001, i. B. 93, 96, 117.

10 Harald Dunajtschik und Gerald Steinacher, "Die Architektur für ein italienisches Südtirol 1922-1943", in: Geschichte und Region/Storia e regione 17 (2008), Nr. 1 (Faschismus und Architektur/Architettura e fascismo), 101-137, i. B. 112-116.

11 Alexander de Ahsbahs und Gerald Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus. Beinhäuser und politischer Gefallenenkult", in: Für den Faschismus bauen. Architektur und Städtebau im Italien Mussolinis, hg. v. Aram Mattioli und Gerald Steinacher, Zürich 2009, 233-258.

12 Lediglich Loverre erwähnt es, ohne jedoch näher auf dessen geografische Lage einzugehen, vgl. Cesare Alberto Loverre, "L’architettura necessaria. Culto del caduto ed estetica della politica", in: Parametro 27 (1996), Nr. 213, 18-32, hier 26, Abb. 15, 29.

13 Der in Aquileia hinter der Basilika S. Maria, Fortunatus und Hermagoras gelegene Soldatenfriedhof bietet neben denen in Arsiero und Santo Stefano di Cadore nach wie vor einen guten Eindruck einer solchen Anlage. Er blieb erhalten, weil dort am 26. Oktober 1921 Maria Bergamas, die Mutter eines im Krieg gefallenen Soldaten, die Gebeine ausgewählt hatte, die als diejenigen des Unbekannten Soldaten nach Rom gebracht und auf den Stufen des Monumento nazionale a Vittorio Emanuele II ihre letzte Ruhestätte finden sollten; vgl. Bruno Tobia, "Dal milite ignoto al nazionalismo monumentale fascista (1919-1940)", in: Guerra e pace, hg. v. Walter Barberis, Torino 2002, 591-642; Lorenzo Cadeddu, Alla ricerca del milite ignoto. Aquileia, Redipuglia, Altare della Patria. Luoghi della memoria e dell’identità italiana, Udine 2011.

14 Giovanni Faracovi, "Memoria sulla sistemazione definitiva delle salme dei militari italiani caduti in guerra", in: Leggi, Decreti e Disposizioni varie riguardanti il servizio del Commissariato Generale Onoranze Caduti in Guerra, hg. v. Ministero della Difesa, Commissariato Generale Onoranze Caduti in Guerra, Roma 1962, Bd. 1, 50-51; vgl. Anna Maria Fiore, "I sacrari italiani della Grande Guerra", in: Giuffrè, L’architettura della memoria in Italia, 357-363.

15 Vgl. Emilio Gentile, Il culto del littorio. La sacralizzazione della politica nell’Italia fascista, Roma/Bari 2001, 66-74; Oliver Janz, "Zwischen Trauer und Triumph. Politischer Totenkult in Italien nach dem Ersten Weltkrieg", in: Der verlorene Frieden. Politik und Kriegskultur nach 1918, hg. v. Jost Duelfer und Gerd Krumeich, Essen 2002, 61-75; Hermann W. J. Kuprian und Oswald Überegger, Hg., Der Erste Weltkrieg im Alpenraum. Erfahrung, Deutung, Erinnerung/La Grande Guerra nell’arco alpino. Esperienza e memoria, Bozen 2006; Oliver Janz und Lutz Klinkhammer, Hg., La morte per la patria. La celebrazione dei caduti dal Risorgimento alla Repubblica, Roma 2008.

16 Vgl. Anna Maria Fiore, "L’ossario di Custoza", in: Giuffrè, L’architettura della memoria in Italia, 307-315.

17 Für eine Übersicht vgl. Vittorio Cicala, I monumenti a ricordo delle battaglie per l’indipendenza e l’unità d’Italia, Voghera 1908; Omar Calabrese, Hg., Italia moderna. Immagini e storia di un’identità nazionale, Bd. 1, Milano 1982, 26-38; Maurizio Corgnati, Gianlorenzo Mellini und Francesco Poli, Hg., Il lauro e il bronzo. La scultura celebrativa in Italia 1800-1900, Torino 1990; Massimiliano Savorra, "Le memorie delle battaglie. I monumenti ai caduti per l’indipendenza d’Italia", in: Giuffrè, L’architettura della memoria in Italia, 289-297.

18 Giorgio Rochat und Giulio Massobrio, Breve storia dell'esercito italiano dal 1861 al 1943, Torino 1978.

19 Nach der Machtübernahme der Faschisten 1922 wurde der 24. Mai, der Tag der Kriegserklärung, zum nationalen Feiertag erhoben; vgl. Gentile, Il culto del littorio, 63-66.

20 Luigi Bartolini, Il ritorno sul carso, Milano 1930, 51. – Wenn nicht anders angegeben, stammen die Übersetzungen vom Verfasser.

21 "Il cattivo gusto italiana balla su questi trentamila morti la danza macabra.", Ugo Ojetti, I taccuini 1914-1943, Firenze 1954, 399.

22 "[…] grande deposito di un ferro-vecchio", nach Anna Maria Fiore, "La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra. Il sacrario di Redipuglia di Giovanni Greppi e Giannino Castiglioni", in: Annali di architettura 15 (2003), 233-247, hier 239.

23 Franz von Soden, "Heldenfriedhöfe in Italien", in: Schwäbischer Merkur, 3. Dezember 1927. Diesen und den folgenden Hinweis verdanke ich Christian Fuhrmeister, München.

24 Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, R 47937.

25 Als Cerimonia di Cima Grappa wird dieser Tag bis heute alljährlich am ersten Sonntag im August begangen; für eine Beschreibung vgl. Livio Vanzetto, "Monte Grappa", in: Isnenghi, I luoghi della memoria, 407-420.

26 Brief von Gaetano Giardino an Valentino Pellizzari vom 15. Januar 1929, in: A. Fantinato, "Il mausoleo del Grappa. Lettere del generale Giardino", in: Romano d‘Ezzelino e il Grappa nelle due guerre, Romano d’Ezzelino 1988, 137.

27 Geb. 19. September 1884 in Mailand, gest. 12. April 1960 ebd.; Studium der Architektur an der Accademia di Belle Arti di Brera; 1907 Professor für architektonisches Zeichnen, zahlreiche Reisen in Europa, Zusammenarbeit mit Raimondo d’Aronco, 1908 Stipendium für die École des Beaux-Arts in Paris, zahlreiche Wettbewerbsbeiträge, u. a. für den Hauptbahnhof in Mailand 1912 und den PRG von Mailand 1926, 1919 Illustration des Buches Ricordare la guerra von General Gaetano Giardino, Mitarbeit an der L’illustrazione italiana, 1923-1927 künstlerischer Berater der Biennale delle Arti Figurative in Monza, Zusammenarbeit mit Giannino Castiglioni an den Ossarien des Ersten Weltkriegs an der ehemaligen Alpenfront und in Südtirol/Alto Adige, nach 1945 hauptsächlich in Dalmine tätig. Vgl. Ulrich Thieme und Felix Becker, Hg., Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, 37 Bde., Leipzig 1907-1950, Bd. 14, 1921, 599-600; Hans Vollmer, Hg., Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts, 6 Bde., Leipzig 1953-1962, Bd. 2, 1955, 305; Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker, bisher 87 Bde., 12 Registerbde. und 5 Nachtragsbde., Leipzig u. a. 1992-2015, Bd. 61, 2009, 468; Dizionario biografico degli italiani, bisher 82 Bde., Roma 1960-2015, Bd. 59, 2002, 328-331.

28 Geb. 3. Mai 1884 in Mailand, gest. 27. August 1971 in Lierna/Como; Ausbildung beim Vater Giacomo, Direktor der Medailleurwerkstatt Johnson und Studium an der Accademia di Belle Arti di Brera, Debüt 1906 auf der Weltausstellung in Mailand, zahlreiche Gedenkmedaillen, als Bildhauer am Palazzo Legislativo in Montevideo und an dem Ehrenmal zum Besuch des Principe di Piemont in Buenos Aires, Zusammenarbeit mit Giovanni Greppi an den Ossarien des Ersten Weltkriegs an der ehemaligen Alpenfront und in Südtirol/Alto Adige, nach dem Zweiten Weltkrieg Konzentration auf bildhauerische Arbeiten. Vgl. Vollmer, Allgemeines Lexikon, Bd. 1, 1953, 406; Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 17, 1997, 229; Dizionario biografico degli italiani, Bd. 22, 1979, 152-154.

29 Vgl. Mario Paniconi, "Cimitero del Grappa", in: Architettura 14 (1935), 663-667; Ministero della Difesa, Hg., Sacrari militari della prima guerra mondiale. Monte Grappa. Roma 1976; Bortolotti, "Architettura della memoria", 101; Fiore, "I sacrari italiani della Grande Guerra", 359-360; Guido Zucconi und Anna Maria Fiore, "Sacrari e ossari italiani della Prima guerra mondiale", in: Lo splendore della forma. La scultura negli spazi della memoria, hg. v. Mauro Felicori und Franco Sborgi, Roma 2012, 351-362, hier 356-357.

30 Vgl. Cinzio, "Il concorso per il monumento-ossario dei caduti romani da erigersi al Verano", in: Architettura e arti decorative 2 (1922/23), 246-267; vgl. ferner Fernando Biscaccianti, "Studi per ossari di guerra italiani", in: Rassegna di Architettura 1 (1929), Nr. 9, 345-346.

31 Den Text des am 10. August 1918 erstmals gesungenen, am 24. August 1918 uraufgeführten Liedes schrieb General Emilio De Bono, die Musik stammt von Hauptmann Antonio Meneghetti; vgl. Ministero della Difesa, Sacrari militari della prima guerra mondiale, 62-63; Antonio Virgilio Savona und Michele L. Straniero, Hg., Canti della Grande Guerra, Bd. 1, Milano 1981, 331.

32 Zur Betzung des Raumes vgl. Christian Fuhrmeister, "Die 'unsterbliche Landschaft', der Raum des Reiches und die Toten der Nation. Die Totenburgen Bitoli (1936) und Quero (1939) als strategische Memorialarchitektur", in: kritische berichte (2001), Nr. 2, 56-70.

33 Vgl. Roberto Papini, "Il concorso per il Monumento al Fante", in: Emporium 52 (1920), 89-96; (Red.), "Concorso per il Monumento al Fante", in: Architettura e arti decorative 1 (1921/22), 197-207; Marcello Piacentini, "Considerazioni sul concorso per il monumento del fante", ebd., 215-216; Eugenio Baroni, Il monumento al fante, Milano 1926.

34 "[…] nel cimitero di Redipuglia, in mezzo agli eroi della Terza Armata", Emanuele Filiberto di Savoia, Duca d’Aosta, Orazioni e proclami, Bologna 1926, 208.

35 Fiore, "La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra", 238.

36 Ugo Cei, Memoriale Secondo. Il Cimitero Monumentale di Redipuglia, 20. Januar 1935, 11, nach Fiore, "La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra", 239.

37 Ministero della Difesa, Hg., Sacrari militari della prima guerra mondiale. Redipuglia Oslavia ed altri sacrari vicini della venezia giulia e d'oltre confine. Roma 1976, 7-44; Bortolotti, "Architettura della memoria", 99-101; Bortolotti, "Progetti e realizzazioni in Friuli Venezia Giulia 1931-1938", 33-40; Fabi, Redipuglia; Fiore, "La monumentalizzazione"; Fiore, "I sacrari italiani", 361-362; Patrizia Dogliani, "Redipuglia", in: Isnenghi, I luoghi della memoria, 421-435; Zucconi und Fiore, "Sacrari e ossari italiani", 358-360; Nicoloso, "Architetture per fascistizzare i caduti in guerra".

38 Fiore, "La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra", 240, sieht in der Tafel von Beato Angelico "Das Jüngste Gericht" (um 1426/30, Öl auf Holz, 105 x 210, Florenz, Museo di San Marco) ein Vorbild für die Treppenanlage; der Verfasser möchte die Tafel lieber für die via eroica heranziehen.

39 Gentile, Il culto del littorio, 47-48.

40 "[…] sancta sanctorum della religione fascista", Dino Alfieri und Luigi Freddi, Hg., Mostra della rivoluzione fascista, Roma 1933, 227; vgl. Giorgio Ciucci, Gli architetti e il fascismo. Architettura e città 1922-1944, Torino 1989, 121-122; Adalberto Libera. Opera completa, hg. v. Francesco Garolfalo, Milano 1989, 140-142; Fiore, "La monumentalizzazione dei luoghi teatro della Grande Guerra", 241; Gemma Belli, "Liturgia fascista e progetti di sacrari", in: Giuffrè, L’architettura della memoria, 385-389, hier 385-386.

41 Vgl. Gentile, Adalberto Libera. Opera completa, 66-74.

42 Bortolotti, "Progetti e realizzazioni", 42-44; Fiore, "I sacrari italiani", 360-361; Zucconi und Fiore, "Sacrari e ossari italiani", 357-358.

43 Enrico Galante, Il sacrario militare di Oslavia. Insigne monumento della riconoscenza nazionale dedicato ai gloriosi caduti sull’Isonzo nella guerra 1915-18, 2. Auflage, Gorìzia 1962; Ministero della Difesa, Redipuglia Oslavia, 45-49; Bortolotti, "Architettura della memoria", 98-99; Bortolotti, "Progetti e realizzazioni", 40-42.

44 "[…] noi oggi facciamo sapere ai tirolesi, agli austriaci, al mondo, che sul Brennero c’è in piedi con i suoi vivi e con i suoi morti tutta l’Italia." Atti parlamentari. Legislatura XXVII, Prima sessione, Discussioni, Tornata del 3 marzo 1928, Roma 1928, 8361-8364.

45 Ministero della Difesa, Hg., Sacrari militari della prima guerra mondiale. Castel Dante di Rovereto ed altri sacrari militari italiani e stranieri del Trentino-Alto Adige, Roma 1974, 64.

46 de Ahsbahs und Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus", 247. Das Konzept der Vereinnahmung gefallener gegnerischer Soldaten findet sich bereits auf dem Cimitero Militare Italiano in Innsbruck. Die Stadt wurde am 10. November 1918 von italienischen Truppen besetzt, die erst 1920 nach der Ratifizierung des Vertrags von Saint-Germain abzogen. Auf dem Friedhof im Stadtteil Amras ruhen neben den italienischen auch österreich-ungarische Soldaten, darunter fünf Südtiroler und 15 Trentiner, die allesamt ausdrücklich als Italiener bezeichnet werden und damit post mortem italienisiert wurden. Vgl. Gerald Steinacher: "'An der Grenze des Vaterlandes. Setze die Feldzeichen.' Entstehung und Intention des italienischen Militärfriedhofes in Innsbruck", in: Zeit – Raum – Innsbruck, Innsbruck 2002, 97-105.

47 Ministero della Difesa, Castel Dante di Rovereto, 66.

48 de Ahsbahs und Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus", 247.

49 de Ahsbahs und Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus", 250.

50 de Ahsbahs und Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus", 246.

51 Ministero della Difesa, Castel Dante di Rovereto, 67.

52 de Ahsbahs und Steinacher, "Die Totenburgen des italienischen Faschismus", 247.

53 Aram Mattioli, "Architektur und Städtebau in einem totalitären Gesellschaftsprojekt", in: Mattioli und Steinacher, „Für den Faschismus bauen“, 13-43, hier 29. Vgl. Karin Ruth Lehmann, Städtebau und Architektur als Mittel der Kolonisation am Beispiel der Provinz Bozen. Städtebau und Siedlungsbau in Südtirol und insbesondere in Bozen unter dem Faschismus, Aachen 2000; Harald Dunajtschik und Aram Mattioli, "Eroberung durch Architektur. Die faschistischen Um- und Neugestaltungsprojekte in Bozen", in: Italien, Blicke. Neue Perspektiven der italienischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, hg. v. Petra Terhoeven, Göttingen 2010, 87-106; sowie Elmar Kossel, "Die Piazza della Vittoria in Brescia und Bozen. Beispiele für Strategien räumlicher Inbesitznahme und historischer Legitimation während des Faschismus in Italien", in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft (2012), 227-256

54 Im Rahmen eines durch Elmar Kossel und den Verfasser (beide Universität Innsbruck) beantragten Forschungsprojekts sollen "Die Appropriationsstrategien Italiens in Südtirol und dem Trentino nach dem Ersten Weltkrieg" vergleichend untersucht und dadurch auch die Materialbasis zu den Ossarien verbreitert und deren Neubewertung in einem größeren Kontext ermöglicht werden.