Informationspraxis mitgestalten?
Hier steht, wie's geht!
DOI: https://doi.org/10.11588/ip.2022.1.89493
Workshop-Bericht “Journals in der Open-Access-Transformation”
Zusammenfassung
In einem virtuellen Workshop diskutierten fünf vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Beschleunigung der Transformation zu Open Access geförderten Projekte B!SON, CODRIA, KOALA, OPTIMETA und Scholar-led Plus ihre Zwischenergebnisse mit der Fachöffentlichkeit.
Schlüsselwörter
Open-Access-Transformation, Scholar-Led Journals, Diamond Open Access, Recommender
Report from the workshop “journals in the open access transformation”
Abstract
In a virtual workshop, five projects funded by the Federal Ministry of Education and Research (BMBF) to accelerate the transformation to open access, B!SON, CODRIA, KOALA, OPTIMETA and Scholar-led Plus, discussed their interim results with the expert public.
Keywords
Open Access Transformation, Scholar-Led Journals, Diamond Open Access, Recommender
Veröffentlichung: 12.09.2022 in Informationspraxis Bd. 8, Nr. 1 (2022)
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert aktuell 20 Projekte, um die Transformation des wissenschaftlichen Publikationswesens hin zu Open Access voranzutreiben. Fünf dieser Projekte – B!SON, CODRIA, KOALA, OPTIMETA und Scholar-led Plus – entdeckten im Verlaufe ihrer Arbeit Schnittmengen sowohl auf der inhaltlichen Ebene als auch bezüglich der von ihnen adressierten Zielgruppen, zu denen bei allen Projekten „Journals in der Open-Access-Transformation” gehören. Aus diesem Grund organisierten die Projekte einen gleichnamigen Workshop am 19. Mai 2022, in dem die bisher erreichten Zwischenergebnisse der interessierten Fachöffentlichkeit präsentiert und mit ihr diskutiert wurden. Die Veranstaltung fand online statt und die Teilnahme war kostenlos. Insgesamt nahmen etwa 90 Personen am Workshop teil.
Nach einer kurzen Begrüßung und organisatorischen Hinweisen folgte zuerst ein Input aus dem CODRIA-Projekt zu Diamond Open Access und Erkenntnissen aus dem Projekt. Nach einer Pause stellten sich die übrigen vier Projekte kurz vor, worauf es in die Projekt-Sessions ging. Jeweils parallel stellten zuerst KOALA und OPTIMETA ihre Zwischenergebnisse zur Diskussion, nach einer weiteren kurzen Pause folgten dann B!SON und Scholar-led Plus.
2 Input: CODRIA
Der Vortrag zum Projekt CODRIA diente dazu, die Teilnehmer*innen des Workshops über die Ziele des Projekts zu informieren und ihnen eine Übersicht über den Arbeitsstand zu geben. Ziel des Projekts ist es, die Landschaft der Diamond-Open-Access-Journale, also Zeitschriften, die unmittelbaren freien digitalen Zugang zu sämtlichen Publikation bieten und keine Publikationsgebühren verlangen, in Deutschland zu kartieren. Dabei sollen auch deren wissenschaftliche Performance bestimmt, eine Kostenanalyse mit einem exemplarischen Sample von Journalen durchgeführt sowie die Handlungsfreiheiten und Restriktionen für Herausgeber*innen untersucht werden, die aus dem Betriebsmodell resultieren.
Im ersten Teil des Vortrags wurden die Ergebnisse dieses Mappings präsentiert. Auf zweierlei Wegen wurde hier eine Liste deutscher Diamond-OA-Journale erzeugt: Erstens wurden ausgehend von einem Verzeichnis von Instanzen der Software Open Journal Systems (OJS) die dort gehosteten Zeitschriften zusammengetragen. Zweitens wurden auf Basis verschiedener Datenquellen (Directory of Open Access Journals (DOAJ), PubMed Central, ROAD und Unpaywall) Listen mit Journalen erstellt. Eingeschränkt wurden diese auf Journale aus Deutschland, indem bei Vorliegen einer URL nach der Top-Level-Domain ‘.de’ gesucht wurde. Zudem wurden die vorliegenden Address-Strings nach den Städtenamen deutscher Universitätsstandorte sowie nach den Namen außeruniversitärer Forschungseinrichtungen durchsucht. Beide Listen wurden sodann händisch dahingehend geprüft, ob es sich bei den Journalen tatsächlich um eine OA-Zeitschrift handelt, die auf die Erhebung von Publikationsgebühren verzichtet. Dazu wurden die Webseiten der Journale nach Hinweisen auf mögliche Publikationsgebühren bzw. den Verzicht darauf durchsucht. In Fällen, in denen Unklarheit bestand, wurden die Herausgeber*innen angeschrieben und um Auskunft gebeten.
Die finale Liste deutscher Diamond-OA-Journale (Bruns et al. 2022) umfasst insgesamt 345 Medien, wobei die fachlichen Schwerpunkte im Bereich der Sozialwissenschaften (38,0 %) und der Geisteswissenschaften (33,0 %) liegen. Den Naturwissenschaften sind dabei 13,3 % der Zeitschriften zuzurechnen, mit einem deutlichen Schwerpunkt in der Mathematik. Zu bemerken ist zudem, dass die Ränder der Diamond-OA-Landschaft unscharf sind. Bei der Mehrheit der Medien handelt es sich um Journale (275), es finden sich aber darunter auch verschiedene Schriftenreihen, Working Paper Series (13), Buchreihen (4) sowie Publikationsorgane, mit denen Forschungsorganisationen ihre Ergebnisse verbreiten (11). Hervorzuheben ist daneben die Existenz der 23 Wissenschaftsblogs, die den Einschlusskriterien der Diamond-OA-Liste entsprechen.
Der zweite Teil des Vortrags bestand aus der Präsentation von ersten Ergebnissen aus den Interviews mit Herausgeber*innen von Diamond-OA-Journalen. Anhand von vier Beispielen wurde die Diversität verdeutlicht, die in der deutschen Landschaft anzutreffen ist. Nicht nur unterscheiden sich die Journale hinsichtlich des Publikationsoutputs, der von kleineren Publikationszahlen im jährlich einstelligen Bereich bis hin zu mehr als 200 Artikeln pro Jahr reichen kann. Auch die Finanzierungsmodelle differieren stark und schließen die Unterstützung durch einen Forschungsförderer, die weitgehend unbezahlte Tätigkeit einer Vielzahl an Beteiligten an dem Journal, die Kooperation mit einem technischen Partner wie einer Bibliothek oder einem Fachinformationszentrum oder die Finanzierung durch eine Stiftung bei Integration sämtlicher Aufgaben in einer wissenschaftlichen Einrichtung mit ein. Schließlich verweisen erste vorläufige Ergebnisse der Kostenanalyse auf eine große Spannbreite der Kosten je Artikel (APC-Äquivalente). Deutlich werden allerdings bereits hier die Grenzen des Vorgehens. Gerade die von den Beteiligten für den Betrieb des Journals aufgewandte Zeit lässt sich kaum standardisiert erheben und wird hier zu Unschärfen des Ergebnisses führen. Zudem werden in manchen Diamond-OA-Journalen die Beteiligten für ihre Aufgaben für die Zeitschrift entlohnt, während in anderen Fällen die Tätigkeit unbezahlt neben anderer wissenschaftlicher Tätigkeit und in aller Regel auf einer Vollzeitstelle erbracht wird. Entsprechend geht die aufgewendete Arbeitszeit nicht in identischer Weise in die Kostenrechnung ein. Auch diese methodischen Probleme, die sich im Rahmen des Projekts CODRIA stellen, verdeutlichen noch einmal die Vielfältigkeit der deutschen Diamond-OA-Landschaft.
3 Session 1: B!SON
Die Teilnehmenden der Session zum Projekt B!SON konnten – nach einer kurzen Einführung in das Empfehlungssystem B!SON und Informationen zum Projekt – die Betaversion von B!SON testen und ihre Rückmeldungen mit dem Projektteam und anderen Teilnehmenden diskutieren.
B!SON ist ein Empfehlungssystem, das Nutzenden aufgrund eingegebener Manuskriptbestandteile qualitätsgesicherte Open-Access-Zeitschriften vorschlägt, die für eine Einreichung interessant sein könnten. Nach Eingabe von Titel, Abstract und zitierter Literatur eines Manuskripts werden mit semantischen und bibliometrischen Verfahren Zeitschriften identifiziert, in denen ähnliche Beiträge erschienen sind. Der Vergleichskorpus für die Ähnlichkeitsbestimmung zwischen Nutzendeneingaben und bereits erschienenen Beiträgen setzt sich aus Artikelmetadaten von im DOAJ gelisteten Zeitschriften und dem COCI-Datensatz von OpenCitations zusammen. B!SON wird Open Source zur Verfügung gestellt, Projektpartner sind die Technische Informationsbibliothek (TIB) und die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Nach vorbereitenden Arbeiten – einer Anforderungserhebung (Hartwig & Eppelin 2021), einer Datenanalyse sowie der Softwareentwicklung von Algorithmus und User Interface – stand im Frühjahr 2022 die Betaversion von B!SON zur Verfügung (Eppelin et al. 2022).
Die Teilnehmenden nutzten in der Session die Betaversion des Empfehlungssystems mit eigenen Testdaten – Titel, Abstract und Referenzen von noch nicht oder bereits erschienenen Publikationen. Sie übermittelten direkt im Anschluss über ein Pad bzw. per Wortmeldung ihr Feedback zur Qualität der Ergebnisse und zur Usability. Das User Interface der Betaversion mit seinen vier Nutzungsschritten – Eingabemaske für Manuskriptteile (Titel, Abstract, Literaturliste), Ergebnisansicht mit Score, Filterfunktion, Journalprofilseiten – wurde als gut nutzbar und selbsterklärend eingeschätzt. Es gab einige Vorschläge zur Verbesserung der Funktionalität, wie die Möglichkeit, alle Eingaben mit einem Klick zu löschen, oder eine zusätzliche Filteroption für die Ergebnisse nach der Publikationssprache. Insgesamt bewerteten die Teilnehmenden die Ergebnisse als gut brauchbar. Unterschiede ergeben sich aufgrund der unterschiedlichen Verfügbarkeit von (Open-Access-)Zeitschriften in den verschiedenen Fächern oder auch durch Umfang und Spezifität der Eingabedaten. Die Aktualität und Korrektheit der für die Ähnlichkeitsermittlung genutzten Daten (insbesondere des DOAJ) ist ebenfalls wichtig; hier gab es Nachfragen zum Aktualisierungsmodus des Empfehlungssystems und zu den Möglichkeiten, Fehler in den Datenquellen zu korrigieren. Besonders wichtig für den Nutzen des Empfehlungssystems ist der so genannte Score, das zu jeder vorgeschlagenen Zeitschrift angegebene Maß der Ähnlichkeit zu den Eingabedaten. Der Score ist der zentrale Indikator für die inhaltliche Passgenauigkeit der Ergebnisse und soll diese für die User*innen unmittelbar nachvollziehbar machen. Die Teilnehmenden diskutierten, wie die Darstellung des Score noch verbessert werden kann. Auch wurde nachgefragt, wie der Score genau berechnet wird – eine detaillierte Offenlegung der genutzten Verfahren zur Ähnlichkeitsermittlung und des hieraus resultierenden Score erscheint sinnvoll (auf der B!SON-Website in einer ersten Version verfügbar).
Bis Anfang 2023 werden im Projekt – neben der weiteren Verbesserung der Betaversion aufgrund von Rückmeldungen wie in diesem Workshop – weitere Funktionalitäten entwickelt, die sich vorrangig an Bibliotheken richten. Diese werden eine Einbindung in institutionelle Webangebote sowie die Anpassung der Empfehlungen an lokale Bedingungen (z. B. Listen förderbarer Zeitschriften) ermöglichen.
4 Session 2: KOALA
Im Projekt KOALA (Konsortiale Open-Access-Lösungen aufbauen) wollen die beiden Projektpartner, TIB und das Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz, konsortiale Lösungen zur Finanzierung von Open Access etablieren. Ziel ist es, gemeinsam eine nachhaltige, gemeinschaftliche Finanzierung von Open-Access-Zeitschriften und -Schriftenreihen aufzubauen, die den Betrieb ohne Kosten für Autor*innen ermöglicht. Die gemeinschaftliche Finanzierung von Open-Access-Zeitschriften und -Buchreihen durch wissenschaftliche Bibliotheken stellt eine Alternative zum dominanten APC-Modell dar, bei dem Artikel einzeln von Autor*innen oder ihren Institutionen bezahlt werden. Die durch KOALA geschaffene Infrastruktur ermöglicht eine faire und nachhaltige Finanzierung qualitätsgesicherter Open-Access-Publikationen. Sie trägt dazu bei, finanzielle Hürden für Autor*innen abzubauen und damit die Teilhabe an Open-Access-Publikationen zu erleichtern.
In der Session wurden zunächst das Projekt und die bisherigen Ergebnisse vorgestellt. Diese umfassen die Mindeststandards für Zeitschriften und Schriftenreihen sowie das Modell, mit dem die erste Finanzierungsrunde umgesetzt werden soll und nicht zuletzt die ersten beiden Bündel, die ab 2023 für drei Jahre durch KOALA-Konsortien finanziert werden sollen. Die sogenannte Pledgingphase, während der Bibliotheken und andere Akteur*innen ihre Teilnahme an der konsortialen Finanzierung anzeigen können, startete kurz nach dem Workshop, sodass die Bündel noch nicht offiziell vorgestellt werden konnten. Mögliche Kandidaten für KOALA sind sowohl Zeitschriften und Schriftenreihen, die bereits im (ggf. APC-freien) Open Access erscheinen, als auch solche, die noch durch Subskriptionen oder APC/BPC finanziert werden.
Wichtig ist, dass die teilnehmenden Publikationsorgane alle Publikationen, die durch KOALA finanziert werden, entsprechend den Mindeststandards1 veröffentlichen. Dazu gehören neben der APC-/BPC-freien Open-Access-Zugänglichmachung u. a. Lizenzvorgaben wie die Veröffentlichung unter CC BY oder CC BY-SA, bestimmte Metadatenstandards, transparente Begutachtungsprozesse und die (angestrebte) Indexierung im DOAJ. Die Mindeststandards orientieren sich am Anforderungskatalog der Initiative Plan S2 sowie weiteren internationalen Open-Access-Initiativen und sollen dazu beitragen, Qualitätsstandards im Bereich Open Access zu etablieren und weiterzuentwickeln.
Im KOALA-Modell werden passende Zeitschriften und Schriftenreihen in disziplinären Bündeln zusammengefasst. Die teilnehmenden Publikationsorgane melden ihre Finanzbedarfe für den nachhaltigen Betrieb ihrer Publikation an KOALA, und auf dieser Basis wird eine Preisstaffelung ermittelt, der sich die Unterstützer*innen entsprechend ihrer Größe zuordnen können.3 Die Zeitschriften und Schriftenreihen erhalten dann über drei Jahre eine Finanzierung aus dem KOALA-Konsortium.
Im Anschluss wurden Rückfragen der Teilnehmenden beantwortet, z. B. ob auch Neugründungen für eine Finanzierung durch KOALA infrage kommen. Dies ist derzeit leider nicht möglich, da das Modell darauf beruht, dass der Finanzbedarf rückblickend auf eine gewisse Anzahl von Jahren ermittelt wird und diese Basis bei Neugründungen nicht gegeben ist. Hier liegt sicherlich ein Entwicklungspotential, das ggf. auch andere Modelle aufgreifen könnten.
5 Session 3: OPTIMETA
Zu Beginn wurde das Projekt OPTIMETA kurz vorgestellt (Nüst et al. 2022): OPTIMETA zielt darauf ab, die Sichtbarkeit und Vernetzung von Artikeln aus Open-Access-Zeitschriften über die Anbindung von Zitationsdaten und raumzeitlichen Metadaten an offene Datenquellen zu fördern (vgl. Hauschke et al. 2021).
Um im weiteren Verlauf der Session zielgruppengerecht arbeiten zu können, wurden in einem interaktiven Element mithilfe eines digitalen Whiteboards Hintergrund und Interessen der Teilnehmenden erfasst. Hier zeigte sich, dass ein Großteil der Teilnehmenden im Bibliothekskontext und in der Publikationsinfrastruktur verortet ist, zudem waren Redaktionsmitarbeiter*innen und Wissenschaftler*innen vertreten – kurz: eine interessierte Zielgruppe, die die technischen Entwicklungen aus dem Projekt OPTIMETA sinnvoll nutzen und wertvolle Anregungen für die Umsetzung geben kann.
Die verbleibende Zeit dieser Session wurde den beiden im Rahmen von OPTIMETA entwickelten Plugins für Open Journal Systems gewidmet, die eine strukturierte Erfassung und die Anbindung von Zitations- und Geometadaten an offene Datenquellen ermöglichen. Das Zitationsplugin ermöglicht das Erstellen von semantisch bedeutsamen Daten über Zitationen einer Einreichung. Der Volltext der Zitationen aus dem Dokument wird mit Hilfe von offenen Datenbanken, insbesondere OpenAlex, in Zitationsdaten umgewandelt und fehlende Informationen werden ergänzt. Diese vollständigen Zitationsdaten können geprüft werden und sollen bei der Veröffentlichung eines Artikels wiederum in offenen Datenbanken, wie z.B. Wikidata oder dem Open Research Knowledge Graph, veröffentlicht werden. So können Publikationen der diversen Journale auf Basis von OJS in szientometrische Analysen von Zitationsdaten einbezogen werden.
Das Geoplugin erhebt zu jeder Einreichung räumliche und zeitliche Metadaten. Autor*innen können über eine interaktive Karte und einen Kalender den geographischen Bereich und den Zeitraum angeben, den ein Artikel behandelt. Diese Daten können dann auf der Artikelseite, aber auch übergreifend für viele Artikel einer Zeitschrift kartographisch dargestellt werden und erlauben so das Verknüpfen von Artikeln über übliche Verschlagwortungen und Textsuchen hinweg. Insbesondere können diese Daten auch in die Artikelseiten eingebettet werden und so in einem zeitschriftenübergreifenden Geoportal gesammelt werden. Damit werden neue Verbindungen zwischen Artikeln auf Basis ihrer raum-zeitlichen Eigenschaften über Disziplingrenzen und Verlage hinweg geschaffen.
Nachdem die Teilnehmenden die Gelegenheit hatten, die Plugins in einer eigens bereit gestellten OJS-Instanz selbst auszuprobieren, begann eine lebhafte Diskussion, in der auch Wünsche bezüglich der Weiterentwicklung geäußert wurden. So muss insbesondere die Nutzendeninteraktion so einfach wie möglich sein. Es wurde aber auch erwähnt, dass man die ganze Komplexität des Umgangs mit Metadaten im Publikationsprozess vielleicht besser nicht verstecken sollte. “Digitale Inkompetenz” zu fördern, dürfe nicht das Ziel sein, stattdessen sei eine gewisse Souveränität im Umgang mit Metadaten auch seitens der Autor*innen wünschenswert und müsse gefordert und gefördert werden.
6 Session 4: Scholar-led Plus
Zu Beginn der Sessions stellte Marcel Wrzesinski die Grundstruktur von Scholar-Led Plus vor: Die schwierige Situation von wissenschaftsgeführten, gebührenfreien Open-Access-Zeitschriften (scholar-led Diamond OA) anerkennend, möchte das Projekt durch Beratung und Netzwerkarbeit einen Beitrag zur deren Absicherung leisten. Dafür wurden im Projekt zunächst die vorhandenen Unterstützungsangebote und Bedarfe für scholar-led Diamond OA im Rahmen einer Literaturstudie, einer Umfrage und eines Stakeholderworkshops erkundet. Dabei zeigten sich beträchtliche Unterschiede in den Bilanzen, den Abrechnungsmöglichkeiten und Unterstützungsbedarfen der Zeitschriften. Zugleich stehen die Qualität, die Reputation und die Weiterentwicklung von scholar-led Diamond OA bei allen Interessensgruppen im Zentrum der Arbeiten. Insgesamt, so betonten sie, brauche es belastbare, langfristige und gemeinschaftlich organisierte Unterstützung in Form von Finanzierung und Beratung.
Um zumindest einem Teil dieser Bedarfe zu entsprechen, stellte das Projekt das Konzept eines tragfähigen, innovativen Community-Netzwerks (genannt KAMBIUM) vor, welches niedrigschwellige Beratung, Austausch und Interessensvertretung ermöglicht. Zu den Aufgaben von KAMBIUM müssten folgende gehören: (1) Entwicklung von bedarfsorientierten und praxisnahen Handreichungen in Zusammenarbeit mit Expert*innen aus der scholar-led Community; (2) Aufbau eines Systems unmittelbarer, zeitnaher Einzelberatung zu spezifischen Themen für scholar-led Zeitschriften und Blogs; (3) regelmäßige Netzwerktreffen und Roundtables, um Maßnahmen der Außendarstellung und Interessensvertretung zu koordinieren.
In der anschließenden Diskussion wurde angemerkt, dass KAMBIUM Schnittmengen zu anderen Projekten (z. B. KOALA) habe und hier zusammengearbeitet werden könnte. Auch wurde auf die digitalen Fokusgruppen des open-access.network verwiesen, die bereits Beratungs- und Netzwerkarbeit zu ausgewählten Themen leisten. Für den Scholar-led Diamond-OA-Kontext biete speziell die Fokusgruppe “scholar-led.network” inhaltliche Anknüpfungspunkte. KAMBIUM könnte hier mit seinen Ressourcen die Arbeit der Fokusgruppe unterstützen. Speziell mit Blick auf die Weiterführung von KAMBIUM nach Ende des Projektes “Scholar-led Plus” sollten, so der Hinweis, Verbindungen zum open-access.network geprüft und eine intensive Kooperation angestoßen werden.
Die Session endete mit einem Aufruf zur Mitarbeit: Wer sich am Community-Netzwerk KAMBIUM beteiligen möchte, kann direkt mit Marcel Wrzesinski Kontakt aufnehmen. In den nächsten Monaten wird es hierzu mehrere interaktive Aufbauformate geben.
7 Abschluss und Ausblick
Die beteiligten Projektteams danken den interessierten und engagierten Teilnehmer*innen für den Besuch des Workshops. Die erfreulich hohe Teilnehmer*innenzahl sendet ein motivierendes Signal für die Arbeit der Projekte, denn sie ist nicht nur ein Zeichen für die allgemein große Aufmerksamkeit, die dem Thema Open-Access-Transformation geschenkt wird, sondern gleichfalls eine Anerkennung der Ziele und Ambitionen der Projekte. Die Chance, die Zwischenergebnisse nicht nur mit bereits bestehenden Kooperationspartnern, sondern auch mit einer breiteren Öffentlichkeit zu teilen und im direkten Austausch zu diskutieren, ist besonders hilfreich, weil neue Kontakte geknüpft werden konnten und weil frühes Feedback die Projekte bei der Zielerreichung unterstützt. Daneben war das Event auch für den Blick über den Tellerrand zwischen den Projekten sehr nützlich, da konzentriert und kompakt der aktuelle Stand präsentiert wurde. Diese Form der Vernetzung und des Austausches zwischen inhaltlich verwandten Projekten hat sich für alle Beteiligten einerseits inhaltlich als gewinnbringend erwiesen, andererseits hat die durch die vereinten Kräfte verbesserte Öffentlichkeitsarbeit auch dazu beigetragen, die Erkenntnisse aller Projekte einem breiteren Interessenkreis bekannt zu machen und somit den Technologie- und Wissenstransfer von den Projekten in die Praxis zu befördern. Dass mehrere Projekte bereits Prototypen zum praktischen Ausprobieren zur Verfügung stellen konnten, darf mit Blick auf die Projektziele als vielversprechend interpretiert werden. Diese Eindrücke und das Feedback aller Teilnehmenden werden die Projektteams in nächster Zukunft verarbeiten. Diverse nachfolgende Gespräche werden ebenfalls bereits geplant. Wegen dieser positiven Impulse sollte eine Wiederholung dieses Workshop-Formats gegen Ende der Projektlaufzeiten angestrebt werden.
8 Quellen
Bruns, Andre; Taubert, Niels; Cakir, Yusuf; Kaya, Sibel, & Beidaghi, Samaneh. (2022). Diamond Open Access Journals Germany (DOAG). https://doi.org/10.4119/unibi/2963331
Eppelin, Anita; Entrup, Elias; Hoppe, Anett (2022): Vorhang auf für B!SON beta. TIB Blog, 12.5.2022. https://blogs.tib.eu/wp/tib/2022/05/12/vorhang-auf-fuer-bison-beta/
Hartwig, Josephine; Eppelin, Anita. (2021): Welche Journaleigenschaften sind für Wissenschaftler*innen bei der Journalauswahl für ihre eigenen Publikationen entscheidend? Ergebnistabellen einer Online-Umfrage [Data set]. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.5412197
Hauschke, Christian; Nüst, Daniel; Cordts, Anette; Lilienthal, Svantje (2021): OPTIMETA – Strengthening the Open Access publishing system through open citations and spatiotemporal metadata. Research Ideas and Outcomes 7: e66264. https://doi.org/10.3897/rio.7.e66264
Nüst, Daniel; Cordts, Anette; Yücel, Gazi; Hauschke, Christian (2022). OPTIMETA @ Workshop “Journals in der Open-Access-Transformation”. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.6602706
Wrzesinski, Marcel (2021). Open Access, aber nicht umsonst: Robuste Finanzierung für wissenschaftliches Publizieren. Digital Society Blog, 26.08.2021. https://www.hiig.de/open-access-aber-nicht-umsonst-robuste-finanzierung-fuer-wissenschaftliches-publizieren/
Waidlein, Nicole; Wrzesinski, Marcel; Dubois, Frédéric, & Katzenbach, Christian. (2021). Working with budget and funding options to make open access journals sustainable. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.4558790
Fokusgruppe scholar-led.network. (2021). Das scholar-led.network-Manifest. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.4925784
AutorInnen
-
Anette Cordts, anette.cordts@tib.euTechnische Informationsbibliothek (TIB)Elias Entrup, elias.entrup@tib.euTechnische Informationsbibliothek (TIB)Anita Eppelin, anita.eppelin@tib.euTechnische Informationsbibliothek (TIB)Christian Hauschke, christian.hauschke@tib.euTechnische Informationsbibliothek (TIB)Daniel Nüst, daniel.nuest@uni-muenster.deWestfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU)Katharina Schulz, katharina.schulz@tib.euTechnische Informationsbibliothek (TIB)Niels Taubert, niels.taubert@uni-bielefeld.deUniversität BielefeldMarcel Wrzesinski, marcel.wrzesinski@hiig.deAlexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft