Kontaminierte Fundstellen in der Archäologie der Moderne

  • Constanze Röhl (Autor/in)
  • Peter I. Schneider (Autor/in)

Identifier (Artikel)

Abstract

Fundstätten der Archäologie der Moderne sind aufgrund ihrer Genese häufig durch industrielle Prozesse sowie Relikte aus Kriegshandlungen stark anthropogen belastet. Sie stellen daher vielfältige Herausforderungen an das praktische Arbeiten im Feld. Die Betonruine der Fertigungshalle 1/F1 im heutigen, unter Naturschutz stehenden Sperrgebiet auf dem Areal der ehemaligen Heeresversuchsanstalt (HVA) Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom bietet ein gutes Beispiel hierfür. Die HVA Peenemünde war ab 1936 als Forschungs-, Test- und Produktionsanstalt für die deutsche Rüstungsindustrie neu angelegt worden, dabei war die Halle F1 zur Einzelkomponentenherstellung und Endteilmontage des Aggregats 4, einer fernlenkbaren Massenvernichtungswaffe, vorgesehen. Ende der 1940er-Jahre wurde der Bau gesprengt, durchlief allerdings sowohl vorher als auch nachher mehrere Phasen der offiziellen und inoffiziellen Nachnutzung. Insbesondere aufgrund einer äußerst disparaten Quellenlage sind zur wissenschaftlichen Erschließung der F1 die Möglichkeiten der Bauforschung und Archäologie zu bedenken. Gesichert ist von Kontamination durch Kampfmittel des Zweiten Weltkriegs und durch Manöver während der Nachnutzung des Areals auszugehen. Aber auch unbekannte, eventuell toxische Baustoffe sowie aus dem Fertigungsprozess stammende Gefahr- und Schadstoffe und deren Abbauprodukte sind zu beachten; ebenso eventuelle toxische Stoffe, die durch Müllablagerungen verursacht wurden. Diese Umstände bedingen bereits vor Beginn archäologischer Feldarbeiten eine detaillierte Recherche und Dokumentation der eventuell vorhandenen Gefahr- und Schadstoffe, um sämtliche Belange der Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Des Weiteren können Kontaminationen auch ungeplante Folgekosten nach sich ziehen oder zu Sanierungsmaßnahmen führen, die unter Umständen negative Folgen für den archäologischen Bestand einer Fläche haben. Der Beitrag stellt anhand dieses praktischen Beispiels einen in Entwicklung befindlichen Leitfaden zum Umgang mit kontaminierten Kulturerbestätten vor.

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Veröffentlicht
2021-05-28
Sprache
de
Schlagworte
Archäologie, Archäologie der Moderne, Historische Archäologie, Bauforschung, Kontamination, Altlastensanierung, Arbeitssicherheit, wissenschaftliches Projektmanagement