Unseres? Deins? Meins? - Wem gehören archäologische Kulturgüter?

  • Raimund Karl (Autor/in)

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Abstract

Archäologie und archäologische Denkmalpflege rechtfertigen ihre Existenz gewöhnlich mit der Behauptung, dass sie eine Dienstleistung für die Allgemeinheit erbringen, die im öffentlichen Interesse gelegen ist: die Erhaltung und Erforschung archäologischer Kulturgüter, von denen wir behaupten, dass sie der Allgemeinheit gehören oder wenigstens gehören sollten und nicht Privateigentum sein können oder sollen. In diesem Beitrag argumentiere ich, dass wir statt zu diskutieren, wem archäologische Kulturgüter gehören, die verschiedenen Interessen erforschen sollten, die verschiedene Teile der Allgemeinheit an archäologischen Kulturgütern haben. Diese Interessen haben uns bisher nämlich weder besonders interessiert noch haben wir uns in irgendeiner Weise um sie gekümmert, außer – in der Regel – um gegen sie anzukämpfen, wenn sie mit unseren eigenen Interessen an archäologischen Kulturgütern in Konflikt geraten. Ich erläutere, dass die derzeit populäre fachliche Behauptung, dass archäologische Kulturgüter der Allgemeinheit gehören sollten, nicht mehr ist als eine Schutzbehauptung (die so glaubwürdig scheint, dass wir sie selbst für wahr halten), die dazu dient zu verbergen, dass diese Behauptung zuerst und hauptsächlich einer ganz bestimmten gesellschaftlichen Interessengruppe dient: uns ArchäologInnen. Wie ich zeige, ist diese Forderung nichts anderes als eine Forderung danach, dass archäologische Kulturgüter der archäologischen Wissenschaft gehören sollen. Ich argumentiere, dass diese Forderung daher nicht nur aus rechtlicher Sicht falsch, sondern insbesondere auch ethisch unhaltbar ist. Mehr noch, die Frage nach Eigentum an archäologischen Kulturgütern ist missgeleitet: wenn, wie wir behaupten und fordern, archäologische Kulturgüter tatsächlich der Allgemeinheit gehören sollen, ist die wesentliche Frage nicht wer den rechtlichen Eigentumstitel an jedem einzelnen oder allen von ihnen innehat, sondern vielmehr die, wie Jedermann tatsächlich irgendein Eigentumsrecht an ihnen wahrnehmen kann. Ich behaupte daher, dass statt zu fordern, dass das Eigentum an archäologischen Kulturgütern (in der Praxis) in unseren Händen liegen sollte, wir Methoden entwickeln müssen, wie Mitglieder der Allgemeinheit, die Interessen bezüglich archäologischer Denkmäler haben (und nicht etwa nur „Eigentümer“ archäologischer Kulturgüter) in archäologischen Entscheidungsfindungsprozessen Gehör finden und diese auch im Sinne ihrer tatsächlichen Interessen beeinflussen und somit zu mitentscheidenden Teilhabern am archäologischen Erbe werden können.

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Veröffentlicht
2014-07-11
Sprache
de
Schlagworte
Archäologische Kulturgüter, Denkmalschutz, Eigentumsansprüche, gesellschaftliche Aufgaben, Öffentlichkeit, Bürgerbeteiligung, Forum Schatzregal, Schatzregal