Erfahrungen bei der Organisation und Durchführung des KIM Workshops 2020 als Online-Veranstaltung

DOI: https://doi.org/10.11588/ip.2020.2.73889

Jana HENTSCHKE, Sylvia HULIN & Philipp ZUMSTEIN

Erfahrungen bei der Organisation und Durchführung des KIM Workshops 2020 als Online-Veranstaltung

Zusammenfassung

Am 4./5. Mai 2020 fand der 10. KIM Workshop statt. Durch die COVID-19-Pandemie konnte die Veranstaltung nicht wie gewohnt in Mannheim abgehalten werden, sondern wurde kurzerhand in eine Online-Veranstaltung umgewandelt. Im Folgenden möchten wir auf einige organisatorische Punkte dieser Online-Veranstaltung eingehen und unsere Erfahrungen dabei für andere Online-Veranstalter teilen. Zudem haben wir gegen Ende des Online-Workshops auch einige Fragen an die TeilnehmerInnen gestellt, welche hier zusammen mit den Antworten integriert werden.

Schlüsselwörter

Webkonferenz, Veranstaltungsplanung, BigBlueButton, Erfahrungsbericht

Experience with the organisation and realisation of the KIM Workshop 2020 as an online event

Abstract

The 10th KIM Workshop took place on 4th–5th of May 2020. Due to the COVID-19 pandemic, the event could not happen in Mannheim as usual, but was at short notice converted into an online event. In the following we would like to go over some organisational points of the online event and share our experience with other online organisers. Furthermore, towards the end of the online workshop we also asked some questions to the participants, which will be integrated here together with the answers.

Keywords

web conferencing, event planning, BigBlueButton, experience report


Veröffentlichung: 14.07.2020 in Informationspraxis Bd. 6, Nr. 2 (2020)


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

  1. Seit 2011 veranstaltet die DINI AG Kompetenzzentrum Interoperable Metadaten (KIM) jährlich einen Workshop in Mannheim. Die Planung für den KIM-Workshop 2020 war so gut wie finalisiert als die COVID-19-Pandemie alles änderte. Es wurde schnell klar, dass eine Vor-Ort-Veranstaltung im Mai 2020 nicht möglich sein würde.

    Daher haben wir uns entschieden aus dem KIM-Workshop 2020 eine Online-Veranstaltung zu machen. Dies bedeutete aber nochmals die Planung für den Workshop komplett neu zu überdenken und anders zu organisieren. Was bei einer Vor-Ort-Veranstaltung wichtig ist und gut funktioniert, muss nicht unbedingt für eine Online-Veranstaltung relevant sein oder ähnlich gut funktionieren. Einige dieser Planungen und unsere Erfahrungen dabei zusammen mit Rückmeldungen der TeilnehmerInnen wollen wir im Folgenden beschreiben.

2 Der zeitliche Rahmen

Der Workshop wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen durchgeführt und bestand täglich aus zwei jeweils einstündigen Sessions in der Tagesmitte, unterbrochen durch eine Stunde Mittagspause.

Montag, 4. Mai 2020 Dienstag, 5. Mai 2020
11:00 – 12.00 Uhr 2 Vorträge à 30 Minuten 2 Vorträge à 30 Minuten
12:00 – 13:00 Uhr Mittagspause Mittagspause
13:00 – 14:00 Uhr 2 Vorträge à 30 Minuten 6 Lightning Talks + Open Space

Der detaillierte Programmablauf ist der Veranstaltungswebseite zu entnehmen.

2.1 Planungshintergründe

Nachdem die Online-Veranstaltung als Ersatz für die Vor-Ort-Veranstaltung stattfinden sollte, wollten wir die beiden angekündigten Veranstaltungstage, die die TeilnehmerInnen bereits in ihren Kalendern vorgemerkt hatten, beibehalten. Ohne praktische Erfahrungen mit einer Online-Veranstaltungsplattform, haben wir der Einfachheit halber vor allem die geplanten Beiträge mit Vortragscharakter – im Gegensatz zu den Programmteilen mit Workshop-Charakter – in das Online-Format übertragen. Der Dienstagnachmittag war dann als etwas experimenteller geplant: mit Lightning Talks, die einen schnellen Wechsel der Präsentationen erforderten, sowie einem als spontan geplanten Open-Space-Teil ohne vorher festgelegtem Programm. Unsere für Vor-Ort-Workshops etablierten 90-Minuten-Sessions schienen uns für die Online-Ausgabe zu lang – nach persönlicher Home-Office-Erfahrung anstrengend – weshalb wir uns für eine Reduktion auf 60-Minuten-Sessions entschieden haben. Die Gruppierung der täglichen zwei Sessions um eine Mittagspause von 12:00-13:00 Uhr sollte in erster Linie die Durchführung für uns als Organisationsteam entspannen.

2.2 Erfahrungen

Der zeitliche Rahmen hat uns als Organisationsteam eine relativ entspannte Durchführung ermöglicht. Allerdings haben wir fast alle Sessions um 15 - 20 Minuten überzogen. Da wir in der Nachmittagssession wieder genügend früh präsent sein wollten, verkürzte es die eigene Mittagspause auf ca. 30 Minuten. Im Programmablauf zogen die Verzögerungen allerdings keine weiteren Folgeverspätungen nach sich, da dies mit der Pausenunterbrechung dazwischen abgefangen werden konnte. Als Verbesserungsvorschlag wurde von etlichen TeilnehmerInnen genannt, dass man extra Zeit für organisatorische Ansagen zu Beginn und Ende der Sessions einplanen sollte.

Unserem Eindruck nach haben die beiden aufeinanderfolgenden Veranstaltungstage zumindest für uns und einen Teil der TeilnehmerInnen ein wenig die Aus-dem-Arbeitsalltag-rauskommen- und in-den-Austauschmodus-kommen-Stimmung, die Dienstreisen sonst mit sich bringen, nachgestellt.

Um für mögliche zukünftige Online-Veranstaltung die Bedürfnisse der TeilnehmerInnen besser einschätzen zu können, stellten wir gegen Ende der Veranstaltung (nach der ersten Session des zweiten Tages) Fragen zur Konzentrationsspanne (Abb. 1) und zur allgemeinen Integrierbarkeit von Online-Veranstaltungen in den Alltag (Abb. 2). Bei beiden haben insgesamt 78 von den knapp 100 zu dem Zeitpunkt anwesenden TeilnehmerInnen abgestimmt.

Abb. 1: Eine Mehrheit von beinahe 80% (62 von 78 TeilnehmerInnen) fand, dass die Länge der Sessions mit jeweils 60 Minuten angemessen war.

Abb. 2: Online-Veranstaltungen lassen sich bei etwa der Hälfte der Antwortenden (42 von 78) am Besten in den Arbeitsalltag integrieren, wenn sie in maximal halbtägigen Blöcken an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen stattfinden. Ebenfalls Online-Vortragsreihen werden von etlichen TeilnehmerInnen als gut in den Arbeitsalltag integrierbar angesehen.

3. Das Organisationsteam

Wir haben in einem Kreis von drei KollegInnen das Programm und die Abläufe im Vorfeld geplant und während der Online-Veranstaltung koordiniert sowie die einzelnen Sessions moderiert. Folgende Aufgaben standen dabei insbesondere im Fokus:

Vor der Veranstaltung:

  • Inhaltliche Programmplanung

  • Öffentliche Kommunikation (Mailinglisten, Twitter, Programmseite)

  • Organisation der Testveranstaltung zur Plattform-Performance

  • Kommunikation und Test mit den Vortragenden

  • Folien einsammeln und ggf. Umbenennen

  • Backup-Stream auf Twitter einrichten

Während der Veranstaltung:

  • Moderation inkl. Einbringen der Fragen aus dem Chat

  • Folien einblenden, Kamera- und Präsentatorrechte vergeben

  • TeilnehmerInnen bei technischen Schwierigkeiten beraten via BigBlueButton-Chat und Notfallkommunikations-Etherpad

  • Twitter im Auge behalten

Nach der Veranstaltung:

  • Folien auf der Workshop-Webseite hochladen

Zusätzlich hatten die Kollegen der IT-Abteilung der UB Mannheim Einrichtungsaufwand der Plattform BigBlueButton, der allerdings nicht allein im Kontext (aber in Teilen zeitlich anlässlich) dieser Veranstaltung stand.

Neben einer Person für die Moderation des inhaltlichen Rahmens braucht es immer auch noch Unterstützung für die weiteren organisatorischen Punkte von oben. Die Größe des Organisationsteams von drei Personen empfanden wir als angemessen. Zumindest während der Durchführung wäre eine größere Anzahl von OrganisatorInnen wegen der Unübersichtlichkeit vermutlich sogar kontraproduktiv gewesen. Die Durchführung verlief durch die detaillierten Absprachen im Vorfeld und die klaren Zuständigkeiten unkompliziert. Nützlich war in BigBlueButton auch die Möglichkeit in einem privaten Chat sich kurz bilateral auszutauschen auch wenn hier die Option für einen privaten Chat mit gleichzeitig mehreren TeilnehmerInnen fehlt.

4. Die technische Infrastruktur

Unsere Wahl fiel auf die Open-Source-Plattform BigBlueButton, die kurzfristig von der IT-Abteilung der UB Mannheim zur Verfügung gestellt wurde und mit der die Mannheimer KollegInnen bereits bei einer etwas kleineren Online-Veranstaltung positive Erfahrungen gesammelt hatten.

BigBlueButton läuft an der UB Mannheim auf einem virtuellen Ubuntu-Server mit 8 GB RAM und 8 CPU-Kernen. Wichtig für die WebRTC-Kommunikation war es, die UDP-Server-Ports 16384-32768 für den Zugriff aus dem Internet zu öffnen. Als Alternative für den Verbindungsaufbau für Fälle, in denen das Netzwerk der TeilnehmerInnen keine direkten UDP-Verbindungen zulässt, haben wir auch noch einen kleinen STUN/TURN-Server eingerichtet.

BigBlueButton richtet sich in der Funktionalität an die Online-Lehre und ist damit für eine größere (passive) Menge von TeilnehmerInnen konzipiert, bietet aber auch Features für die aktive Teilnahme wie etwa per Mikrofon, Video oder Chat und darüberhinausgehende Interaktionsmöglichkeiten.

4.1 Vorbereitungen der verschiedenen Kommunikationskanäle

Im Vorfeld des Online-Workshops wurde mit knapp 30 KIM-UnterstützerInnen ein ca. einstündiger Performance-Test durchgeführt. Dabei wurden Erkenntnisse zu Übertragungsqualität und Handling der Plattform gewonnen. Wir haben verschiedene Szenarien an Präsentationstechnik (Folienbedienung, Sprecher-Webcam, ...), Moderationstechniken (Chat-Interaktion, Status der TeilnehmerInnen) und Beteiligung der TeilnehmerInnen (Mikro-/Kameraberechtigungen und -nutzung) durchgespielt während die Mannheimer IT-Kollegen die Serverauslastung analysierten und anschließend noch Feintuning vornehmen konnten.

Als Notfallkommunikationsmittel mit den TeilnehmerInnen bei technischen Schwierigkeiten mit der Online-Veranstaltungsplattform BigBlueButton wurde als unabhängiger Kommunikationskanal ein kollaborativer Online-Editor (Etherpad) verwendet.

Bei den bisherigen KIM-Workshops vor Ort in Mannheim war die Zahl der TeilnehmerInnen auf 40-60 begrenzt um den Workshop-Charakter zu gewährleisten. Bei der Online-Veranstaltung entschlossen wir uns allerdings, auf eine Anmeldung zu verzichten und wollten auch sonst keine künstlichen Obergrenzen einziehen. Aufgrund der Fokusverschiebung in den Vortragsteil, war gegen etwas mehr TeilnehmerInnen oder auch gegen Teilnahme an einzelnen Vorträgen nichts einzuwenden. Daraus ergab sich der Nachteil, dass wir vorher nicht einschätzen konnten, wie hoch die Zahl der TeilnehmerInnen am Ende sein würde.

Als Alternative für eventuell nicht zu bewältigende Massen von TeilnehmerInnen wurde ein Twitter-Live-Stream eingerichtet, der während der Veranstaltung die Folien und den Ton als Video aus den Vorträgen übertrug. Technisch wurde dazu von einem separaten Computer an der BigBlueButton-Konferenz teilgenommen und eine Bildschirmaufnahme und Übertragung mit der Software Open Broadcaster Software (OBS) realisiert. Dies wurde nur optional für Beiträge gemacht, bei denen die Vortragenden dem zugestimmt hatten. Auf eine Archivierungsfunktion inklusive der Möglichkeit später erst einzuschalten wurde der Einfachheit halber verzichtet.

Allen Vortragenden wurde eine Woche vor der Veranstaltung in einem ca. halbstündigen Test die Plattform und ihre Präsentationsfunktionalitäten vorgestellt, das Handling eingeübt, die Abläufe besprochen und die Mikrofonqualität und Kameraeinstellungen getestet. Zudem wurden alle Vortragenden informiert, dass wir die Folien vor dem Start der Session im PDF-Format benötigen würden. Dies bedeutete auch, dass dynamisch aufgebaute Folien in MS Powerpoint oder bei HTML-Präsentationen auf verschiedene, einzelne PDF-Folien exportiert werden mussten.

4.2 Erfahrungen

Die Menge der TeilnehmerInnen von durchschnittlich 60-80 am ersten Tag war mit der Plattform gut durchführbar und das erfragte Chat-Feedback nach der ersten Session wies nur auf vereinzelte technische Probleme hin. Allerdings erreichten wir am zweiten Tag sogar durchschnittlich 80-100 TeilnehmerInnen, was vereinzelt zu negativen Auswirkungen auf die Übertragungsqualität führte. Das Etherpad und der Backup-Twitter-Stream wurden kaum genutzt, schienen uns aber trotzdem gut als Absicherung.

Nach der ersten Session des zweiten Tages haben wir die TeilnehmerInnen zu ihren Erfahrungen mit der Technik befragt (Abb. 3). Bei 85% hat die Technik sehr gut funktioniert oder es war noch alles verständlich, aber mit kleinen Artefakten. Das häufigste, wenn auch seltene, im Chat und im gemeinsamen Fazit geäußerte Problem war die fehlende Synchronität von Ton und Bild bei Sprecher-Webcam.

Abb. 3: Umfrageergebnisse zur Technik. Abgestimmt haben 76 von knapp 100 zu dem Zeitpunkt anwesenden TeilnehmerInnen.

In 3 von 20 Fällen führte die Qualität der Vortragendenmikrofone zu einer schlechteren Verständlichkeit bei größeren Teilen der Zuhörenden, was unter den Testbedingungen nicht aufgefallen war. Erschwerend kam hinzu, dass die gleichen Vortragenden von anderen gut verstanden wurden. Wahrscheinlich müssen Audiostreams auch lokal teilweise zusammen gemischt und enkodiert werden, was auf verschiedenen Computern unterschiedlich gut funktioniert. Ein Headset scheint üblicherweise die verlässlichste Audioqualität zu liefern, weshalb man dessen Nutzung auch bei vermeintlich guten Alternativen den ReferentInnen sehr ans Herz legen sollte.

Die Vortragsfolien werden in BigBlueButton als PDF direkt übermittelt, sodass während des Vortrages nur noch das Wechseln auf eine neue Folie übertragen werden muss. Somit waren die Folien für alle TeilnehmerInnen immer scharf. Durch die Anordnung neben dem Chat und unterhalb eines kleinen Videobildes sind die Folien allerdings kleiner als gewohnt. Daher empfiehlt es sich noch verstärkt hier auf kleine Schriftarten und Details in Grafiken in den Präsentationen zu verzichten. Auch ist zu beachten, dass die TeilnehmerInnen während der laufenden Präsentation in BigBlueButton keinen Text von den PDF-Folien kopieren oder Links darauf anklicken können.

Die Server- und Netzwerkauslastung (Abb. 4 und Abb. 5) sah für beide Tage entspannt aus.

Abb. 4: Die CPU-Auslastung (grüne Kurve) auf dem BigBlueButton-Server wuchs zwar bei vielen TeilnehmerInnen (blaue Kurve) an den beiden Veranstaltungstagen jeweils an, aber blieb fast die ganze Zeit unter 50% und war damit keineswegs am Anschlag.

Abb. 5: Die Netzwerkauslastung auf dem BigBlueButton-Server (gelbe Kurve ausgehende Bandbreite, grüne Kurve eingehende Bandbreite) stieg mit der Zahl der TeilnehmerInnen (blaue Kurve) jeweils an den beiden Veranstaltungstagen an, aber die Netzwerkanbindung des eingesetzten Servers schien dem gesamten Traffic gewachsen zu sein.

4.3 Interaktion mit den TeilnehmerInnen

Die Plattform BigBlueButton stellt die folgenden Kollaborations-/Interaktions-/Kommunikations-Features bereit:

  • Öffentliche Liste der TeilnehmerInnen

  • Status der TeilnehmerInnen (Emojis, Hand heben, klatschen, … sichtbar in der Liste der TeilnehmerInnen)

  • Gemeinsamer Chat für alle TeilnehmerInnen

  • Private Chats zwischen jeweils zwei TeilnehmerInnen

  • Kollaborativ bearbeitbares Pad unter “Geteilte Notizen”

  • Mikrofon-Einbindung

  • Webcam-Einbindung

  • Für Präsentierende:

    • Ressourcenschonendes Teilen von PDF-Folien (mit Zeige-/Markier-Features)

    • Whiteboard-Funktionalitäten wie etwa kollaborative Zeichenmöglichkeit

    • Bildschirm-Teilen (ressourcenintensiver)

    • Teilen eines Videos über gängige Video-Streaming-Plattformen wie z.B. YouTube oder Vimeo

    • Umfragemöglichkeiten

  • Breakout-Räume: vom Hauptraum können Breakout-Räume für kleinere Gruppen eingerichtet werden um ein Thema weiter zu diskutieren oder zu bearbeiten.

Aus Mangel an Erfahrung mit der Plattform-Performance in Anbetracht der (vorab unbekannten) potentiell großen Anzahl von TeilnehmerInnen, haben wir bei der Programmgestaltung den Schwerpunkt auf vortragsartige Beiträge gelegt, die notfalls auch rein über den Backup-Twitter-Stream verfolgt werden könnten. Wir waren darüber hinaus unsicher, wie interaktiv sich der Rahmen gestalten lässt, einerseits in Abhängigkeit der Plattform-Performance in Bezug auf die einzelnen Interaktions-Features und andererseits vor der Frage, ob überhaupt Beteiligungsstimmung unter den TeilnehmerInnen aufkommen würde. Deswegen war 75% des Programms sehr konservativ angelegt im reinen Vortragsmodus, d.h. nur ReferentIn und ModeratorIn haben das Mikrofon offen und nur Folien und Kamera der ReferentInnen werden angezeigt. Einzig als letzten Programmpunkt setzten wir einen Experimentier-Slot mit Lightning-Talks und Open Space um auszuprobieren, ob sich auch online der Austausch mit und unter den TeilnehmerInnen durchführen lässt und falls ja, wie er sich entwickelt. 

Im Vorfeld haben wir beim Testen der Features beschlossen, die Status der TeilnehmerInnen (etwa “Hand heben”) für die Moderation nicht einzubeziehen. Die Status schienen uns impraktikabel, weil sie bei einer langen Liste von TeilnehmerInnen in der aktuellen BigBlueButton-Implementierung schwer zu verfolgen sind. Stattdessen verwiesen wir die TeilnehmerInnen für Fragen-Stellen-/-Anmelden und Gefallensbekundungen nach den Vorträgen auf den gemeinsamen Chat. Die Fragen wurden im Chat gestellt und von dem/der ModeratorIn gesammelt und verbalisiert, so dass die Vortragenden sich auf ihren Inhalt konzentrieren konnten.

Bereits am ersten Tag wurde schnell deutlich, dass die TeilnehmerInnen den gemeinsamen Chat sehr gut annahmen und zu verschiedenen Anlässen (Begrüßung, Austausch zu Verbindungsproblemen, Small-Talk, fachlicher Austausch, Anerkennungsbekundung gegenüber den Vortragenden) rege kommunizierten sogar über die Mittagspause hinweg. Bei der Veranstaltung kam der Wunsch auf, die verschiedenen Diskussionen im Chat in Themen und Gruppen zu bündeln und damit auch mehrere parallele Diskussionen zu ermöglichen (ähnlich zu Threads in Internetforen).

Für uns als Organisationsteam erwies sich an einigen Stellen das Umfrage-Feature als sehr nützlich z.B. Feedback zur Übertragungsqualität und zum Veranstaltungsformat. Das integrierte Pad “Geteilte Notizen” wurde von den Vortragenden und den TeilnehmerInnen schnell einbezogen. Zum Teil, um Links von den Folien verfügbar zu machen, aber auch, um weitere Informationen und Fragen zusammenzutragen.

Ein Lightning-Talk-Vortragender mit schwankend guter Internetverbindung und unruhigen häuslichen Situation konnte erfolgreich Nutzen aus der Video-Teilen-Option ziehen nachdem er zuvor seinen Beitrag aufgezeichnet und auf einer der gängigen Video-Streaming-Plattformen veröffentlicht hatte.

Die Bildschirm-Teilen-Option erwies sich entgegen vorheriger Annahmen als problemlos nutzbar und konnte noch spontan für eine Live-Software-Demo nach einem der Vorträge in Anwesenheit von ca. 50 TeilnehmerInnen eingesetzt werden.

Beim Programmteil “Open Space” wollten wir den TeilnehmerInnen die Möglichkeit bieten sich in kleineren Gruppen eine halbe Stunde spontan zu im Voraus ungeplanten Themen auszutauschen. Dafür können in BigBlueButton zwar die Breakout-Räume genutzt werden, wobei aber das Betreten und Verlassen der Räume nur von ModeratorInnen gesteuert werden können. Daher entschieden wir uns stattdessen weitere, separate BigBlueButton-Konferenzräume zu erstellen und als Untergruppen-Räume bereitzuhalten. Die TeilnehmerInnen konnten dadurch flexibler und selbstständiger agieren.

Dieser Teil wurde halb von uns moderiert und halb spontan von den ca. 60 anwesenden TeilnehmerInnen im Chat oder Gespräch gestaltet. Dieses Format ist sicher etwas gewöhnungsbedürftig, wurde aber für die relativ kurze Zeit gut gefüllt. Eine Gruppe von vier TeilnehmerInnen nutzte die Option des separaten Untergruppen-Raumes und kehrte nach 15 Minuten verrichteter Dinge zurück in den Hauptraum. Als Vorschlag aus der Runde der TeilnehmerInnen zur möglichen weiteren Ausgestaltung solcher virtuellen Austauschformate kam die Idee, bereits im Vorfeld, analog zu Lightning Talks, Breakout-Themen zu sammeln und sich in dem Slot früher und konsequenter in thematische Kleingruppen zu begeben.

Auf Nachfrage würde sich eine größere Zahl der TeilnehmerInnen auch dauerhaft bereitgestellte Aufzeichnungen der Vorträge wünschen. Dies hatten wir nicht angeboten, um den technischen und rechtlichen Aufwand bei unserer ersten Online-Veranstaltung gering zu halten.

Wir hatten den Eindruck, dass die gegenseitige Wahrnehmbarkeit der TeilnehmerInnen über die TeilnehmerInnenliste und den Chat eine deutlich andere Atmosphäre erzeugt hat, als es bei einem reinen Stream der Fall gewesen wäre. Wir denken, dass auch diese Online-Veranstaltung zu Recht als Community-Event bezeichnet werden kann. Auch für die Vortragenden war es vermutlich angenehmer, ihr Publikum wahrnehmen zu können und durch die verbale Moderation, Moderatorenklatschen, Fragen und Chat-Anerkennung direktes Feedback zu haben. Ein netter und eines Community-Events würdiger Abschluss war ein fröhliches Teilgruppenfoto mit den letzten verbliebenen und willigen TeilnehmerInnen am Ende des Open Space – was nebenbei auch noch als Test gedient hat, wie viel Videoübertragung die BigBlueButton-Plattform leisten kann. Bei den 13 eingeschalteten Webcams konnten sich alle sehen, aber einige Rechner liefen dann schon etwas heiß.

5. Fazit

Der KIM-Workshop 2020 fand zum ersten Mal und notgedrungen online statt. Das war ohne Zweifel eine neue Erfahrung, hat nach unserer Einschätzung aber gut funktioniert. Der zeitliche Rahmen, die Größe des Organisationsteams und die technische Infrastruktur können für ähnliche Online-Veranstaltungen empfohlen werden, aber die oben aufgeführten, nützlichen Verbesserungsvorschläge würden wir bei weiteren Online-Veranstaltungen berücksichtigen. Eine wichtige Erkenntnis für uns war es, dass eine Online-Veranstaltung nicht genau gleich geplant werden muss wie eine Veranstaltung vor Ort. Beispielsweise bieten sich laut unserer Umfrage unter den TeilnehmerInnen (vgl. Abb. 1 und Abb. 2) eher kürzere Vortragsblöcke an, welche dafür über mehrere Tage verteilt sind.

Die An- und Abreise entfällt bei Online-Veranstaltungen und man kann sich auf Knopfdruck – etwa auf einen großen, blauen Knopf (BigBlueButton) –innerhalb von Sekunden vom Arbeitsplatz in die Konferenz schalten. Leider entfällt damit ebenfalls größtenteils der unstrukturierte, spontane Austausch, der sich auf Konferenzen üblicher Weise in den Pausen oder Abendveranstaltungen ergibt und für gewöhnlich bei KIM-Veranstaltungen besonders rege und wertvoll ist. Diese Lücke konnten wir bei dem ersten Online-KIM-Workshop noch nicht füllen. Die Frage bleibt für uns offen, ob und wie man das informelle Netzwerken auch in den virtuellen Raum bringen kann.


AutorInnen