Metallkundliche und analytische Untersuchungen an den im Deposito Archeologico der Soprintendenza Archeologica di Pompei aufbewahrten Metallgefäßen

  • Joachim Gorecki (Autor/in)
  • Sabine Klein (Autor/in)
  • Haldis Bollingberg (Autor/in)
  • Gerhard Brey (Autor/in)
  • Graham Pearson (Autor/in)

Abstract

Unserer Forschungsgruppe bot sich in den Jahren 1996−1998 die Gelegenheit, eine Auswahl von Metallgefäßen aus dem antiken Pompei makroskopisch zu untersuchen und Materialproben zu entnehmen. Allgemein bekannt ist, dass die Stadt am 24. August und in den darauffolgenden Tagen des Jahres 79 n. Chr. infolge eines verheerenden Ausbruchs des Vulkans Vesuv untergegangen und nahezu vollkommen verschüttet worden war. Damit ist für die gesamte materielle Hinterlassenschaft ein bedeutender chronologischer Fixpunkt gegeben. In den Magazinen der Soprintendenza Archaeologica di Pompei werden heute 1 678 Gefäße und Gefäßfragmente aus Kupfer und Kupferlegierungen aufbewahrt, daneben auch mehrere Kisten mit deformierten Gefäßfragmenten, die Folge eines Bombardements der Royal Air Force im Jahre 1943, bei dem etliche Gebäude beschädigt wurden und das Antiquarium zerstört worden war. Für den überwiegenden Teil des Inventars lässt sich noch der ursprüngliche Fundort innerhalb der Wohnbebauung (Tassinari 1993, 122−193) ermitteln. Im Unterschied zu anderen archäometrischen Projekten, bei denen die in Frage kommenden Objekte unterschiedlicher Zeitstellung und Herkunft aus verschiedenen Aufbewahrungsorten zusammengetragen werden müssen, bestand hier somit der große Vorteil einer transparenten zeitlichen und lokalen Zuordnung des Materials. Wir stellen mit dieser Studie ein gemeinschaftliches Projekt vor, deren Ziel es ist, die archäologische mit der naturwissenschaftlich-analytischen Fragestellung eng zu verbinden. Dabei sollen die Darstellung der naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden und die Diskussion der sich daraus ergebenden Resultate eindeutig im Vordergrund stehen. Der archäologische Teil beschränkt sich dagegen nur auf eine allgemein gehaltene Einführung in die besondere Problematik der Metallgefäßfunde in den Vesuvsiedlungen. Eine Modifizierung und Vereinfachung der von Suzanne Tassinari erstellten Typologie (Tassinari 1993: Tavole sinottiche A−X), die sicherlich sinnvoll wären, war ebenso wenig geplant wie die Erarbeitung einer Feinchronologie des Materials, die über den allgemein verbindlichen terminus ante quem von 79 n. Chr. hinausgeht und vor allem durch die Analyse der Fundvergesellschaftungen außerhalb der Vesuvregion zu erreichen wäre, der wiederum Untersuchungen zur Gesamtverbreitung der kampanischen Produkte in der hellenistisch-römischen Welt zu folgen hätten. Für die einschlägigen gestempelten Gefäßtypen hat Richard Petrovszky (1993) ja bereits eine chronologische Studie vorgelegt und methodisch den Weg gewiesen. Insgesamt gesehen würden aber derartige Fragestellungen den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Vorrangig sollte herausgearbeitet werden, welche Unterschiede in den physikalisch-chemischen Eigenschaften zu erkennen sind und welche Folgen sich daraus für den Herstellungsprozess der Gefäße ergaben. Dabei ist zwischen den einzelnen Gefäßkörpern und den angefügten separat gearbeiteten Gefäßteilen zu unterscheiden. Es stellte sich heraus, dass die kupferbasierenden Legierungen für die Gefäße aus Zinnbronzen bestehen, die eine nur geringe Variationsbreite in der Zusammensetzung besitzen. Lediglich in Zinnlegierungen mit Bleizusatz, wie sie häufig für Griffe, Henkel, Attaschen und andere Zierelemente verwendet wurden, war der nachgewiesene Bleigehalt stark schwankend. Offenbar verfügten die verschiedenen Werkstätten über genaue, empirisch gewonnene Kenntnisse, in welchem Verhältnis zueinander die beiden wesentlichen Bestandteile der Bronze, Kupfer und Zinn, gemischt werden mussten, um gebrauchstaugliche und belastbare Gefäßkörper herzustellen. Dieses Wissen war ganz offensichtlich eine Art von Allgemeingut und in der Alten Welt weit verbreitet, so dass man nicht unbedingt von werkstattspezifischen Betriebsgeheimnissen sprechen sollte (Furger / Riederer 1995, 166 ff.; Voss / Hammer / Lutz 1999, 159 ff.; 277 f.). Überraschenderweise gelang der Nachweis von Messing in der Gefäßproduktion Kampaniens, ging man doch bislang von dem Gegenteil aus. Bekanntlich wurde diese Legierung in Italien in der römischen Reichsprägung seit der augusteischen Münzreform verwendet. Ein weiteres Anliegen der vorliegenden Studie bestand darin, die Herkunft der Metalle zu ermitteln. Dies geschah mittels Bleiisotopenanalysen. Mit Hilfe metallographischer Untersuchungen an etlichen Fragmenten schließlich ließen sich Einblicke in die Herstellungsprozesse gewinnen.

Statistiken

loading
Veröffentlicht
2018-02-15
Sprache
de