Glashandwerker im Frühmittelalter

  • Martin Zimmermann (Autor/in)

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Abstract

Ausgangspunkt der Untersuchung ist das relativ gut belegte Glasmacherhandwerk im Römischen Reich. Dort ist eine Differenzierung in den Glas verarbeitenden Tätigkeiten nachweisbar, es gibt freie Handwerker neben Sklaven, freie Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Staatsbetriebe. Nach den Erkenntnissen der Archäologie war die Arbeitsteilung reichsweit: Rohglashütten arbeiteten in Syrien/Palästina und Ägypten, Sekundärglasverarbeitung fand vor Ort statt. Dies führte zu einem regen Glashandel im Mittelmeer. Die Rohglashütten wie auch der Glashandel bestanden mindestens bis ins achte Jahrhundert fort.
Offensichtlich gab es weiterhin Glashändler, die zwischen dem byzantinischen beziehungsweise dem mohammedanischen Machtbereich und den sonstigen europäischen Ländern Fernhandel betrieben. Die europäischen Auftraggeber der Glasmacher (nachgewiesen sind Bischöfe, Äbte und Könige) mussten das Rohglas besorgen, eventuell musste auch eigenes Rohglas hergestellt, und ab dem achten Jahrhundert neue Glasrezepte ausprobiert werden.
Die frühmittelalterlichen Glasmacher waren Wanderarbeiter. Sie zogen, falls zum Beispiel Fenster herzustellen waren, zu Baustellen, wo sie ihre einfachen Öfen für die Sekundärglas-Verarbeitung bauten. Diese Mobilität sagt jedoch nichts über ihren Status aus. Für einfachere Arbeitstätigkeiten wie den Guss von Fensterscheiben, eventuell auch für die Herstellung einfacher Hohlgläser, wurden vermutlich versklavte und grundhörige Glasmacher eingesetzt. Ihre festen Glaswerkstätten standen nicht unbedingt in Klöstern, wie man bisher annahm. Das Glashandwerk überlebte im Frühmittelalter ganz allgemein durch die Grundherrschaft (zum Beispiel bildete ein bayerischer Graf die Glasmacher im Kloster Tegernsee aus).
Freie Glasunternehmer, die an einem festen Ort produzierten, wo sie abgeworben werden konnten, sind in Europa kaum mehr vorstellbar. Dazu hätten sie wie im Römischen Reich einen festen Kundenstamm beziehungsweise feste Absatzwege gebraucht, sonst konnte nicht rentabel produziert werden bei dem erheblichen fixen Kapital, das die Glasherstellung erfordert. Da es freie, hoch qualifizierte Glasmacher im östlichen Byzantinischen Reich und in den islamischen Ländern, vielleicht in Italien gab (Mittelmeerraum), stammen von hier wohl die Glasspezialisten, die auf Baustellen repräsentativer Gebäude in Mitteleuropa eingesetzt wurden und möglicherweise eine neue Glasart entwickelten.

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Veröffentlicht
2015-12-07
Sprache
de
Schlagworte
Glas, Handwerk im Frühmittelalter, Transformation der römischen Welt, Grundherrschaft, Techniktransfer