Population trend in the Merovingian era in Western and Southern Germany
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Abstract
Nach dem unter Frühmittelalter-Archäologinnen und -Archäologen verbreiteten Allgemeinwissen ist die Anzahl der Gräberfelder und die Anzahl der Gräber auf den bestehenden Bestattungsplätzen im 7. Jahrhundert erheblich größer als im 6. Jahrhundert. Die letzte überregionale Quantifizierung dieses Phänomens liegt jedoch mehr als fünfzig Jahre zurück (Donat & Ullrich, 1971). Der hier vorgelegte Beitrag unternimmt für den Raum von West- und Süddeutschland den Versuch, das Bevölkerungswachstum auf breiter Basis und unter Hinzuziehung moderner, detaillierter Chronologiesysteme exakter zu quantifizieren. Danach verdreifacht sich die Bevölkerung im Zeitraum von ca. 530 n.Chr. bis 700 n.Chr. Dieses Bevölkerungswachstum ist etwas höher als jenes der Bandkeramik im Rheinland – also einer archäologisch gut untersuchten, auf Landwirtschaft orientierten Pionierpopulation – und etwas niedriger als im östlichen Mitteleuropa zur Zeit des boomenden Großmährischen Reiches. Es entspricht in der Moderne in etwa jenem in Nordamerika in den Jahren 1950-2015 (Abb. 43). Innerhalb des aufgrund der Quellenlage gut beurteilbaren Zeitraums von ca. 530-670 n.Chr. verläuft das Wachstum sowohl der Gräberfelder (Abb. 4, Abb. 5) als auch deren Anzahl (Abb. 8, Abb. 11) linear, nicht exponentiell oder logistisch. Die Größe der Gräberfelder folgt keiner übergreifenden Norm, sondern ist gruppiert: es gibt sehr kleine Gräberfelder (ca. 1 Hof), kleine (ca. 2 Höfe), mittlere (ca. 5 Höfe) und große Gräberfelder (ca. 7 Höfe), nur sehr wenige Bestattungsplätze stehen für noch größere Gemeinschaften (Abb. 37, Abb. 38). Das Wachstum der einzelnen Gräberfelder wird durch eine soziale Wachstumsobergrenze (Carrying Capacity) gedeckelt, deren Erreichen jeweils zu Ausgründungen führt, d.h. zur Anlage neuer Gräberfelder (und Siedlungen). Die Detailana yse der 34 untersuchten Gräberfelder legt offen, dass weniger als die Hälfte der Plätze in einzelnen Jahrzehnten individuelle, signifikante Abweichungen vom generellen Trend aufweist (Abb. 16-Abb. 34). Insbesondere der Beginn und das Ende der Gräberfelder erfolgen z.T. individualisiert. Es zeichnen sich jedoch keine – insbesondere nicht für das 6. Jahrhundert n.Chr. – gräberfeldübergreifenden Abweichungen vom beschriebenen Wachstumsmodell ab, die auf überregional wirksame, naturbedingte Katastrophen oder hochwirksame Pestzüge schließen lassen. Die Existenz der Pest in Süddeutschland wird dadurch nicht negiert, aber ihre Ausbreitungskraft und Letalität
in diesem dünn besiedelten ländlichen Raum sind zu hinterfragen.
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- 2024-11-15 (3)
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