Wissenschaftstheorie als Ursache von Hierarchiebildung in der deutschsprachigen Archäologie

  • Raimund Karl (Autor/in)

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Abstract

Die Gründungsväter der deutschsprachigen Ur- und Frühgeschichte, Virchow, Hoernes und von Merhart, waren alle überzeugte Positivisten. Seitdem folgt die deutschsprachige Ur- und Frühgeschichte in ihren Fußstapfen: man glaubt dass Beobachtungen mittels induktiver Schlüsse in wahre wissenschaftliche Erkenntnisse umgewandelt werden. „Woher weißt Du das? Auf welche Quelle, welche Autorität stützt sich diese Behauptung?“ sind die zentralen Fragen, nach denen Aussagen beurteilt werden. Dadurch wird ein einziges Kriterium wichtig: dass sich Aussagen als richtig erweisen, dass der, der eine Behauptung aufstellt, mit eben dieser Behauptung Recht hat.

Haben zwei Wissenschafter zum gleichen Thema unterschiedliche Meinungen, kann nur einer von ihnen Recht haben. Und nachdem der, der Recht hat, nach dem obigen Verständnis der bessere Wissenschafter ist, kommt ihm die größere Autorität zu, kann man seinen Aussagen mehr vertrauen. Der, der stets mit seinen Aussagen Recht hat, der am meisten wahres Wissen besitzt, ist daher der beste Wissenschafter – und wem außer diesem sollte man Ressourcen geben, Glauben schenken, seinen Entscheidungen folgen?: Wissen ist Macht.
Wissenschaftliche Meinungsverschiedenheiten sind in der deutschsprachigen Archäologie daher immer (auch) ein Machtkampf: der, der Recht hat, unterwirft den, der anderer (falscher) Meinung war, seiner auctoritas, gewinnt Macht.  Umgekehrt darf ein wissenschaftlich „Mächtiger“ nie dabei ertappt werden, dass er Unrecht hat, denn das bedeutet Macht zu verlieren. Die logisch zwingende Folge eines solchen wissenschaftstheoretisch verursachten Machtkampfes ist die Ausbildung akademischer Hierarchien, eines „wissenschaftlichen Feudalsystems“.

 

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Veröffentlicht
2013-04-16
Sprache
de
Schlagworte
Epistemologie, Positivismus, Logik, Wissen, Autorität, Hierarchiebildung