RIHA Journal 0169 | 27 June 2017
Nationale Folklore und politischer Totenkult. Der Brüderfriedhof in Riga (1924-1936)
Abstract
This article discusses symbolic forms and the association of folklore and
politics in the Riga Brethren Cemetery (Brāļu Kapi). The iconographic
and formal analysis of this memorial sheds light on its function as a place of
worship for those who fell in action while fighting for the sovereignty of the
Latvian people. Considering that Latvia suffered severely from different foreign
rules over the past centuries, the memorial has contributed to strengthen
nationalistic movements in Latvian society and has played an important role in
nation-building. The cemetery’s landscape design as well as its large-scale
monuments by the Latvian sculptor Kārlis Zāle (1888-1942) borrowed
their themes from Latvian mythology. After investigating another major work of
Zāle, the Freedom Monument in Riga, I analyse the main elements of the
sculptural ensemble of the Brethren Cemetery. Eventually, I outline how the
political circumstances have influenced the burial practices over the decades.
With Latvia celebrating the centennial of its first proclamation of independence
in 2018, the restoration of this memorial has been undertaken in recent years.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Zur
Entstehungsgeschichte des Brüderfriedhofs
Andrej Zeidak und
die Anfänge der Friedhofsgestaltung
Kārlis
Zāle – Leben und Werk
Exkurs: Das Rigaer
Freiheitsdenkmal (1931-1935)
Zāle und seine
Anfänge am Brüderfriedhof
Das Eingangstor
Motive und Symbole
Bestattungen
zwischen 1919 und 1940
Bestattungen
zwischen 1940 und 1990
Gegenwart und
Zukunft
Résumé
Einleitung
[1] Nicht nur die Jugendstilbauten im Zentrum und die mittelalterlichen Ensembles der Altstadt machen den Reiz von Riga aus, auch etwas außerhalb der Stadtmitte gibt es eine nicht minder interessante und historisch bedeutsame Sehenswürdigkeit zu entdecken, den sogenannten Brüderfriedhof (lett. Brāļu kapi). Er dient heute als letzte Ruhestätte für die Gefallenen beider Weltkriege sowie für jene Männer und Frauen, die im Kampf um die Unabhängigkeit Lettlands in den Jahren 1918-1920 ihr Leben lassen mussten. Eingebettet in den großzügig angelegten Waldfriedhof (lett. Meža kapi), befindet sich der Brüderfriedhof im Nordosten der Stadt und übertrifft in seiner räumlichen Ausdehnung von neun Hektar alle anderen nationalen Monumente des Landes. Die zwischen 1924 und 1936 sukzessiv realisierte Gedenkstätte gilt bis heute als zentraler Erinnerungsort der erst kurz zuvor gegründeten Republik Lettland.
Zur Entstehungsgeschichte des Brüderfriedhofs
[2] Auf den ersten Blick scheint sich die Anlage von anderen ihrer Art nicht wesentlich zu unterscheiden. Sobald aber die Baugeschichte sowie die schwierige jüngere Historie Lettlands berücksichtigt werden, offenbart sich ein äußerst vielschichtiges Bild. Bevor hier das architektonische Konzept und das bildhauerische Programm des Brüderfriedhofs behandelt werden, gilt es deshalb, sich dem Objekt über die historischen Umstände seiner Entstehung anzunähern.
[3] Die in Stein gemeißelten Jahreszahlen am Eingangstor verweisen auf den Zeitraum 1915-1920 und veranschaulichen somit nicht nur die lettische Perspektive auf den Ersten Weltkrieg, sondern schließen, wie eingangs erwähnt, die nachfolgenden Kämpfe für ein unabhängiges Lettland mit ein. Weltkrieg und Unabhängigkeitskampf werden als eine zeitliche Einheit angesehen.1 Obwohl Deutschland am 1. August 1914 Russland den Krieg erklärte, der letztendlich auch als Wegbereiter für die Unabhängigkeit vieler Staaten angesehen werden kann, spielte dieses Jahr in der Gedächtniskultur der Letten keine große Rolle. Eine genuin nationale Färbung kam erst ins Spiel, als die zaristische Armee nach empfindlichen Rückschlägen 1915 die Bildung lettischer Schützenregimenter zuließ. Allerdings waren diese Truppen russischen Oberbefehlshabern unterstellt und konnten nationale Ziele nicht offen verfolgen. Es wäre daher nicht korrekt, in den Jahren des Ersten Weltkriegs bereits von lettischen Freiheitskämpfern zu sprechen.2 Die hohe Kampfmoral dieser Regimenter rührte insofern vom gemeinsamen Feind her, der, wie schon Jahrhunderte zuvor, in ihr Land eingedrungen war und gegen den es sich nun in einem neuen Kampf abermals zur Wehr zu setzen galt. Die zeitgenössische Presse skizzierte gleichwohl prägnant das zunehmende Aufwallen eines Nationalgefühls, das spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts vorhanden war:
Die Geschichte der Letten hatte aufgehört, als der letzte lettische Krieger die Waffen vor dem deutschen Krieger streckte. Jetzt ist die Situation wieder dieselbe. Die Deutschen brechen ins Land ein und die Geschichte der Letten beginnt wieder, wo der lettische Soldat gegen den Deutschen zu den Waffen greift. Ob die lettischen Bataillone zurückkehren werden als Sieger, ob sie auf dem Schlachtfelde bleiben werden […] sie haben für uns eine gewaltige historische Bedeutung, sie haben den Gang unserer Geschichte da erneuert, wo er unterbrochen worden war.3
Als die siegreiche Rückkehr ausblieb und die 35.000 Mann4 starken lettischen Einheiten schwere Verluste hinnehmen mussten, wich die Kampfeslust allmählich der Ernüchterung und schlug in nationalen Kreisen letztendlich in eine schwere Verstimmung gegenüber der zaristischen Armee und deren Machthaber um, sodass, wie auch von den Bolschewiken, ein schnelles Ende des Krieges herbeigesehnt wurde.
[4] Angesichts der gegenwärtigen problematischen Beziehungen zwischen der lettischen Regierung und Russland kann man von einer Ironie des Schicksals sprechen, wenn man bedenkt, dass der Spatenstich für die Anlage des Brüderfriedhofs und somit für das bedeutendste nationale Symbol in der Geschichte Lettlands ausgerechnet vom zaristischen Kriegsministerium in die Wege geleitet wurde. Abgeordnete eines russischen Komitees wandten sich bereits im Herbst 1914 an die Rigaer Stadtväter und ersuchten um eine ausgewiesene Begräbnisstätte für gefallene Soldaten. Man kam dieser Bitte nach und errichtete im Nordosten der Stadt, nahe dem bereits bestehenden Waldfriedhof, ein Gräberfeld, in dem die ersten Opfer des Krieges ihre letzte Ruhe finden sollten.5 In der Autobiografie des mitverantwortlichen Architekten Aleksandrs Birzenieks (1893-1980) ist eine Fotografie abgebildet, welche die Gräber der ersten drei gefallenen Schützen mit Kranz- und Blumenspenden zeigt.6 Das Begräbnis der namentlich bekannten Soldaten – Jēkabs Timma, Andrejs Stūris und Jānis Gavenas – fand am 15. Oktober 1915 statt und war laut dem lettischen Militärhistoriker und pensionierten Oberst Jānis Hartmanis ein großes öffentliches Ereignis: Die Bevölkerung wurde aufgerufen, an der Bestattung teilzunehmen, und obwohl es ein Wochentag war, seien Tausende diesem Aufruf gefolgt. Da sich die Frontlinie damals vor den Toren Rigas befand, konnten diese drei Opfer in die Stadt transferiert werden. Gemeinsam mit zwölf Offizieren, 816 Soldaten (darunter vielen Freiwilligen), vier Geschützen und 40 Pferden hatten sich Timma, Stūris und Gavenas am 9. Oktober aufgemacht, um sich dem Feind entgegenzustellen. Beim Angriff der Deutschen, der am 12. Oktober erfolgte, ließen sie ihr Leben.7
[5] Mit Verlagerung der Kriegsschauplätze konnten in der Folge viele der Gefallenen nicht mehr nach Riga überführt werden und mussten in eigens errichteten Gräberfeldern unweit ihres Sterbeortes bestattet werden. Dies war bereits im Oktober und November 1915 in Sloka und in Ķemeri, 40 Kilometer westlich von Riga, der Fall, und viele weitere Friedhöfe dieser Art sollten folgen. Von den in den Jahren 1915-1917 fast 900 getöteten lettischen Schützen wurden gleichwohl immerhin 319 auf dem Rigaer Brüderfriedhof bestattet.8
Andrej Zeidak und die Anfänge der Friedhofsgestaltung
[6] Nachdem die Zahl der Opfer kontinuierlich anstieg und man sich gezwungen sah, den noch bescheidenen Soldatenfriedhof zu erweitern, wurde 1916 der Rigaer Gartenbaudirektor Andrej Zeidak (1874-1964) beauftragt, ein Konzept zur Vergrößerung der Anlage auszuarbeiten, das eine symmetrische Anordnung von Gräberreihen sowie schmale Fußwege vorsah.9 Für den Landschaftsarchitekten Zeidak war dies das erste Projekt in seiner 30-jährigen Laufbahn, nachdem er die Nachfolge seines bedeutenden Lehrers Georg Friedrich Kuphaldt (1853-1938) angetreten hatte. Als Mitglied des 1920 geschaffenen Komitees für den Brüderfriedhof war Zeidak bis 1922 mit der Ausarbeitung des landschaftlichen Konzepts beschäftigt. Er verlegte den ursprünglich im Westen geplanten Haupteingang weit in den Süden und schuf dadurch jenen langgezogenen Bereich, der sich in Form einer 205 Meter langen Lindenallee vom Tor bis zu den Stufen einer Terrasse erstreckt (Abb. 1).
[7] Gleichzeitig verlieh er der Anlage weitere Dynamik, indem er sich unterschiedlicher Bodenniveaus bediente und dadurch ein abgestuftes Geländerelief schuf.10 Ehe man zum eigentlichen Gräberfeld gelangt, das annähernd gleich lang wie die Lindenallee ist, besteigt man ein erhöht gelegenes Plateau – die besagte Terrasse –, auf welchem Eichen gepflanzt sind. Am äußeren östlichen und westlichen Rand führt von diesem jeweils eine Treppe zu den Gräbern hinab, die im Nordosten von einer Mauer samt einer überlebensgroßen Skulpturengruppe umfangen werden. Durch dieses Hinabsteigen betritt man, vom Reich der Lebenden kommend, letztendlich das Reich der Toten.
[8] Die daraus resultierenden drei Bereiche Lindenallee – Eichenhain – Gräberfeld sind in ihrer räumlichen Anordnung dem Grundriss einer mittelalterlichen Kirche nicht unähnlich:Die unbepflanzte und unbebaute Längsachse bildet das "Mittelschiff", während die Alleen und die in derselben Ausrichtung angelegten Gräberzeilen den Seitenschiffen entsprechen. Das terrassenähnliche Mittelglied erinnert an einen Altar, auf welchem heute als Herzstück das Ewige Feuer flackert. Das einzige freistehende Monument der Anlage, Mutter Lettland mit ihren gefallenen Söhnen, beschließt den "Chorbereich".
[9] Auch Zeidaks Wahl der Bäume kommt nicht von ungefähr: Er ließ sich von Motiven der lettischen Folklore inspirieren, in denen die Linde als Sinnbild des Weiblichen und damit für die Mütter, Töchter, Schwestern und Bräute der Gefallenen steht, während die Eiche mit dem Wesen des männlichen Geschlechts assoziiert wird.11 Der mit 100 Eichen bepflanzte Hain symbolisiert laut Vaidelotis Apsītis (1921-2007), einem lettischen Architekten und Kulturhistoriker, jenen Ort, an welchem die vielgestaltigen Götter der lettischen Mythologie leben und an welchem auch für sie geopfert würde.12 Dieser Entwurf erinnert an das vom königlich-preußischen Gartenbaudirektor Willy Lange Ende 1914 entwickelte Konzept des "Heldenhains": In Anlehnung an germanische Traditionen sah er den Wald als ideale Gedächtnisstätte, in welcher für jeden gefallenen Soldaten eine Eiche gepflanzt würde. Im Zentrum einer solchen Anlage sollte als Symbol des Friedens oder des Kaisers ein Lindenbaum stehen. Erstmals umgesetzt wurde dieses Konzept 1922 bei der Errichtung eines Soldatenfriedhofs in der Lüneburger Heide nahe Soltau, ehe diese Form der Friedhofsgestaltung in Deutschland weite Verbreitung fand.13
Kārlis Zāle – Leben und Werk
[10] Die ersten Arbeiten an der skulpturalen Ausschmückung wurden 1923 in Angriff genommen, und man möchte glauben, dass dieser Beginn bewusst gewählt wurde, weil er nach der Fertigstellung der landschaftlichen Gestaltung lag – dem war jedoch nicht so: Bereits 1921 waren zwei Ausschreibungen erfolgt, die jedoch ohne Ergebnis blieben, da keiner der eingeladenen Architekten, unter denen sich auch bekannte Namen wie Pauls Kundziņš und Eižens Laube befanden, einen Vorschlag unterbreitete. Um einer weiteren Blamage zu entgehen, seien bei der dritten Ausschreibung 1923 die Abgabefristen mehrmals verlängert worden, sodass schließlich fünf Projekte eingereicht wurden, von denen dasjenige des erst spät nominierten und damals noch in Berlin lebenden lettischen Bildhauers Kārlis Zāle (1888-1942) am Ende den Zuschlag erhielt.14
[11] Der 35-jährige Zāle war zu diesem Zeitpunkt ein noch relativ unbekannter, aber aufstrebender Künstler und konnte in der Metropole Berlin Bekanntschaften mit west- und osteuropäischen Galeristen und Künstlern knüpfen und sich von einer Schaffenskrise erholen. In seiner angemieteten Werkstatt in der Charlottenburger Sybelstraße schuf er konstruktivistische Gipsbüsten in geometrischer Formensprache, die er in Kunstsalons ausstellte.15 Ursprünglich wollte der in der lettischen Hafenstadt Liepāja aufgewachsene Zāle, Sohn eines Bauarbeiters, in der Kunstschule von Baron Stieglitz in St. Petersburg studieren, musste aber aus finanziellen Gründen in das günstigere Kasan ausweichen, wie sein Zeitgenosse und Künstlerkollege Rūdolfs Priede (1890-1949) berichtet. Während des Studiums hätten ihn die Werke von Michelangelo und Rodin begeistert und er wollte es ihnen gleichtun und etwas ebenso Monumentales schaffen.16 Dies ist ihm letztendlich geglückt, denn mit dem bildhauerischen Programm des Brüderfriedhofs und des Freiheitsdenkmals in Riga – zuletzt arbeitete er an beiden Großprojekten simultan –, kreierte er die zwei bedeutendsten und symbolträchtigsten Werke der noch jungen Republik Lettland.
Exkurs: Das Rigaer Freiheitsdenkmal (1931-1935)
[12] Nahe der historischen Altstadt und somit äußerst zentral gelegen, befindet sich das 42 m hohe, am 18. November 1935 feierlich enthüllte Rigaer Freiheitsdenkmal an jener Stelle, an der 1910 ein bronzenes Reiterstandbild von Peter dem Großen errichtet worden war.17 Wie der Brüderfriedhof blickt Zāles Monument auf eine überaus bewegte Baugeschichte zurück: Nachdem in den 1920er Jahren die Standortfrage sowie mehrere Wettbewerbe und eine Protestaktion von 57 Künstlern gegen den ersten Entwurf des schon zuvor genannten Architekten Eižens Laube Regierung und Öffentlichkeit viele Jahre beschäftigt hatten,18 erhielt Zāle mit seinem eingereichten Entwurf 1930 den Zuschlag und entwickelte sodann gemeinsam mit dem Architekten ErnestsŠtālbergs "das dadurch noch reifere endgültige Projekt, eine Synthese aus Obelisk und Freiheitssäule […]."19 Während man Laubes Entwurf von 1922 – ein Obelisk von 27 m Höhe mit Basreliefs der lettischen Philologen Krišjānis Barons und Atis Kronvalds20 – mangelnde Originalität vorgeworfen hatte, verfügte Zāles Vorschlag ein knappes Jahrzehnt später über ein bedeutend umfangreicheres Repertoire an symbolischen und narrativen Elementen. Es ist allerdings anzumerken, dass während dieser doch recht langen Entscheidungsfindung die Anforderungen an das zu errichtende Objekt deutlich an Profil gewonnen hatten, sodass sich aus einer zunächst eher diffus formulierten Vorstellung eines sogenannten "Gedenkpfahls" (lett. Piemiņas stabs)21 erst langsam ein Monument der Freiheit und des Gedenkens der für diese Freiheit gefallenen Personen herauskristallisiert hatte. Aus kunsthistorischer Sicht auch nicht uninteressant ist ein früher Entwurf von Zāle aus dem Jahr 1924, der vom Konzept eines Obelisken völlig abweicht und in seiner Gestalt sehr stark an die Eingangspforte des Brüderfriedhofs angelehnt ist.22
[13] Der Baubeginn im Jahr 1931 fiel nicht zufällig – wie auch der Tag der feierlichen Enthüllung – auf den 18. November, den Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Lettlands. Da der junge Staat sein Vorhaben nicht selbst finanzieren konnte, war man auf Spenden aus der Bevölkerung angewiesen, deren Summe die Erwartungen sogar übertraf: Statistisch gesehen hatte jeder der drei Millionen Letten für den Bau einen Lats zur Verfügung gestellt. Der Überschuss von knapp 400.000 Lats wurde für die Vollendung des Brüderfriedhofs verwendet.23
[14] Noch kurz zur Ikonografie: Das mehrteilige Monument – es besteht aus einem wuchtigen Sockel, historischen und folkloristischen Skulpturengruppen , einem 19 m hohen Obelisken und einer neun m hohen Personifikation der Freiheit – besticht ungeachtet dieses vermeintlich überladenen Programms durch seine klare Gliederung, die u. a. auch auf das polychrome Material zurückzuführen ist: So bediente sich Zāle des Granits in zwei unterschiedlichen Farbabstufungen und verwendete außerdem den am Brüderfriedhof eingesetzten Travertin.24 Die mittlerweile grünschimmernde, aus Kupfer gefertigte Personifikation der Freiheit – von den Letten Milda genannt – hält die Hände weit über ihren Kopf gestreckt und trägt stolz drei goldene Sterne hoch über sich – stellvertretend für die historischen Regionen Lettlands, wobei sich hier, wie später noch auszuführen sein wird, im Gegensatz zu den vier Allegorien an der Abschlussmauer des Brüderfriedhofs Kurland und Semgallen einen Stern teilen.25 Die zu Füßen des Obelisken dargestellte Figur der sogenannten Mutter Lettland ist ebenfalls auf dem Brüderfriedhof anzutreffen, genauso wie das aus der lettischen Folklore beliebte Motiv des Bärentöters (lett. Lāčplēsis), der an der benachbarten Seite zu entdecken ist. Passend zum eingemeißelten Motto des Denkmals "Für Vaterland und Freiheit" (lett. Tēvzemei un Brīvībai) verläuft in nordöstlicher Richtung der vom Standbildvorplatz ausgehende, zwölf Kilometer lange Freiheitsboulevard (lett. Brīvības bulvāris, in weiterer Folge Brīvības iela und Brīvības gatve), der zuvor Alexander I. gewidmet war.
Zāle und seine Anfänge am Brüderfriedhof
[15] Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hielt sich Zāle mit seiner Frau in Moskau auf. Von dort übersiedelte er noch vor der Oktoberrevolution nach St. Petersburg, wo er als Kupfergießer arbeitete. Diese Tätigkeit musste er jedoch aus gesundheitlichen Problemen aufgeben, wodurch er in eine Schaffenskrise schlitterte. An der Bildhauerei fand Zāle zusehends keine Freude mehr, auch dann nicht, als seine Wohnung zum Treffpunkt der in St. Petersburg ansässigen lettischen Künstler avancierte – die Gespräche über Kunst schienen ihn nicht mehr zu begeistern. Nach der Oktoberrevolution kehrte er nach Lettland zurück, wo es ihn in Ermangelung an Aufträgen allerdings nicht lange hielt; 1921 reiste er nach Berlin aus.26 Dort bewegte er sich im internationalen Umfeld der Avantgarde und stand in engem Kontakt mit Ivan Puni, dessen Frau Ksenija Boguslavskaja, Aleksandra Belcova, Rudolf Belling, Niklāvs Strunke und Romans Suta sowie dem führenden Kopf der Berliner Futuristenbewegung, Enrico Prampolini, und dem Herausgeber der Zeitschrift Der Futurismus, Ruggero Vasari.27
[16] Noch bevor der Sieger des Wettbewerbs feststand, hatte sich das verantwortliche Komitee des Brüderfriedhofs auf den zu bearbeitenden Werkstoff geeinigt: Anstatt den für solche Zwecke üblichen Granit aus Finnland herbeizuschaffen, entschied man sich für die im heimischen Allaži und somit unweit von Riga vorhandenen Tuffstein-Vorräte. Die Tatsache, dass das Material auf Staatskosten zur Verfügung gestellt wurde, dürfte den Ausschlag für dessen Verwendung gegeben haben: "Dass der Kalktuff sich, allen Risiken seiner bis dahin unzureichenden Erprobung für bildhauerische Zwecke zum Trotz, in der Praxis bewährte, gehört zu einer ganzen Reihe glücklicher Umstände in der weiteren Entstehungsgeschichte des Brüderfriedhofs", so Fülberth.28
[17] Ein weiterer Heimkehrer, Pēteris Feders (1868-1936), zählte ab 1924 ebenso zu den Verantwortlichen des Großprojekts Brāļu kapi: Der Architekt war zuvor in Warschau tätig gewesen und setzte sich dafür ein, dass die erwähnte Skulpturengruppe von Mutter Lettland von der ursprünglich im Zentrum der Anlage projektierten Platzierung an den nordöstlichsten Punkt der Anlage versetzt wurde und sich in einer weniger schwerfälligen Form harmonisch in die Abschlussmauer einfügte. Diese periphere Platzierung verhinderte, dass die Figur den Soldatengräbern den Rücken zuwandte.29
[18] Zāles Modell, das nicht realisiert wurde, zeigt die Personifikation Lettlands. Ihr zu Füßen liegen zwei halbnackte junge Männer (Abb. 2).
Auf einem wuchtigen Triumphbogen stehend, blickt sie, mit Fahne und Lorbeerkranz in den Händen, stoisch zu Boden und erträgt stumm ihr unfassbares Leid. Beiderseits der Bogenöffnung erkennt man auf einem würfelförmigen Podest je eine männliche Gestalt, sitzend und mit angezogenen Beinen, die sich auf einen großen Schild stützt und das Gesicht verbirgt. Die Buchstaben "K" und "Z" auf den Schilden stehen für Kurzeme (Kurland) und Zemgale (Semgallen), zwei der historischen Regionen Lettlands. Auf der Rückseite mussten sich demnach die Schildträger von Vidzeme (Livland) und Latgale (Lettgallen) befunden haben. Die Jahreszahlen "1914-19" entsprechen nicht der in Lettland üblichen Darstellung und finden sich später, wie eingangs erwähnt, in Form von "1915-1920" über dem Eingangstor wieder.
[19] Das gegenwärtige Monument von Mutter Lettland entstand in den Jahren 1928 und 1929 und wurde auf einem neun Meter hohen Sockel errichtet (Abb. 3).
Frontal betrachtet, teilt eine Symmetrieachse die Komposition der stehenden Figur und der ihr zu Füßen liegenden, bedeutend kleiner ausgeführten Männer. Mit leicht gesenktem Haupt und einer für Frauen landestypischen Kopfbedeckung hält sie in ihrer Rechten eine Fahne und in ihrer Linken, mit gebeugtem Arm, einen Kranz. Da es sich bei den männlichen Figuren um ihre Söhne handelt, ließe sich beinahe an die Beweinung des am Boden liegenden Christus denken. Mutter Lettland als Mater dolorosa trägt ihr Schicksal äußerst gefasst und blickt auf ihre Söhne herab. Das Motiv der tröstenden Übermutter ist nicht neu und die Fragen, warum gerade (Kriegs-)Kunst weiblich sei und an welche Grenzen Ikonografie und Ikonologie bei der Analyse weiblicher Allegorien stoßen, wurden bereits eingehend erörtert.30 Interessant wäre in diesem Zusammenhang ein Vergleich mit ikonografisch ähnlich gestalteten Denkmälern auf Friedhöfen ehemals besetzter Länder dieser Region.31
[20] Die Personifikationen der vier historischen Regionen nähern sich durch Gewandung, Haartracht und Helm dem Idealtypus eines Ritters an und geben im Gegensatz zu denen in Zāles nicht realisiertem Modell auch ihr Gesicht preis. Sie verteilen sich entlang der vorgerückten Abschlusswand und präsentieren mit gesenktem Kopf die Schilde, die sich durch ihre herausgemeißelten jeweiligen Wappen auszeichnen. Entlang der nach hinten versetzten Wand zieht sich ein Fries mit weiteren Wappen, die auf die Herkunftsstädte der gefallenen Soldaten hinweisen. Während die heraldischen Motive als Flachrelief herausgearbeitet wurden, erhebt sich über ihnen der jeweils individuell gestaltete Kopf eines Ritters im Halbrelief (Abb. 4).32
[21] Bevor Zāle mit den Arbeiten an Mutter Lettland begann, hatte er 1927 bereits die erste von insgesamt etwa einem Dutzend auf dem Brüderfriedhof befindlichen Figuren und Figurengruppen fertiggestellt. Es handelte sich dabei um den monumentalen sterbenden Reiter (Mirstošais jātnieks), der in sich zusammengesackt ist und auf einem sich noch verzweifelt aufrichtenden Pferd sitzt, das seine Vorderhufe weit von sich gestreckt hat.33 Dieses Werk befindet sich im Sektor der Soldatengräber neben dem östlichen Seitenaufgang und wurde im Jahr darauf auf der gegenüberliegenden Seite ein weiteres Mal ausgeführt.
Das Eingangstor
[22] Fotografien von verkleinerten als auch maßstabsgetreuen Modellen aus der Sammlung Campe34 zeugen vom Arbeitseifer und von der Experimentierfreudigkeit der verantwortlichen Künstler. Stets war man um ein möglichst optimales Ergebnis bemüht und gab sich nicht mit dem ersten Entwurf zufrieden. Dies spiegelte sich insbesondere in der Suche nach der perfekten Pforte wider, die Zāle als Tor mit geducktem Rundbogen projektierte.35 Um sich die Wirkung einer solchen Pforte vorstellen zu können, gingen die Architekten beim Ausloten der unterschiedlichen gestalterischen Möglichkeiten sogar so weit, in der Planungsphase ein Holztor samt Bauplastik in Originalgröße zu errichten (Abb. 5).36
[23] Während jeweils ein monumentales Reiterduo an beiden Seiten des Eingangs als dekoratives Element beibehalten wurde, zeigt sich das 1930 realisierte Tor dann gleichwohl ohne jegliche runde Form in betont symmetrischer Strenge mit Ecken und Kanten (Abb. 6).
Eine Anspielung auf die antiken Propyläen der Akropolis in Athen (ca. 430 v. Chr.) ist spürbar und auch die Münchner Propyläen auf dem Königsplatz (1854-1862) scheinen sich ihrem Aussehen und ihrer Funktion nach als repräsentative Torbauten in Zāles Werk wiederzufinden. Allerdings verschmelzen darin die beiden angedeuteten Torhäuser mit dem eigentlichen, dreigliedrig durchbrochenen Eingang zu einer Einheit, und wie beim Brandenburger Tor in Berlin wählte man – sofern man bei der planen Fassadengestaltung noch von einem Gebälk sprechen kann – einen geraden, horizontalen Abschluss. Abgesehen von den überlebensgroßen Reiterfiguren, die jeweils auf einem quaderförmigen und an die Wand angeschlossenen Sockel platziert sind und als Wächterfiguren dienen, verzichtete Zāle auf weitere figurative Ausschmückungen. Über den im Verhältnis 1:3:1 gestalteten, gleich hohen Durchgängen fügte er je ein schmuckloses lateinisches Kreuz und über der zentralen Öffnung das lettische Wappen hinzu – letzteres wurde in der Sowjetzeit jedoch entfernt.37 Dazwischen erkennt man auf der gleichen Höhe die eingemeißelten Jahreszahlen "1915" (links) und "1920" (rechts).
Motive und Symbole
[24] Wie Jörg Hackmann bereits festgestellt hat, besteht gerade in Riga ein enger Zusammenhang zwischen Architektur und kollektiver Identität, der sich im Prozess des nation-building ganz besonders deutlich ausgewirkt hat.38 Als Beispiele nennt er die 1905 von Konstantīns Pēkšēns und Eižens Laube errichtete Gewerbeschule in der Tērbatas iela 15/17 sowie einige der Wohn- und Geschäftshäuser außerhalb des alten Festungsrings, die auf nationalromantische Formen zurückgriffen, deren Wurzeln zum Teil in der lettischen Folklore zu finden seien.39 Dies trifft auch auf die am Brüderfriedhof verwendeten Motive des bildhauerischen Programms zu, wobei viele dieser ikonografischen Bezüge auf die Jahrhunderte alten Dainas – mündlich überlieferte, volkstümliche Gedichte und Volkslieder – zurückgehen, die in Grimmscher Tradition vor allem von Krišjānis Barons über lange Zeit gesammelt und zwischen 1894 und 1915 in mehreren Bänden herausgegeben wurden und damals wie auch heute als genuin lettisches Nationalgut proklamiert werden. Eine ähnliche Sammlung gab Ende des 18. Jahrhunderts schon einmal Johann Gottfried Herder heraus, der sich übrigens auch fünf Jahre lang in Riga aufhielt. In einer postum unter dem Titel Stimmen der Völker in Liedern erschienenen zweiten Auflage sind auch zwei lettische Beiträge in deutscher Übersetzung zu finden.40
[25] Nachdem spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts das erwachende Nationalbewusstsein mittlerweile ganz Europa erfasst hatte, war das Bestreben nach Darstellung explizit lettischer Motive endgültig mit politischen Obliegenheiten verknüpft:
Collections of folklore were among the first manifestations of national culture, inseparable from the cultural political agenda of liberating the nation. […] Thus folklore was approved and celebrated as a national particularity at a time when an ethnically conscious generation of Latvian artists entered the stage of history. Consequently, one way in which the demand for national fine arts resulted was the borrowing of themes and images from folklore and mythology.41
[26] Symbolbehaftete Motive in Architektur und Bildhauerei, die auf die Beförderung eines öffentlichen Nationalbewusstseins zielen sollten, müssen für das Auge allerdings nicht immer auf Anhieb erkennbar sein: So wurde beispielsweise der in der Fassade verwendete Tuffstein von Pēkšēns' und Laubes Schulgebäude "dem Staburags, einem mythisch verehrten Felsen der Letten an der Düna",42 entnommen.
[27] Mit an bestimmten Tagen angesetzten Zeremonien setzte man ein weiteres Zeichen, das sich erst durch Geschichtskenntnisse erschließt: Als nach 13 Jahren bildhauerischer und architektonischer Arbeit der Brüderfriedhof letztendlich Gestalt angenommen hatte, fand am 11. November 1936 im Beisein des lettischen Präsidenten Kārlis Ulmanis und des Kriegsministers Jānis Balodis die feierliche Einweihung statt. Während dieser Tag in vielen Teilen Europas mit dem Gedenken an das Ende der Kriegshandlungen des Ersten Weltkriegs verbunden ist, waren für die Letten andere Gründe maßgeblich: Nachdem sich Lettland eine Woche nach der Waffenstillstandsvereinbarung von Compiègne am 18. November 1918 für unabhängig erklärt hatte, kam es bis zu seiner Anerkennung durch Sowjetrussland am 11. August 1920 immer wieder zu schweren Gefechten auf heimischem Boden. Diese bürgerkriegsähnlichen Zustände im Ringen um Unabhängigkeit waren nicht nur durch Mächte von außen, sondern ebenfalls durch zersplitterte lettische Verbände bedingt.
[28] Am 11. November 1919 errang jedoch ein lettisches Heer in der Schlacht von Riga einen entscheidenden Sieg über jenen Teil der sowjetrussischen Armee, der von Bermondt-Avalov angeführt wurde und in dem auch viele Deutsche und Baltendeutsche kämpften. Die Letten konnten das linke Düna-Ufer und die westlichen Vororte von Riga zurückerobern und bis Ende des Monats das westliche Lettland von deutsch-russischen Truppen befreien. Dieser Tag des Triumphs wurde fortan im Gedenken an den lettischen Helden Lāčplēsis (dt. Bärentöter) begangen, einen sagenhaften Helden aus dem gleichnamigen lettischen Nationalepos, der auch gegen die deutschen Kreuzritter gekämpft haben soll,43 und erklärt die Entscheidung, den Brüderfriedhof an diesem Tag einzuweihen.
[29] Wie sehr man auf die Symbolhaftigkeit solcher Daten Rücksicht nahm, beweist auch die Grundsteinlegung, die am 18. November 1924 – diesmal in Anspielung auf den Tag der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1918 – erfolgt war. In diesem Jahr wurden zahlreiche Feierlichkeiten wie Gedenkmärsche abgehalten und es wurde auch erstmals ein Ewiges Feuer vom ersten lettischen Präsidenten Jānis Čakste im Beisein von Premierminister Zigfrīds Meierovics und Kriegsminister Jānis Ducens entzündet.44 Das Ewige Feuer, wie wir es heute kennen, befindet sich seit dem 17. November 1933 an jener Stelle, die ursprünglich für Mutter Lettland vorgesehen war: auf der Heldenterrasse des Eichenhains und somit im Herzen der Anlage.
Bestattungen zwischen 1919 und 1940
[30] Noch vor Ende des Ersten Weltkriegs waren bereits über 300 lettische Schützen auf dem Brüderfriedhof bestattet worden. Zwischen Jänner und Mai 1919 wurden allerdings auch 98 Soldaten aus russischen Regimentern der Roten Armee dort beerdigt. Im Vorfeld der Schlacht von Riga kam es schon Anfang Oktober 1919 zu Verlusten auf Seiten der lettischen Armee, nachdem, wie zuvor erwähnt, Bermondt-Avalovs Truppen ein Vorstoß auf das linke Ufer der Düna gelang. Erst nach deren Abzug konnten die dort verscharrten Gefallenen auf den Brüderfriedhof überstellt werden; die meisten dieser 227 Soldaten konnten namentlich nicht mehr identifiziert werden.
[31] Von den zwischen 1919 und 1940 bestatteten Personen ist die Identität von etwa 800 Gefallenen bekannt. Neben den auf dem Schlachtfeld tödlich Verwundeten wurden aber auch jene Soldaten auf dem Friedhof begraben, die erst später – meist in Militärspitälern – ihren Verletzungen erlagen. Nach Beendigung der Unabhängigkeitskämpfe wurden dort außerdem jene Soldaten und Offiziere bestattet, die zwar daran teilgenommen hatten, aber erst Jahre danach eines natürlichen Todes gestorben bzw. in den 1940er Jahren gefallen sind. Es gab allerdings auch Fälle, in denen es sich umgekehrt verhielt und in denen Soldaten exhumiert und auf den Friedhöfen ihrer Heimatgemeinden bestattet wurden.
[32] Auch Zivilisten fanden in den Gräbern des Brüderfriedhofs ihre letzte Ruhe, wie z. B. Jānis Zālītis, der erste Verteidigungsminister der jungen lettischen Republik. Er starb im Dezember 1919 an einer Lungenentzündung und wurde postum mit dem Lāčplēsis-Orden der höchsten Klasse ausgezeichnet. 1924 wurde er exhumiert und auf dem Brüderfriedhof beigesetzt; das Gleiche gilt für den 1920 verstorbenen Abgeordneten Kārlis Kurzemnieks.
[33] Vier Jahre vor der offiziellen Einweihung 1936 entschied man sich für eine exterritoriale Erweiterung, indem man außerhalb des zentralen Gräberfeldes nahe des westlichen Seiteneingangs zur Varoņu-Straße weitere Gräberreihen für jene ehemaligen Schützen und deren Angehörige einrichtete, denen nicht das Recht eingeräumt wurde, innerhalb des Brüderfriedhofs bestattet zu werden. Die erste Beisetzung eines lettischen Schützen erfolgte dort am 9. März 1932, und bis 1940 wurden über 90 weitere Personen bestattet, unter denen sich auch eine Krankenschwester befand.45
Bestattungen zwischen 1940 und 1990
[34] Nach der Besetzung des Landes durch sowjetische Truppen im Juni 1940 und der Eingliederung Lettlands in die Sowjetunion im August desselben Jahres übernahm die neue Führung die Agenden des Brüderfriedhof-Komitees. Bis zum Einfall deutscher Soldaten im Juni 1941 wurden dennoch Bestattungen im zentralen sowie im außerhalb der Mauern befindlichen Gräberfeld durchgeführt. Dies betraf in erster Linie hohe lettische Offiziere, die nahezu allesamt Träger des Lāčplēsis-Ordens waren: darunter General Ludvigs Bolšteins, Leutnant Jānis Gailis und Oberst Fricis Celmiņš, die nach der Okkupation ihres Landes im Juni und Juli 1940 Selbstmord begingen.
[35] Mit der Niederlage der Roten Armee und dem Machtwechsel änderte sich zu Beginn noch wenig: Die Deutschen mischten sich in die Bestattungen zunächst nicht ein und überließen den Letten ein gewisses Maß an Autonomie, wenn sie Partisanenkämpfer sowie Opfer des kommunistischen Terrors exhumierten und auf dem Brüderfriedhof zu Grabe trugen. 1943 wandelte sich dies insofern, als anti-deutsche Züge in Inschriften und Bestattungsritualen, die sich auf die Zeit der Unabhängigkeitskämpfe bezogen, entfernt werden mussten. Neu war ebenso, dass der Brüderfriedhof zusehends öfter für militärische und politische Repräsentationen und Gedenktage genutzt wurde. Als Kārlis Zāle am 19. Februar 1942 in Riga starb, wurde er ein Jahr später gemeinsam mit neun an der Leningrader Front gefallenen Offizieren auf dem Brüderfriedhof beigesetzt und erhielt einen Ehrenplatz am Beginn des zentralen Gräberfeldes.46
[36] Für die während eines Luftangriffs vom 19. September 1944 getöteten Streitkräfte wurden 39 zusätzliche Gräber westlich des Eichenhains geschaffen, die halbkreisförmig angelegt wurden und somit ein drittes Begräbnisareal bildeten. Neben 17 weiteren Opfern aus diesem Kriegsjahr fand auch Aleksandrs Birzenieks nach seinem Tod am 3. Januar 1980 dort seine letzte Ruhestätte, zwei Jahre danach folgte ihm seine Frau Alma, die an seiner Seite begraben wurde.47
[37] Zwischen Juni 1945 und 1958 fanden keine Bestattungen auf dem zentralen Gräberfeld statt, in dem zuvor erwähnten, 1932 eingerichteten Areal allerdings schon. In einem Erlass des Ministerrats der Lettischen Sowjetrepublik vom 19. Mai 1958 wurde festgehalten, dass der Brüderfriedhof ein bedeutendes Architekturdenkmal sei und unter den Schutz des Staates gestellt werden müsse. Ein späterer Erlass aus demselben Jahr sah vor, dass die sterblichen Überreste jener Kameraden, die für die Freiheit ihrer sozialistischen Heimat im Großen Vaterländischen Krieg gestorben und außerhalb ihrer Heimat begraben worden waren, in den Brüderfriedhof zu überführen seien. Kurz danach wurden neun Partisanenkämpfer sowie zwölf Soldaten, die in lettischen Einheiten der Roten Armee gedient hatten, auch tatsächlich überführt und am zentralen Gräberfeld bestattet.48
[38] Ende des Jahres wurden die Verordnungen ein weiteres Mal überprüft und klare Richtlinien für die Beisetzung auf dem Brüderfriedhof erlassen. Ein Punkt sah vor, dass nur jene dort begraben werden dürfen, die im Kampf gegen den Feind oder in Folge von Kriegsverletzungen ihr Leben gelassen hatten. Zwei weitere Punkte hielten fest, dass jeder aus den Reihen der lettischen Truppen ungeachtet seiner Nationalität einen Anspruch auf einen Platz habe und dass jeder Bestattung eine Genehmigung des Ministerrats der lettischen Sowjetrepublik vorausgehen müsse, die über jeden Fall individuell entscheide. Weiter sei jede Bestattung einer Privatperson künftig verboten.
[39] Auch die Definition des sogenannten lettischen Schützen wurde an sowjetische Maßstäbe angepasst: Darunter seien nicht nur jene zu verstehen, die im Ersten Weltkrieg gekämpft hatten, sondern auch Soldaten der Roten Armee, die in einer lettischen Sondereinheit ihren Dienst versehen hatten. Anlässlich einer zweitägigen Begräbniszeremonie im September 1964 kam es zur Wiederbestattung von 65 namentlich bekannten und 74 unbekannten Soldaten der Roten (bzw. ab 1946 der Sowjetischen) Armee, die in den Jahren 1944-1947 gefallen bzw. gestorben waren. In der Folge begann man ab 1981 mit der Beisetzung von Veteranen der kommunistischen Partei Lettlands und der Sowjetunion sowie von pensioniertem Militärpersonal, sodass gemäß dem Rigaer Städtischen Denkmalamt bis 1989 insgesamt 473 männliche und weibliche Kämpfer, die im Dienst der Sowjetunion gestanden hatten, dort ebenso ihre letzte Ruhestätte fanden. Ab diesem Zeitpunkt wurden erstmals Forderungen laut, zukünftige Beisetzungen zu unterlassen.49
Gegenwart und Zukunft
[40] Nach dem Wiedererlangen der Unabhängigkeit 1991 setzte man die Bestattungen fort und es wurden die sterblichen Überreste zweier Befehlshaber der lettischen Armee, die im Exil gestorben waren, in den Brüderfriedhof überführt. Die letzten Beisetzungen fanden noch in der jüngeren Vergangenheit statt: Der im 101. Lebensjahr verstorbene Veteran Ēvalds Valters wurde 1994 im westlichen Areal der Schützen beerdigt und mit dem Ableben von Herberts Saulītis und Alberts Ameriks, den letzten damals noch lebenden Trägern des Lāčplēsis-Ordens, ging eine Tradition zu Ende. Der Grabstein des 1997 verstorbenen Ameriks (geb. 1899) hat heute genauso seinen festen Platz auf dem Brüderfriedhof wie die Urne des im Jahr 2000 in den USA verstorbenen Saulītis (geb. 1900).50
[41] All diese Namen können den quaderförmigen, leicht abgeschrägten Grabsteinen, die im Boden eingelassen sind, entnommen werden und knüpfen an jene Tradition an, der zufolge "[s]eit der allgemeinen Wehrpflicht, beginnend mit der levée en masse, […] der Name eines jeden Gefallenen erinnerungswürdig [ist], und seit den Weltkriegen kommen die [Namen] von Frauen – und Kindern – hinzu."51
[42] Ab dem Ersten Weltkrieg wird auch den nicht mehr identifizierbaren Toten gesondert gedacht. Im Zusammenhang mit dem Brüderfriedhof erinnert man sich jenes unbekannten Soldaten, der im Gulag von Norilsk (Sibirien) zu Tode gefoltert wurde. In einem feierlichen Akt am 12. Juni 2001 wurde dessen Asche vor der Abschlusswand begraben – eine Gedenktafel erinnert heute noch daran und bezieht sich auch auf das 1792 formulierte republikanische Postulat der Gleichheit: Der einzelne Soldat solle ungeachtet seines militärischen Ranges und seiner Identifizierbarkeit dennoch aus der anonymen Masse heraustreten. Wie im Falle des Unknown Warrior in Westminster Abbey müsse ihm Zutritt zu jenen Ruhestätten gewährt werden, die bis dato nur adeligen, bürgerlichen, politischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Persönlichkeiten vorbehalten gewesen seien.52
[43] Im Umfeld der Statue von Mutter Lettland fügte man vor wenigen Jahren das bislang letzte Element des Denkmalskults hinzu: Am 10. November 2011 wurden Grabsteine mit den Namen von 20 lettischen Generälen enthüllt, die in den 1940er Jahren in Russland gefallen sind und deren Begräbnisstätten nicht mehr eruiert werden konnten.53
[44] Zuletzt noch ein paar Worte zum heutigen Erhaltungszustand des Brüderfriedhofs: Mittlerweile ist der lettische Tuffstein, der von Zāle verwendet wurde, durch die Witterungseinflüsse des rauen Klimas an vielen Stellen stark in Mitleidenschaft gezogen worden, sodass Schritte für dessen weitere Erhaltung dringend notwendig sind. Erschwerend kommt hinzu, dass umfassende und fachgerechte Restaurierungen unter der Sowjetherrschaft ausblieben. Die 100-Jahr-Jubiläen anlässlich der Friedhofsbegründung (2015) und der Unabhängigkeitserklärung Lettlands (2018) lieferten einen Anstoß dafür, nachdem 2011 das 75-jährige Bestehen seit der offiziellen Einweihung begangen wurde. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten Andris Bērziņš wurden Maßnahmen für die Restaurierung eingeleitet, sodass 2013 die Arbeiten an Mutter Lettland und 2015 am Wappenfries der Abschlussmauer erfolgreich beendet werden konnten.54 Die Kosten dafür wurden zum Teil staatlich getragen, größtenteils aber durch private Spenden finanziert. Wo der lettische Stein aufgrund von Erosionsschäden nicht mehr wiederhergestellt werden konnte, wurde er durch einen beständigeren Travertin ausgetauscht. Der Direktor der Rigaer Denkmalbehörde Guntis Gailītis äußerte auch den Wunsch, die veraltete Wasserversorgung zu modernisieren, eine nächtliche Beleuchtung an den Skulpturen anzubringen und den Brüderfriedhof vermehrt in das touristische Programm einzubauen. Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung würden die anhaltende Schädigung des Eingangstores durch Abgase unterbinden und wären ebenso zu begrüßen,55 sodass der Brüderfriedhof nicht nur als bloße Begräbnisstätte, sondern auch als Ort der Erinnerung im Sinne einer Ruhmeshalle respektive eines nationalen Pantheons für viele weitere Generationen erhalten bleibt.
Résumé
[45] Wie eng Folklore und Politik durch das Instrumentarium symbolhafter Formensprache miteinander verbunden sind, wurde im Diskurs zur inhaltlichen und formalen Deutung des Brüderfriedhofs von Riga sowie durch einen Verweis auf die Ikonografie des Freiheitsdenkmals aus der Hand desselben Künstlers eingehend erörtert. Gerade im Fall des lettischen Volkes, dessen Geschichte jahrhundertelang durch Fremdherrschaft bestimmt war, stellte die Errichtung einer Gedächtnisstätte wie dem Brüderfriedhof ein nationales Anliegen dar, um seine Souveränität als – wenngleich, retrospektiv betrachtet, nur vorübergehend – unabhängiger Staat zu stärken. Auf der Suche nach genuin lettischen Motiven bediente man sich folkloristischer Elemente, wie sie u. a. in den jahrhundertealten Überlieferungen lettischer Volkslieder zu finden sind und sich im bildhauerischen Programm der nationalromantisch geprägten Ritter- und Reiterdarstellungen als auch im Konzept der volksmythologisch bedeutsamen Wahl der Bepflanzung widerspiegeln. In welchem Ausmaß die jeweiligen politischen Umstände Einfluss auf die Bestattungspraktiken am Brüderfriedhof ausgeübt haben, wurde am Ende dieses Beitrags deutlich gemacht.
Gastherausgeber des Special Issues
Christian Fuhrmeister und Kai Kappel (Hg.), War Graves, War Cemeteries, and
Memorial Shrines as a Building Task, 1914-1989. Die Bauaufgabe
Soldatenfriedhof/Kriegsgräberstätte zwischen 1914 und 1989, in:
RIHA Journal 0150-0176
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1 Die Zeitangaben auf lettischen Kriegerdenkmälern weisen im Allgemeinen nur äußerst selten Zeiträume wie "1914-1918" oder "1918-1920" auf. Bernhard Böttcher, Gefallen für Volk und Heimat. Kriegerdenkmäler deutscher Minderheiten in Ostmitteleuropa während der Zwischenkriegszeit (= Studia Transylvanica 39), Köln/Weimar/Wien 2009, 86. Ähnlich verhält es sich auch in Sowjetrussland und in der späteren UdSSR: Der Erste Weltkrieg allein sei in den sowjetischen Geschichtswissenschaften nie primär behandelt worden, da die Kriegserinnerungen von den Ereignissen der Oktoberrevolution und dem Sieg der Roten Armee im Bürgerkrieg der Jahre 1918-1920 überlagert bzw. verdrängt worden seien. Darüber hinaus sei die Opferzahl dieser Ereignisse bedeutend höher als die des Ersten Weltkriegs gewesen und die meisten Erinnerungsorte hätten sich an der Peripherie des Zarenreichs befunden. In Ermangelung eines Stellungskrieges oder einer alles bedeutenden Entscheidungsschlacht habe man keine Notwendigkeit für eine ausgeprägte kollektive Erinnerungspolitik – zumindest außerhalb des machtpolitischen Zentrums – gesehen. Guido Hausmann, "Die unfriedliche Zeit. Politischer Totenkult im 20. Jahrhundert", in: Gefallenengedenken im globalen Vergleich. Nationale Tradition, politische Legitimation und Individualisierung der Erinnerung, hg. v. Manfred Hettling und Jörg Echternkamp, München 2013, 414-416 und 419. Zu den je partikularen Erinnerungspolitiken in Europa aus komparatistischer Perspektive siehe auch Arnd Bauerkämper, Das umstrittene Gedächtnis. Die Erinnerung an Nationalsozialismus, Faschismus und Krieg in Europa seit 1945, Paderborn 2012.
2 Voldemārs Šteins, Deutsche Soldaten-Ehrenfriedhöfe des Ersten Weltkrieges in der Umgebung von Riga, aus dem Lett. übers. von Dina Gipsle, Riga 1993, 9-10, zit. n. Böttcher, Kriegerdenkmäler, 86.
3 Vilis Olavs und Jānis Čakste, "Mūsu bataljoni" [Unsere Bataillone], in: Baltija 18 (1916), zit. n. Ulrike von Hirschhausen, Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860-1914 (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 172), Göttingen 2006, 361. Vgl. auch Helene Dopkewitsch, Die Entwicklung des lettländischen Staatsgedankens bis 1918 (= Rigaer volkstheoretische Abhandlungen 3), Riga 1936, 41.
4 Orlando Figes, A people’s tragedy. The Russian Revolution 1891-1924, London 1996, 636.
5 Böttcher, Kriegerdenkmäler, 216.
6 Siehe Aleksandrs Birzenieks, Brāļu kapi, Riga 1959, 7, Abb. 1.
7 Jānis Hartmanis, "Pirmajā pasaules karā kritušo latviešu strēlnieku apbedījumi" [Die Bestattungen der gefallenen lettischen Schützen im Ersten Weltkrieg], in: Rīgas Brāļu kapi 1915-1936-2011, hg. v. Guntis Gailītis, Riga 2011, 17-26, http://de.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-1915-1918 (aufgerufen am 4. März 2017). Dieser Sammelband wurde anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der feierlichen Einweihung herausgegeben und behandelt in 14 (lettischsprachigen) Beiträgen dessen geschichtlichen und ikonografischen Hintergrund sowie den bis dato aktuellen Stand der Restaurierung, einschließlich Zusammenfassungen in Englisch (238-240), Deutsch (241-243) und Russisch (244-248).
8 Hartmanis, "Pirmajā pasaules", 17-26.
9 Birzenieks, Brāļu kapi, 21 und 121 sowie 8, Abb. 2 und 10, Abb. 4.
10 Andreas Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas. Ihr Ausbau zu modernen Hauptstädten 1920-1940, Köln/Weimar/Wien 2005, 216-217.
11 Der hohe Stellenwert der Eiche spiegelt sich auch andernorts in der lettischen Kultur wider: Während der Feierlichkeiten zu Līgo, dem lettischen Mittsommernachtsfest, ist es üblich, dass Männer üppige Kränze aus Eichenblättern auf dem Kopf tragen, wie dies auch auf einer Sonderprägung der 1-Lats-Münze von 2006 zu sehen ist. In der Staatssymbolik griff man beim lettischen Wappen ebenfalls auf Eichenzweige zurück und den 5-Lats-Schein zierte bis zur Einführung des Euro am 1. Januar 2014 auf der Vorderseite eine mächtige Eiche.
12 Vaidelotis Apsītis, Brāļu kapi, Riga 1982, 74-75, zit. n. Laila Bremša, "Die Denkmäler des Ersten Weltkrieges und der Freiheitskämpfe in Lettland aus den Jahren 1920-1940", in: Nordost-Archiv 6 (1997), Nr. 1, 192.
13 Willy Lange, Deutsche Heldenhaine, Leipzig 1915, 12, zit. n. Stefan Goebel, The Great War and Medieval Memory. War, Remembrance and Medievalism in Britain and Germany, 1914-1940, Cambridge 2009, 75-77.
14 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 217-218.
15 Vaidelotis Apsītis, Kārlis Zāle, Riga 1988, 27-29.
16 Rūdolfs Priede, "Kārlis Zāle. Atmiņas" [Kārlis Zāle. Erinnerungen. Mit einer Einleitung von Elita Grosmane], in: Makslas Vesture un Teorija 10 (2008), 60-63.
17 Nahezu abenteuerlich liest sich der weitere Werdegang des Zarendenkmals: 1915 demontiert, um in Petrograd für den Kanonenbau eingeschmolzen zu werden, wurde es auf ein englisches Handelsschiff verfrachtet und versank nach einem deutschen U-Boot-Angriff vor der estnischen Insel Vormsi. Als das Standbild im Sommer 1934 von den Esten geborgen wurde, sah sich das mittlerweile autoritär regierte Lettland gezwungen, auf deren Rückkaufangebot einzugehen, allerdings ohne die nunmehr ungeliebte Statue als Symbol einer Besatzungsmacht wieder aufzustellen. Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 199. Heute ist das renovierte Denkmal in privater Hand, Schenkungen an die Stadtregierungen von Riga und St. Petersburg scheiterten. Birgit Johannsmeir, "Heikle Denkmalpflege im Baltikum. Russische Minderheiten und Machtpolitik des Kremls", in: https://www.deutschlandfunk.de/heikle-denkmalpflege-im-baltikum.724.de.html?dram:article_id=99293 (aufgerufen am 10. Januar 2016).
18 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 198-200.
19 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 206.
20 Reiljans Artūrs, "Pamjatnik Svobody" (21.10.2007), in: http://riga.zurbu.net/t/116 (aufgerufen am 10. Januar 2016).
21 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 199.
22 Reiljans, "Pamjatnik Svobody".
23 Reiljans, "Pamjatnik Svobody".
24 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 207.
25 Kurland und Semgallen stellten seit 1561 ein gemeinsames Herzogtum und existierten als solches fast zweieinhalb Jahrhunderte.
26 Priede, "Zāle", 60-63.
27 Aija Brasliņa, "Latviešu modernistu saskare ar secondo futurismo 20. gs. 20. Gados" [Begegnungen von Künstlern der lettischen Moderne mit dem Secondo Futurismo der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts], in: Makslas Vesture un Teorija 10 (2008), 34-35 und 45.
28 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 218.
29 Fülberth, Tallinn-Riga-Kaunas, 219.
30 Silke Wenk, Versteinerte Weiblichkeit. Allegorien in der Skulptur der Moderne, Köln 1996, 47-74.
31 Ein 1931 vom estnischen Bildhauer Juhan Raudsepp (1896-1984) gestaltetes Mahnmal (Das Rad der Geschichte) wurde beispielsweise 1958 vom Vorplatz der Tallinner Oper auf den Friedhof Rahumäe verlegt und gedenkt jener Opfer, die 1905 bei einer blutigen Demonstration gegen die zaristische Herrschaft vor der Oper getötet worden sind. Auf das Stilmittel der Personifikation wurde hier allerdings verzichtet. http://www.kalmistud.ee/rahuintro sowie http://www.travelzone.lv/eesti/gorod/tallinn/1905/index.html (aufgerufen am 20. Januar 2016).
32 Siehe Birzenieks, Brāļu kapi, 76, Abb. 44 und 77, Abb. 45.
33 Für die Stadien seiner Entwicklung siehe Birzenieks, Brāļu kapi, 26, Abb. 9 und Abb. 10 sowie vollendet auf 27, Abb. 11.
34 Siehe Inv. Nr. 130744, 148729, 148730, 130743, 148732, 148728 und 148731. Die Sammlung Campe befindet sich im Bildarchiv des Marburger Herder-Instituts und geht auf den Nachlass des Architekturhistorikers Paul Campe (1885-1960) zurück. Der nur eingeschränkt nutzbare Bestand ist noch nicht gänzlich erschlossen und enthält eine kunst- und baugeschichtliche Materialiensammlung zu Liv- und Kurland, https://www.herder-institut.de/servicebereiche/bildarchiv/bestaende-des-bildarchivs.html (aufgerufen am 4. März 2017).
35 Siehe Birzenieks, Brāļu kapi, 22, Abb. 5.
36 Siehe auch Birzenieks, Brāļu kapi, 24, Abb. 7.
37 Siehe Birzenieks, Brāļu kapi, 35, Abb. 3.
38 Siehe Jörg Hackmann, "Architektur als Symbol. Nation-'building' in Nordosteuropa. Estland und Lettland im 20. Jahrhundert", in: Riga im Prozeß der Modernisierung. Studien zum Wandel einer Ostseemetropole im 19. und frühen 20. Jahrhundert, hg. v. Norbert Angermann und Eduard Mühle, Marburg 2004, 149-172.
39 Jörg Hackmann, "Metamorphosen des Rigaer Rathausplatzes. 1938-2003. Beobachtungen zur Rolle historischer Topographien in Nordosteuropa", in: Wiedergewonnene Geschichte. Zur Aneignung von Vergangenheit in den Zwischenräumen Mitteleuropas, hg. v. Peter Oliver Loew, Christian Pletzig und Thomas Serrier, Wiesbaden 2006, 118f.
40 Johann Gottfried Herder, Stimmen der Völker in Liedern, hg. v. Johann von Müller, Tübingen 1807, 121f. Siehe auch Christina Jaremko-Porter, Johann Gottfried Herder and the Latvian Voice, Diss. Univ. of Edinburgh, 2008.
41 Toms Ķencis, "The Role of Folklore in the Formation of Latvian Visual Art", http://dx.doi.org/10.7592/FEJF2015.62.kencis (aufgerufen am 20. Januar 2016).
42 Hackmann, "Metamorphosen", 119.
43 Die Figur des Lāčplēsis, der in seinem Denken und Handeln Charakteristika anderer mythischer Nationalhelden wie beispielsweise Siegfried, Herkules oder Odysseus vereint, war auch namensgebend für den ersten militärischen Verdienstorden Lettlands (Lāčplēša Kara ordenis), der in den Jahren 1919-1928 verliehen wurde. Das auf der Rückseite des Ordens eingravierte Datum "11. November 1919" soll an den Tag des Sieges über die Truppen von Bermondt-Avalov erinnern.
44 Jānis Lismanis, "Apbedījumi Rīgas Brāļu kapos 1919.-1940. Gadam" [Bestattungen auf dem Rigaer Brüderfriedhof von 1919 bis 1940], in: Rīgas Brāļu kapi 1915-1936-2011, hg. v. Guntis Gailītis, Riga 2011, 31-41, http://de.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-1918-1940 (aufgerufen am 5. März 2017).
45 Lismanis, "Apbedījumi", in: Rīgas Brāļu kapi, 31-41, http://de.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-1918-1940 (aufgerufen am 5. März 2017).
46 Arnis Āboltiņš, "Apbedījumi Rīgas Brāļu kapos no 1940. līdz 1991. Gadam" [Bestattungen auf dem Rigaer Brüderfriedhof von 1940 bis 1991], in: Rīgas Brāļu kapi, 43-56, http://de.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-1940-1990 (aufgerufen am 5. März 2017).
47 Um den genauen Standort dieser sowie aller anderen Gräber zu ermitteln, empfiehlt sich die Datenbank auf der Homepage des Brüderfriedhofs, die neben Angaben zum Sterbe- und Geburtsdatum auch Informationen zum Geburtstort, zu alternativen Schreibweisen der Namen und zum militärischen Rang zur Verfügung stellt. http://de.rigasbralukapi.lv/apbedijumi (aufgerufen am 5. März 2017).
48 Āboltiņš, "Apbedījumi", in: Rīgas Brāļu kapi, 43-56.
49 Āboltiņš, "Apbedījumi", in: Rīgas Brāļu kapi, 43-56.
50 Hartmanis, "Pirmajā pasaules karā", 17-26 und Āboltiņš, "Apbedījumi", 43-56, http://en.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-no-1990 (aufgerufen am 5. März 2017).
51 Reinhart Koselleck, "Einleitung", in: Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne, hg. v. Reinhart Koselleck und Michael Jeismann, München 1994, 12. Umgekehrt verhalte es sich in Russland, wo während des Ersten Weltkrieges – anders als in Lettland – die anonyme Bestattung in Massengräbern die Regel gewesen sei. Außerdem habe es an Einrichtungen wie Veteranenverbände gefehlt, die sich um die Identifizierung der Gefallenen oder um die Grabpflege gekümmert hätten. Hausmann, "Die unfriedliche Zeit", 417. Koselleck sieht die Gründe in der "verwaltungstechnischen Unmöglichkeit [Russlands bzw. der Sowjetunion], ihre unzählbaren Millionen Toter zu registrieren" und in den "rigorosen stalinistischen Selektionskriterien, nur an wirkliche 'Helden' zu erinnern." Koselleck, "Einleitung", 14.
52 Koselleck, "Einleitung", 15. Auch wenn das Grab des unbekannten Soldaten weltweit Nachahmungen fand, so unterscheide es sich von diesen dadurch, dass hier ein im Prinzip gewöhnlicher Mann unter Königen begraben worden sei und noch dazu nicht in einem isolierten und oftmals bewachten Umfeld mit chauvinistischer Symbolik i. e. Triumphbogen, sondern in einer Kirche, in der immer noch Gottesdienste stattfinden. Richard Jenkyns, Westminster Abbey. A thousand years of national pageantry, London 2011, 171-173.
53 http://en.rigasbralukapi.lv/apbedijumi-pieminas-zimes (aufgerufen am 5. März 2017).
54 http://www.rbkfonds.lv/index.php/aktualitates (aufgerufen am 5. März 2017).
55 Zu den Restaurierungsmaßnahmen im Detail siehe Uldis Andersons, "Rīgas Brāļu kapi. Rekonstrukcijas un restaurācijas projekti" [Der Rigaer Brüderfriedhof. Projekte der Rekonstruktion und der Restauration], in: Latvijas būvniecība 1 (2010), http://abc.lv/raksts/rigas_bralu_kapi (aufgerufen am 5. März 2017).