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DOI: https://doi.org/10.11588/ip.2021.2.81017
Schulungs- und Beratungsbedarf von Promovierenden der Ingenieurwissenschaften an Hochschulen für angewandte Wissenschaften
Zusammenfassung
In einer Befragung der Bibliothek der TH Aschaffenburg wurde das Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten von Promovierenden der Ingenieurwissenschaften erfasst. Ebenso wurde ihr Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten erfragt. Der folgende Artikel stellt die Ergebnisse wie auch die Konsequenzen für die Konzeption von Schulungs- und Beratungsangeboten vor.
Schlüsselwörter
Ingenieurwissenschaft, Informationskompetenz, Publikationskompetenz, Datenkompetenz, Promovierende
Training and consulting needs of PhD students in engineering at Universities of Applied Sciences
Abstract
In a survey of the library of the University of Applied Sciences Aschaffenburg, information, publication and research behavior of doctoral students in engineering was recorded. Their need for training and consultation was also asked. The following article presents the results as well as the consequences for the conception of training and consultation services.
Keywords
engineering, information literacy, publishing literacy, scholarly communication, data literacy, PhD students
Veröffentlichung: 19.09.2021 in Informationspraxis Bd. 7, Nr. 2 (2021)
Inhaltsverzeichnis
1 Promovierende als Zielgruppe von Bibliotheken an Hochschulen für angewandte Wissenschaften
Promovierende sind an den 216 deutschen Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) und den zugehörigen HAW-Bibliotheken eine neue und im Wachstum befindliche Zielgruppe. Vor 15 Jahren wurden mit der Förderalismusreform (2006) maßgebliche Kompetenzen in der Ausgestaltung und Entwicklung des Hochschulwesens an die Länder übertragen. Die in der Folge verabschiedeten Hochschulgesetze der Länder schrieben – teilweise über den Umweg weiterer Gesetzesnovellierungen – die Möglichkeit der Promotion an Hochschulen für angewandte Wissenschaften fest. Die Vergabe eines eigenständigen Promotionsrechts für forschungsstarke HAWs ist “bisher in Hessen und Sachsen-Anhalt und für Hochschulverbünde in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein [möglich], wenn auch noch nicht überall vollständig in der Praxis umgesetzt.” (Neschke 2020:18) In der übrigen Mehrheit der Bundesländer ist die Erlangung des Doktorgrades an HAWs nur als kooperative Promotion mit einer universitären Partnerin möglich.
Im Zeitraum von 2015 bis 2017 wurden an den HAWs mindestens 551 kooperative Promotionen betreut, wobei mit 117 abgeschlossenen Promotionen die Mehrheit in den Ingenieurwissenschaften lag (vgl. HRK 2019:5, 20). Im Jahr 2020 wurden allein “an den bayerischen Hochschulen für angewandte Wissenschaften knapp 900 kooperative Promotionen [betreut], etwa 20 Prozent davon werden in Bayern in Verbundkollegs unter dem Dach von BayWISS durchgeführt.” (Hochschule Bayern 2020a) Das Verbundkolleg ermöglicht eine kooperative Promotion ohne individuelle Suche nach universitären Betreuer*innen, da die Betreuung innerhalb des Verbundkollegs organisiert wird. Ein weiterer Anstieg der Zahlen ist zu erwarten, u. a. weil – bspw. in Bayern im Rahmen der Novelle des Hochschulgesetzes – die Vergabe des Promotionsrechtes für forschungsstarke Bereiche der HAWs erneut diskutiert wird (vgl. Hochschule Bayern 2020b).
Bibliotheken an HAWs sollten daher Promovierende als wachsende Zielgruppe mit einem eigenen Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten in den Fokus nehmen. Die Zielgruppe der Promovierenden benötigt dabei ein fach- wie qualifizierungsspezifisches Angebot. Um diese Schulungs- und Beratungsangebote zu konzipieren, ist es unerlässlich, aktuelle wie fach- und zielgruppenspezifische Information zum Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten der Promovierenden zu konsultieren. Ebenso ist es notwendig den Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten der Zielgruppe zu ermitteln. Dazu empfiehlt sich die Auswertung vorhandener Studien und/oder die Erhebung eigener Daten z. B. in Form einer Befragung.
Studien, die aktuelle und fachspezifische Informationen zum Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten von Promovierenden der verschiedenen Disziplinen liefern, sind selten. Ältere Studien, die aktuelle Themen wie Open Access, Forschungsdatenmanagement oder kollaboratives Arbeiten nicht hinreichend erfassen, können nicht berücksichtigt werden. Zudem sollte aufgrund der Besonderheit der deutschen Promotion im Wissenschaftssystem der Fokus auf Studien mit Bezug zum deutschen Hochschulsystem gelegt werden. Da bisherige Studien die Spezifika von Promovierenden an HAWs kaum einbeziehen, muss die Übertragbarkeit der Ergebnisse jeweils kritisch betrachtet werden. Daher kann es für HAW-Bibliotheken sinnvoller sein, eigene Daten z. B. in Form einer Befragung oder Fokusgruppeninterviews zu erheben. Die Ergebnisse einer solchen Befragung können außerdem die spezifische Zusammensetzung der Zielgruppe im Hinblick auf die Disziplinenvielfalt vor Ort besser widerspiegeln.
Um für die Promovierenden der Ingenieurwissenschaften, die an der Technischen Hochschule Aschaffenburg die größte fachliche Gruppe bilden, ein eigenes bedarfsgerechtes Angebot zu konzipieren, befragte die Autorin im Januar 2021 in einer Online-Umfrage Promovierende der Ingenieurwissenschaften an der TH Aschaffenburg zu ihrem Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten. Ebenfalls wurde der Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten – bezogen auf Themen, Formate und die Dauer – erfasst. Die Ergebnisse der Befragung inklusive der daraus abzuleitenden Konsequenzen für Schulungs- und Beratungsangebote werden im Folgenden präsentiert. Das Projekt wurde im Rahmen des Studiengangs Bibliotheks- und Informationswissenschaft (MALIS) der TH Köln erarbeitet und von Prof. Dr. Inka Tappenbeck betreut.
2 Vorgehen und Methode
Um die Forschungsfrage “Welches Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten haben Promovierende der Ingenieurwissenschaft und welchen Bedarf haben sie an Schulungs- und Beratungsangeboten – bezogen auf Themen, Formate und die Dauer?” zu beantworten, wurde die Methode der Online-Befragung gewählt. Die Methode ermöglicht mit moderatem Zeitaufwand die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Umfrage. Die beiden entscheidendsten Faktoren für die Auswahl der Methode waren erstens, dass mit ihr möglichst viele Personen der potentiellen Zielgruppe erreicht werden können, während andere Erhebungsmethoden wie bspw. die der Information Horizons, deutlich zeitaufwendiger sind und damit nicht auf eine größere Anzahl von Personen angewendet werden können (vgl. Hobohm 2013:140). Zweitens bietet die statistische Auswertung der digital vorliegenden Daten über die Umfrage-Software – z. B. nach zuvor festgelegten Filtern – im Vergleich zu anderen Methoden umfangreiche Möglichkeiten der Ergebnisdarstellung. Kosten entstehen ausschließlich für die Lizenzierung der Software, sofern diese an der Einrichtung noch nicht vorhanden ist und ggf. für Marketingmaßnahmen. Während der Corona-Pandemie ließ sich die Befragung als Online-Umfrage zudem am einfachsten umsetzen, da z. B. Fokusgruppeninterviews vor Ort nicht möglich gewesen wären.
Nach der Präzisierung des Forschungsdesigns sowie der Definition der Zielgruppe, wurden Studien zum Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten von Ingenieur*innen recherchiert und ausgewertet. Zu nennen sind hierbei insbesondere: Elsner u.a. 2019; Iglezakis & Schembera 2018; Kaltenbrunner 2018; Technische Informationsbibliothek [TIB] 2017 und Witt & Stokar von Neuforn 2018. Zwar geben diese Studien Hinweise auf das Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten von Ingenieur*innen, teilweise auch auf promovierende Ingenieur*innen, es bleibt jedoch fraglich inwiefern die Ergebnisse auf HAW-Promovierende übertragen werden können, da sie nicht in ausreichenden Umfang zu den Befragten gehören. So waren nur 3% der fast 1.500 Teilnehmenden der TIB-Umfrage an einer HAW, einem Unternehmen oder einer sonstigen Einrichtung beschäftigt (vgl. TIB 2017).
Der im nächsten Schritt konzipierte und in einem Pretest überprüfte Fragebogen formuliert überwiegend geschlossene Fragen. Freitextfragen wurden in geringem Umfang eingesetzt, um individuelle Probleme beim Recherchieren, im Publikationsprozess sowie im Umgang mit Forschungsdaten zu erheben. Der Fragebogen umfasst fünf inhaltliche Blöcke (vgl. Grahl 2021):
- Fragen zum Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten
- Fragen zur aktuellen Zufriedenheit mit den bestehenden Schulungs- und Beratungsangeboten der Bibliothek
- Fragen zum Bedarf an Themen für Schulungs- und Beratungsangebote
- Fragen zu bevorzugten Formaten und Dauer für Schulungs- und Beratungsangebote
- Fragen zum Status der Person (z. B. aktueller Stand der Promotion)
Die Verteilung der Umfrage erfolgte mit personalisiertem Zugangslink via Mail an alle Mitglieder des interdisziplinären Doktorandenkollegs sowie an Personen, die aktuell ein Promotionsprojekt vorbereiten, da auch diese Personen potenzielle Zielgruppe der zu konzipierenden Angebote sind. Insgesamt wurden 45 Personen angeschrieben, die der Zielgruppe Promovierende zuzuordnen sind. Die Befragung konnte vom 4. bis 17. Januar 2021 beantwortet werden.
3 Ergebnisse
An der Befragung nahmen 18 Promovierende teil. Die Rücklaufquote dieser Zielgruppe entspricht demnach 40%. Elf der 18 Personen ordnen ihr Promotionsprojekt den Ingenieurwissenschaften zu und entsprechen damit der Zielgruppe. Die Antworten der elf Personen werden im Folgenden ausgewertet und eingeordnet. Mehrfachantworten werden in der folgenden Auswertung teilweise gruppiert betrachtet.
3.1 Status der Promovierenden der Ingenieurwissenschaften
Der überwiegende Teil der Befragten, d. h. neun der elf Promovierenden sind an der TH Aschaffenburg als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in angestellt, promovieren also in der klassischen Assistenzpromotion. Jeweils eine weitere Person ist als Projektmitarbeiter*in und als Laboringenieur*in beschäftigt.
Die Promotionsprojekte der elf Promovierenden sind allesamt der Fakultät für Ingenieurwissenschaften zugeordnet. Nur sechs der elf Promovierenden ordnen ihr Promotionsprojekt allerdings auch fachlich den Ingenieurwissenschaften zu. Drei der Befragten ordnen es den Wirtschaftswissenschaften zu. Zwei weitere Befragte ordnen ihr Projekte weder den Ingenieur-, Wirtschafts-, Rechts- oder Sozialwissenschaften noch Mathematik und Naturwissenschaften zu und wählten Sonstiges. Dies zeigt, wie interdisziplinär die Forschungsprojekte ausgerichtet sind.
Die Befragten befinden sich in verschiedenen Phasen ihres Promotionsvorhabens. Zwei Befragte befinden sich in der “Orientierungs- und Planungsphase (Themenfindung, Festlegung von Fragestellung und Zielsetzung, Auswahl Betreuung, Wahl der Methode, Schreiben des Exposés, Zeitplan)”, je eine befragte Person ordnet ihr Promotionsprojekt der Phase “Einschreibung/Annahme als Doktorandin oder Doktorand” bzw. der Phase “Recherche und Materialbeschaffung” zu. Keine der befragten Personen befindet sich in der Phase der “Datenerhebung und –auswertung”. Die Mehrheit der Befragten befindet sich aktuell in der “Schreibphase” (5) und eine weitere Person in der “Endphase (Zulassung, Einreichung, Disputation, Veröffentlichung)”.
3.2 Aktuelle Zufriedenheit
Die aktuelle Zufriedenheit mit bestehenden Kurs- und Beratungsangeboten der Bibliothek wurde mit einer Likert-Skala mit fünf Items gemessen: sehr zufrieden, zufrieden, weniger zufrieden, nicht zufrieden und nicht genutzt. Die Ergebnisse zeigen, dass die aktuellen Angebote selten genutzt werden. Wenn sie genutzt werden, werden sie mit “zufrieden” und “sehr zufrieden” bewertet. (Vgl. Abbildung 1)
Auffällig ist, dass die Moodle-Kurse insgesamt – u. a. der Moodle-Kurs “Forschen und Publizieren”, der speziell Forschende adressiert – wenig genutzt werden. Präsenzangebote wie die Coffee Lecture weisen eine höhere Nutzung auf. Die Coffee Lecture wurde von über der Hälfte der Befragten bereits besucht und mit “zufrieden” und “sehr zufrieden” bewertet und ist damit das am besten bewertete Angebot.
3.3 Informationsverhalten
Die Ergebnisse zum Themenkomplex Recherche und Informationsbeschaffung zeigen, dass die Promovierenden zu sehr vielfältigen Zwecken recherchieren und dabei auf eine breite Auswahl an Suchtools zurückgreifen (vgl. Abbildung 2). Alle Befragten recherchieren zur Arbeit an Publikationen (11) und Forschungsprojekten (11). An zweiter Stelle steht die Recherche nach wissenschaftlichen Informationen zur Vorbereitung von Lehrveranstaltungen (6). Dies verdeutlicht wie stark Promovierende an HAWs bereits in Forschungs- und Publikationsprojekte, aber auch in die Lehre eingebunden sind.
Im Fokus der regelmäßigen Recherche stehen Textdokumente (11) und Forschungsdaten (5) sowie Spezialinformationen wie Normen, Patente und technische Berichte (2). Für die Recherche nach wissenschaftlichen Informationen werden von allen Befragten regelmäßig akademische Suchmaschinen wie Google Scholar und BASE verwendet (11). Außerdem werden Fachdatenbanken (8), akademische soziale Netzwerke wie ResearchGate (8), der Bibliothekskatalog (7) und Suchmaschinen (7) genutzt. Weniger genutzt werden der direkte Sucheinstieg über einzelne bereits bekannte Fachzeitschriften (5), Preprint-Server wie arXiv (4) sowie der Einstieg über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB) zur Suche nach Fachzeitschriften (3). Social Media, RSS-Feeds, Newsletter, Mailinglisten und Alerts werden von keiner der befragten Personen regelmäßig genutzt.
Die Befragten gelangen überwiegend über frei zugängliche Informationen (Open Access) (10), digital lizenzierte Zugänge der TH-Bibliothek (9) und den Bestand vor Ort (7) an die benötigten wissenschaftlichen Informationen. Eine geringere Rolle spielen die Fernleihe (5) und der Zugang über persönliche Kontakte und Netzwerke (5) sowie die Teilnahme an Fachtagungen und Kongressen (3) und private Zugänge (3) (vgl. Abbildung 3). Auf die Frage nach Problemen bei der Recherche wurde drei Mal der Zugriff auf nicht lizenzierte Inhalte (Paywall) genannt.
Der überwiegende Teil der Befragten nutzt Literaturverwaltungsprogramme wie Citavi, Mendeley oder Zotero (9) oder lokale Laufwerke (8) zur Organisation der recherchierten Informationen. Nur vier Befragte nutzen die Ablage in einer Cloud (4).
3.4 Publikations- und Forschungsverhalten
Die Ergebnisse im Themenkomplex Publizieren, Forschen und Arbeiten sowie Forschungsergebnisse präsentieren, zeigen, dass alle Promovierenden bereits in der Promotionsphase an Publikationen beteiligt sind. Die befragten Promovierenden veröffentlichen zwischen 1-2 (5) und 2-5 (4) Publikationen pro Jahr. Dabei sind sie überwiegend Hauptautor (9) bzw. Co-Autor im Team (2). Keiner der Befragten hat bisher eine Publikation als alleinige*r Autor*in verfasst. Bereits sechs der elf Befragten haben bereits eine Publikation als Open Access veröffentlicht.
Die drei am häufigsten genannten Publikationsformate der Promovierenden sind Vortrag auf einer Konferenz bzw. Beitrag in einem Konferenzband (10) sowie wissenschaftliches Poster (9) und Aufsatz in einer Zeitschrift (9) (vgl. Abbildung 4).
Die meisten Befragten gaben als Grund für das Publizieren den Austausch über Forschungsergebnisse (9) an. Als weitere Gründe wurden Reputation (5), Finanzierung (4) und Publikationsdruck (3) genannt. Auf die Frage nach Problemen im Publikationsprozess wurden “Diverse Überarbeitungsschleifen bis zur Publikation” und die Finanzierung von Open-Access-Veröffentlichungen genannt.
Fast alle Promovierenden machen die Angabe, dass in ihren Projekten Forschungsdaten anfallen (10). Auf die Frage nach Problemen im Umgang mit Forschungsdaten wurden der “Verlust von Forschungsdaten aus technischen Gründen”, “Schwierigkeiten bei der Auswertung” und die Finanzierung von “qualitativ hochwertigen Daten”, da die Qualität von Open Data “erst langsam auf ein für akademische Zwecke akzeptables Niveau steigt” genannt.
3.5 Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten (2 Seiten)
Der Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten wurde in vier Themenkomplexen erfragt: a) Recherche und Materialbeschaffung, b) Publizieren, c) Forschungsergebnisse präsentieren sowie d) Forschen und Arbeiten.
Ein hoher Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten, d. h. summiert sechs und mehr Antworten in beiden Bereichen, wurde zum Themenkomplex Publizieren sowie zum Themenkomplex Forschen und Arbeiten erfasst. So entstammen unter den elf Themen mit sechs und mehr Stimmen sechs Themen dem Komplex Publizieren; drei Themen sind dem Komplex Forschen und Arbeiten zuzuordnen und ein Thema stammt jeweils aus dem Komplex Recherche und Materialbeschaffung bzw. Forschungsergebnisse präsentieren. (Vgl. Abbildung 5)
Insbesondere die Themen Urheberrecht; gute wissenschaftliche Praxis, Zitieren und Plagiatsprüfung und Zweitveröffentlichungsrecht wurden sowohl in Bezug auf den Schulungsbedarf als auch auf den Beratungsbedarf mit je vier oder fünf Antworten hoch gerankt. Ein weiterer hoher Bedarf im Bereich Schulung wurde für die Themen Verbesserung der Sichtbarkeit der eigenen Forschungsleistung (5), Software zum kollaborativen Arbeiten (5), Recherchieren (Tools und methodisches Vorgehen) (5), Open Science (Open Educational Resources, Open Data) (5), Nutzung virtueller Forschungsumgebungen (4) und Recherche und Nutzung von Spezialinformationen (Normen, Patente, technische Berichte) (4) angegeben. Im Bereich Beratung wurde ein hoher Bedarf mit je vier Antworten für drei Themen aus dem Komplex Publizieren genannt: Erarbeitung einer Publikationsstrategie (4), Open Access Publizieren (4) und Nutzung des hochschuleigenen Dokumentenservers OPUS (4).
Ein mittlerer Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten mit summiert vier und fünf Antworten konnte für die Mehrheit der Themen aus dem Komplex Recherche und Materialbeschaffung sowie die Themen Vorbereitung einer Publikation (z. B. Auswahl eines geeigneten Journals), Zeitmanagement und Forschungsdaten und Forschungsdatenmanagement ermittelt werden. Ein niedriger Bedarf mit drei und weniger Stimmen wurde für die Themen Wissenschaftliches Poster erstellen, Präsentieren (Präsentationsmethoden, Rhetorik), die Nutzung Akademischer Sozialer Netzwerke wie ReasearchGate, Autoren-IDs wie ORCID und die Verwendung von Literaturverwaltungssoftware erfasst. Damit entstammen vier der fünf Themen mit niedrigem Bedarf dem Komplex Forschungsergebnisse präsentieren.
Als Format für Schulungsangebote werden Online-Formate (8) gegenüber Präsenz (2) bevorzugt. Auch bei Beratungsangeboten gibt es eine Präferenz für Online-Formate (6) gegenüber Präsenz-Formaten (4). (Vgl. Abbildung 6)
Im Weiteren wurden die Promovierenden nach ihren bevorzugten Veranstaltungsformaten befragt – aufgeteilt nach Präsenz- und Online-Formaten. Dabei sollten sie fünf Formate auswählen und in Reihenfolge der Präferenz anordnen. Dabei standen fünf Präsenzformate und neun digitale Formate zur Auswahl. In der Folge weist die Priorisierung der digitalen Formate eine größere Streuung auf.
Als bevorzugte Präsenz-Formate wurde Präsentation/Vortrag und Coffee Lecture gewählt. Die Hälfte der Befragten vergibt für das Format Präsentation/Vortrag einen hohen Rang. Vier Befragte wählen die Präsentation/Vortrag auf Rang 1 und weitere zwei Befragte auf Rang 2. Drei Befragte wählen das Format allerdings auf Rang 4 und Rang 5. Die Coffee Lecture weist auf Rang 1 und 2 zwar nur fünf Antworten auf, im arithmetischen Mittel liegt das Format durch eine geringere Streuung aber vor dem Format Präsentation/Vortrag. In der Rangfolge schließen sich die Formate Workshop, Seminar und BarCamp an.
Bei den Online-Formaten wurden Lehrvideo, Präsentation/Vortrag und Workshop hoch gerankt. Über die Hälfte der Befragten wählt das Lehrvideo auf Rang 1 und Rang 2 (6). Das Format Präsentation/Vortrag erhält auf Rang 1 und 2 summiert fünf Stimmen, gefolgt vom Workshop mit drei Stimmen. Die weiteren Formate Seminar, Materialien im Moodle-Kurs (Checkliste, Handout, Tutorials, …) und Selbstlerneinheiten im Moodle-Kurs, die in Teilen oder als Ganzes bearbeitet werden können, wurden nur mit je einer Stimme auf Rang 1 oder 2 gewählt. Die Formate Wiki oder FAQ-Sammlung; Serious Games, d. h. Materialien mit Gaming-Elementen und Podcast werden von keiner befragten Person auf Rang 1 oder 2 gewählt.
Die Antworten auf die Frage nach der bevorzugten Dauer eines Schulungsangebotes zeigen, dass eine Dauer von bis zu 30 Minuten von der Mehrzahl der Befragten präferiert wird (6). Längere Formate bis zu 60 Minuten (2), bis zu 90 Minuten (3) oder halbtags (2) erhalten geringeren Zuspruch. Sehr kurze Formate mit einer Dauer von bis zu 15 Minuten und ganztägige Formate wurden nicht gewählt.
Um über Schulungs- und Beratungsangebote informiert zu werden, bevorzugen die Promovierenden die Kommunikation per E-Mail-Newsletter (7) und E-Mail (6) sowie Informationen auf der Webseite der Bibliothek (5). Es überwiegt der Wunsch nach anlassbezogener Kommunikation bei neuen Angeboten (8) oder aktuellen Terminen (7). Regelmäßige Informationen bspw. einmal im Monat (5) oder einmal im Semester (3) werden seltener präferiert.
4 Schlussfolgerungen für die Konzeption von Schulungs- und Beratungsangeboten an der TH Aschaffenburg
Aus den Ergebnissen der Befragung lassen sich erste Konsequenzen für die Konzeption von Schulungs- und Beratungsangeboten ableiten. Im Folgenden werden einige erste Ideen dargestellt.
Bei der Konzeption der Angebote sollten Qualifikationsstandards wie der Framework Information Literacy oder der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) berücksichtigt werden, auch wenn ersterer v. a. auf die Vermittlung von Informationskompetenz und weniger auf den Auf- und Ausbau der Publikations- und Datenkompetenz bezogen ist und zudem zu diskutieren ist, inwiefern er die Qualifikationsstufe Promotion ausreichend abbildet. Die Idee des Frameworks jedoch, weniger konkrete Fähigkeiten, sondern vielmehr darüberhinausgehende Kompetenzen und Mindsets zu vermitteln, erscheint für die Zielgruppe sinnvoll.
4.1 Format und Dauer
Grundsätzlich bevorzugt die Zielgruppe Online-Angebote, sowohl bezogen auf Schulungen als auch auf Beratungen und bestätigt damit eine These aus dem Forschungsdesign. Die Vermutung liegt nahe, dass Online-Formate für die Zielgruppe attraktiv sind, da sie sich besser in den Arbeitsalltag integrieren lassen. Es ist anzunehmen, dass diese Erfahrung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie verstärkt wurde und die Zielgruppe darüber hinaus positive Erfahrungen mit den Formaten sammeln konnte. Es sollte daher konkret geprüft werden, welche Themen in welchen Formaten online umgesetzt werden können.
Bei der Präferenz der Dauer wurde von mehr als der Hälfte der befragten Personen eine Veranstaltungszeit von 30 Minuten ausgewählt. Dies verweist auf das Format der Coffee Lecture, das an der TH Aschaffenburg seit 2017 als 30-minütiges Format umgesetzt wird und das in der Befragung unter den aktuellen Angeboten die höchste Nutzung und Zufriedenheit aufweist. In der Ermittlung der bevorzugten Formate wurde die Coffee Lecture – gemeinsam mit Präsentation/Vortrag – ebenfalls hoch gerankt. Das Format scheint damit etabliert und sollte weiter fortgesetzt werden. Hier ist – ähnlich wie im Hinblick auf die Umsetzung der Veranstaltung als Online-Format – zu prüfen, inwiefern sich Themen z. B. durch das Herausgreifen einzelner Aspekte in 30 Minuten darstellen lassen. Die Coffee Lectures können damit als Teaser für weiterführende Angebote dienen. Grundsätzlich scheint eine Konzeption zeitlich kürzerer Formate im Sinne des Microlearnings überlegenswert. Diese Microlearning-Einheiten können als modulare Einheiten wiederum zu verschiedenen umfangreichen Formaten zusammengesetzt werden.
Im Bereich Schulung sind zusammenfassend Angebote zu bevorzugen, die wie die Coffee Lectures bzw. die Lehrvideos Informationen in knapper Form vermitteln. Ergänzend sollten weiterführende und vertiefende Materialien zur Verfügung stehen und das Angebot der Beratung aktiv beworben werden. In Formate, die überwiegend Informationen vermitteln, sollten Aktivierungen eingeplant werden. Dies ermöglicht den Promovierenden eine Übertragung der vermittelten Informationen auf ihre aktuellen Fragestellungen und Problemen, sodass ein erhöhter Mehrwert entsteht.
4.2 Themenkomplex Recherche und Materialbeschaffung
Die Analyse des Informationsverhaltens zeigt, dass die Zielgruppe im Bereich der Recherche bereits gut aufgestellt ist. Als Problem bei der Recherche wurden dennoch wiederholt Probleme beim Zugriff auf nicht-lizenzierte Inhalte (Paywall) angegeben. Um den speziellen Informationsbedarf, der offensichtlich über den aktuellen Bestand der TH-Bibliothek hinausgeht, zu befriedigen, hat die TH-Bibliothek bereits die Coffee Lecture “Ich will doch nur das PDF! Möglichkeiten der Dokumentenbeschaffung” (17.06.2020) angeboten, in der alternative Zugriffswege wie Pre-Print-Server, Fernleihe und Dokumentenlieferdienste sowie unterstützende Tools wie das Browser Add-On Open Access Button oder die Website Unpaywall vorgestellt wurden (vgl. TH-Bibliothek Aschaffenburg 2020). Das Nennen der Probleme zeigt, dass diese Coffee Lecture wiederholt angeboten werden sollte. Zugleich muss das Beratungsangebot, dass auch bei diesen Problemen Hilfestellung bietet, nachhaltiger kommuniziert werden.
Das Thema Zugriff und Informationsbeschaffung sollte zusätzlich in den Recherche-Kurs für Promovierende integriert werden. Das bestehende Kursangebot im Bereich Recherchieren wurde von fünf befragten Personen genutzt und mit “sehr zufrieden” bewertet. Das bestehende Kursangebot richtet sich allerdings primär an Studierende. Es sollte auf die Bedarfe der Promovierenden angepasst und als eigener Kurs angeboten werden. Der Kurs sollte ein höheres Niveau ansprechen und die Themen methodisches Vorgehen, Recherche nach Spezialinformationen und Zugriffswege ins Zentrum stellen. Denkbar ist ein Kurs, der diese Themen nach einer kurzen Einführung (15 Minuten) innerhalb von 45 Minuten behandelt und weitere 30 Minuten für konkrete Fragen reserviert.
4.3 Themenkomplex Publizieren
Der bestehende Moodle-Kurs “Forschen und Publizieren” wurde bisher kaum genutzt. Der Kurs enthält aktuell drei Module (Publish your Paper, Metrics and Networking, Research Data Management), die als Selbstlerneinheiten umgesetzt wurden. Das Format Moodle-Kurs wurde allerdings im Ranking nur von sechs Befragten überhaupt gewählt und dabei überwiegend auf die hinteren Ränge gewählt. Drei Stimmen entfallen dabei auf Rang 4 und jeweils eine Stimme auf die Ränge 2, 3 und 5. Stattdessen wurde das Lehrvideo als bevorzugtes digitales Format gewählt. Als Konsequenz ist zu überlegen, die Inhalte der Selbstlerneinheiten als Lehrvideos umzusetzen und mit begleitenden und weiterführenden Materialien zu ergänzen. Im Sinne des Microlearnings bieten Lernvideos als kürzere Einheiten von 5-10 Minuten die Möglichkeit Antworten auf konkrete Fragen schneller zu finden und zugleich die kürzen Einheiten in Verbindung auch als umfassendere Einführung in ein Thema zu nutzen.
Da es sich bei Lehrvideos um lehrerkonzentrierte Formate handelt, die in der Taxonomie nach Bloom v. a. die Stufen 1 und 2 ansprechen, sollte bei der Konzeption beachtet werden, dass die weiteren Taxonomiestufen ebenfalls angesprochen werden, da dies einen nachhaltigeren Lernerfolg und die Übertragbarkeit in den eigenen Arbeits- und Forschungsalltag sichert (vgl. Hanke, Straub & Sühl-Strohmenger 2013:66–68).
Stufe 6 | Beurteilung auswerten, beurteilen, bewerten, entscheiden, widerlegen |
Stufe 5 | Synthese entwerfen, gestalten, entwickeln, kombinieren |
Stufe 4 | Analyse analysieren, gegenüberstellen, gliedern, klassifizieren |
Stufe 3 | Anwendung anwenden, ausführen, berechnen, interpretieren |
Stufe 2 | Verstehen begründen, einordnen, unterscheiden, vergleichen |
Stufe 1 | Wissen benennen, angeben, aufzählen, vervollständigen |
Tabelle 1 Taxonomie nach Bloom inklusive beschreibender Schlüsselwörter
Dies kann durch Anstöße zur Reflexion z. B. durch (offene) Fragen oder den Verweis auf weiterführende Materialien geschehen. So können die Promovierenden durch Fragen am Ende des Lehrvideos z. B. ihre aktuelle Publikationsstrategie reflektieren oder in weiterführenden Materialien anhand einer Checkliste eine Auswahl an Journals zur Publikation finden. Zusätzlich sollte am Ende der Lehrvideos auf weitere Angebote, insbesondere die Beratungsangebote verwiesen werden.
Im Themenkomplex Publizieren wurden v. a. die Themen Urheberrecht; gute wissenschaftliche Praxis, Zitieren und Plagiatsprüfung sowie Zweitveröffentlichungsrecht genannt. Hier besteht sowohl hoher Schulungs-, als auch Beratungsbedarf. Denkbar wäre ein 60-minütiger Online-Vortrag, der die Themen Urheberrecht, gute wissenschaftliche Praxis, Zitieren und Plagiat einordnet und zugleich ein vertiefendes Beratungsangebot aktiv bewirbt. Zugleich wäre auch eine Umsetzung der Themen in einzelnen Coffee Lectures möglich. Bezüglich dem Thema Plagiatsprüfung, das in der Praxis bereits mehrfach durch Promovierende nachgefragt wurde, erscheint ein konkretes Beratungsangebot sinnvoll, bei dem die Ergebnisse der zuvor durch die Bibliotheksmitarbeiter*in durchgeführte Plagiatsprüfung besprochen werden. Da das Thema Zweitveröffentlichungsrecht besser eingrenzbar ist, bietet sich eine Coffee Lecture an, die die formalen Aspekte des Themas präsentiert und auf das weiterführende Beratungsangebot verweist.
Zum Thema Nutzung des hochschuleigenen Dokumentenservers OPUS besteht an der TH Aschaffenburg mit einer Intranetseite inkl. einem Tutorial bereits ein Informationsangebot. Auf dieser Intranetseite finden Promovierende auch einen Kontakt. Da das Beratungsangebot darüber hinaus nachgefragt wurde, sollte dieses stärker beworben werden. Auch zu weiteren Themen im Bereich Publizieren wurde ein Beratungsangebot nachgefragt. Das Angebot sollte im Weiteren ausgearbeitet und kommuniziert werden. Dabei müssen Beratungsgrundsätze formuliert werden, die das Angebot ein- und abgrenzen. Zu überlegen ist, ob ein separater Informationseinstieg für Promovierende – äquivalent zu den bestehenden Zielgruppeneinstiegen auf der Startseite der TH-Bibliothek – das Beratungsangebot (wie auch die weiteren Angebote) besser sichtbar macht (vgl. TH-Bibliothek Aschaffenburg 12.02.2021).
4.4 Themenkomplex Forschungsergebnisse präsentieren
Im Themenkomplex Forschungsergebnisse wurde einzig das Thema Verbesserung der Sichtbarkeit der eigenen Forschungsleistung (z. B. Impact erhöhen, Bibliometrie, h- Index) hoch gerankt. Hier erscheint ein Workshop-Format sinnvoll, bei dem die Promovierenden kurze Input-Vorträge erhalten und diese Informationen im Anschluss auf ihre eigene Forschungsarbeit übertragen, sodass sie im Verlauf des Workshops eine individuelle Strategie erarbeiten. Auch hier ist ein Beratungsangebot sinnvollerweise zu ergänzen.
4.5 Themenkomplex Forschen und Arbeiten
Im Themenkomplex Forschen und Arbeiten wurde zum Thema Open Science ein hoher Schulungs-, aber geringer Beratungsbedarf rückgemeldet. Da das Thema verschiedene Aspekte umfasst, erscheint eine umfassendere Einführung als 60-minütiger Vortrag sinnvoll, bei dem der weitere konkrete Themenbedarf für weitere Vorträge, Workshops oder Coffee Lectures identifiziert werden kann.
Da zu den Themen Software zum kollaborativen Arbeiten und Nutzung virtueller Forschungsumgebungen sowohl ein hoher Schulungs-, als auch Beratungsbedarf genannt wurde, empfehlen sich Kleingruppen-Workshops. In diesen kann die Benutzung der konkreten Tools vorgeführt werden und zugleich besteht die Möglichkeit konkrete Fragen und Anwendungsfälle zu besprechen. Hier ist aufgrund der zu erwartenden Thementiefe zu prüfen, inwiefern der Einbezug von Partnern wie Mitarbeiter*innen des IT-Services oder externer Dozenten möglich ist.
Bei der Konzeption der Schulungs- und Beratungsangebote ist mitzudenken, wie diese in die Hochschule integriert werden können. Eine Anbindung an bestehende Strukturen wie das Doktorandenkolleg kann zum Erfolg des Angebotes beitragen. Ebenso ist zu prüfen, wo Partner und Entscheider, Stakeholder, Gatekeeper und Multiplikatoren wie bspw. die Hochschulleitung, Forschungsreferent*innen, Forschungsmarketing einbezogen werden können und sollten. Die in der Befragung erfassten zielgruppenspezifischen Wünsche zu Kommunikationswegen und –anlässen sollten in der Bewerbung der neuen Angebote berücksichtigt werden. Da die Zielgruppe der Promovierenden eine hohe Fluktuation hat, sind regelmäßigen Marketingmaßnahmen auch für bestehende Angebote erforderlich.
5 Fazit
HAW-Bibliotheken sollten Promovierende als wichtige Zielgruppe mit eigenen Angeboten bedienen, die deren konkreten Bedarf aufgreifen. Promovierende sind zum einen durch ihre Einbindung in die Lehre und Betreuung von Bachelor- und Masteranden wichtige Multiplikatoren. Zum anderen sind sie mit ihrem Beitrag zur Forschungsleistung ein zentraler Bestandteil der Reputation einer Hochschule und damit ein wichtiger Faktor im Hinblick auf die Profilbildung der Einrichtung.
Da Studien Promovierende an HAWs als Zielgruppe mit ihren fachspezifischen Besonderheiten selten (ausreichend) erfassen, empfiehlt sich eine Analyse – z. B. in Form einer Befragung – an der eigenen Einrichtung. So kann, wie im vorliegenden Fall, der konkrete Bedarf an Themen und Formaten erfasst werden, auf dessen Grundlage Schulungs- und Beratungsangebote zielgruppenspezifisch und bedarfsgenau konzipiert werden können. Die Ergebnisse sind somit für die Weiterarbeit an der eigenen Einrichtung überaus nützlich, auch wenn sie darüber hinaus nicht repräsentativ sind. Über eine umfassendere Umfrage mit weiteren Promovierenden an HAWs könnte untersucht werden, inwiefern die Ergebnisse auf Promovierende der Ingenieurwissenschaften an anderen HAWs übertragen werden können – insbesondere wenn diese eine andere Zusammensetzung an Disziplinen aufweisen. Damit einhergehend könnte zudem die Frage geklärt werden, inwiefern Schulungs- und Beratungsangebote für die gesamte Fächergruppe Ingenieurwissenschaften angeboten werden können oder, ob sie weiter nach Disziplinen ausdifferenziert werden müssen. Die Zuordnung der Promotionsprojekte in der Befragung zeigt eine nicht zu vernachlässigende interdisziplinäre Ausrichtung. Es ist aber auch zu klären, inwiefern die gemeinsame Qualifikationsstufe der Promotion als verbindendes Element disziplinübergreifende Angebote trägt. So ist für HAW-Bibliotheken im Hinblick auf ihre Ressourcen abzuwägen, inwiefern eine weitere Ausdifferenzierung gewährleistet werden kann.
Der in der Befragung ermittelte Bedarf erfasst nur die subjektive Einschätzung des Schulungs- und Beratungsbedarfes der Zielgruppe, nicht aber ihren objektiven Bedarf. In einer umfassenderen Studie zum Bedarf der Zielgruppe sollten daher weitere Methoden wie Situational Judgment Tests ergänzt werden, die den objektiven Bedarf erfassen (vgl. Mayer 2016:44–46). Dies soll jedoch den erfassten subjektiven Bedarf keinesfalls schmälern, da ein objektiv ermittelter Bedarf, der subjektiv nicht als solcher empfunden wird, nicht zur Nutzung von Schulungs- und Beratungsangeboten führt. Ebenfalls sollte in einem weiteren Schritt der Bedarf an technischen Infrastrukturen zur Forschungsunterstützung (z. B. Tools zum Forschungsdatenmanagement) sowie zugehörigen Dienstleistungen erfasst werden.
Literaturverzeichnis
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Grahl, Tina 2021. Fragebogen zur Befragung der TH-Bibliothek Aschaffenburg zum Informations-, Publikations- und Forschungsverhalten sowie zum Bedarf an Schulungs- und Beratungsangeboten: Zenodo.
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AutorInnen
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Tina Grahl, tina.grahl@th-ab.deTH-Bibliothek Aschaffenburg, Würzburger Straße 45, 63743 Aschaffenburg