Der Stuttgarter Psalter - (K)eine Quelle für die Archäologie des Frühmittelalters?

  • Timm Weski (Autor/in)

Abstract

Der Stuttgarter Psalter – (k)eine Quelle für die Archäologie des Frühmittelalters?
Die zahlreichen Illustrationen des angeblich zwischen 820 und 830 im Skriptorium des Klosters Saint-Germain-des-Prés entstandenen sogenannten Stuttgarter Psalters werden in der deutschsprachigen Literatur zur Archäologie der Merowinger- und Karolingerzeit gerne für historische Interpretationen, z. B. für die Bekleidung, genutzt. Die Darstellungen wirken sehr realistisch, sodass oft der Eindruck entsteht, ein Gegenstand, Kleidungsstück oder die Tragweise eines Schwertes ließe sich im archäologischen Fundgut identifizieren. In einigen Fällen, wie bei Schildbuckeln oder Scheibenfibeln, ist dies der Fall – allerdings sind vergleichbare Formen oft schon vor der Entstehungszeit des Buches durch Funde nachgewiesen und können deshalb nicht als Abbild der Sachkultur der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts angesehen werden. Dieser Quellenwert für die Karolingerzeit wird von der kunsthistorischen Forschung zum Psalter nicht aufgegriffen; stattdessen werden die mediterranen Vorbilder, die bis in die Spätantike zurückreichen, betont. Die Auswertung von verschiedenen Illustrationen ergab, dass nur in seltenen Fällen die abgebildeten Dinge tatsächlich als typisch für die Karolingerzeit gelten können. Da diese Datierung auf Bodenfunden beruht, bedeutet dies, dass man mit der Archäologie den Wahrheitsgehalt einer Darstellung nachweisen kann, aber nicht umgekehrt.

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Veröffentlicht
2020-11-27
Sprache
de
Beitragende/r oder Sponsor
RGZM
Schlagworte
Frühmittelalter, 9. Jh. n.Chr., Mitteleuropa, Schriftquellen, bildliche Darstellungen, Waffen, Kleidung