Taufkannen der Karolingerzeit. - Mit einem Exkurs: Die Bronzekanne aus Lissabon

  • Mechthild Schulze-Dörrlamm (Autor/in)

Abstract

Allgemeiner Auffassung nach sollen im frühen Mittelalter bei der Taufe keine Taufkannen verwendet worden sein. Bildliche Darstellungen und archäologische Funde beweisen jedoch, dass Täuflinge spätestens zur Karolingerzeit nicht nur untergetaucht, sondern auch mit Wasser übergossen wurden. Auf einem Relief jenes Goldaltares, den Meister Wolvinius im Auftrag des Mailänder Erzbischofs Angilbert II. (825 - 859) für Sant´ Ambrogio in Mailand geschaffen hat, ist zu sehen, wie ein Diakon dem im Taufbecken stehenden hl. Ambrosius mit einer Metallkanne Wasser über den Kopf schüttet. Von den dazu benutzten vasa non sacra blieben nur wenige erhalten, z. B. eine zierliche, vermutlich in Italien gefertigte Bronzekanne im Besitz des RGZM, die vor dem Ersten Weltkrieg bei Arras gefunden wurde und aus stilistischen Gründen in das 9. Jahrhundert datiert werden kann. Auf ihrer Schulter trägt sie ein eingraviertes Christogramm zwischen zwei Pfauen als Sinnbild christlicher Hoffnung auf Ewiges Leben im Paradies, das nur durch die Taufe zu erlangen ist. Deshalb dürfte dieses Gefäß ebenso als Taufkanne gedient haben wie jene Kanne ähnlicher Form und Verzierung, die Mitte des 19. Jahrhunderts beim Taufbecken der römischen Basilika S. Stefano in via Latina ausgegraben worden war.
Exkurs: Vorgestellt wird die kaum bekannte Bronzekanne des Giseric und der Sucessa aus Lissabon im Museu Luso-Alemão zu Belas, die einen Dekor aus eingravierten Ranken sowie die lateinische Inschrift GISERICI ET SVCESSE VITA + trägt. Bisher wurde sie irrtümlich für die Taufkanne des Wandalenkönigs Geiserich (*ca. 389) gehalten. Vergleichsfunde und Schrifttyp lassen aber darauf schließen, dass die Kanne erst im 7. Jahrhundert auf der Iberischen Halbinsel hergestellt wurde. Sie hatte nicht als Taufkanne, sondern wohl nur als Handwaschgefäß gedient.

Statistiken

loading
Veröffentlicht
2015-01-29
Sprache
de
Beitragende/r oder Sponsor
RGZM
Schlagworte
Frühmittelalter, Karolingerzeit, Europa, Bronzegefäße, lithurgisches Gerät, Zusammenstellung