Zur Struktur und dem Zustandekommen reicher Geschirrinventare römischer Herkunft der Stufen B2/C1, C1 und C2 im südskandinavischen Barbaricum – ein Diskussionsbeitrag
Identifier (Artikel)
Abstract
Im Römischen Reich hergestellte Waren, in erster Linie Komponenten von Trink- und Essgeschirr, sind im südskandinavischen Raum bislang überwiegend ausgehend von den Bestattungen analysiert worden. Dabei hat zum einen die räumliche Heterogenität der Bestattungs- und Beigabensitten zu wenig Beachtung gefunden, zum anderen steht ein überregionaler Vergleich mit anderen Regionen des Barbaricums noch weitgehend aus. Jedoch zeigt sich, dass große Teile römischer Kleinfunde, vor allem auch militärischer Konnotation, im Norden eher selten auftreten und damit einen Kontrast zu anderen Regionen aufweisen. Dies gilt etwa auch für Terra Sigillata oder Basaltlavamühlen. Die Analyse von Körperbestattungen der Stufen C1 und C2 auf der Insel Seeland macht deutlich, dass sowohl der Umfang der römischen Geschirrkomponenten als auch die Typenzusammensetzung derselben von entsprechenden Befunden auf dem Kontinent, beispielsweise aus dem Bereich der so genannten Haßleben-Leuna-Gruppe deutlich abweichen. So fehlen etwa Elemente von importiertem Speisegeschirr auf der dänischen Insel weitgehend, während das Trinkgeschirr überwiegend stereotyp aus einem Buntmetalleimer, einer Kelle-/Sieb-Garnitur und einem oder mehreren Trinkgläsern besteht. Die übrigen Elemente werden aus einheimischer Produktion (Ton- oder Holzgefäße) bereitgestellt. Zudem deuten die Typenkombinationen von Gläsern und Eimern in den Gräbern daraufhin, dass wahrscheinlich nicht einzelne Stücke, sondern eher feste Gefäßkombinationen in den Norden gekommen sind, die sich nach dem Verbreitungsbild im Barbaricum in östliche und westliche Service gliedern lassen. Zwar zeigt die Zusammenstellung der entsprechenden Grabinventare und partiell auch die räumliche Analyse in den Befunden eine eher typische Geschirrkombination, die jedoch nicht als Hinweise auf die Übernahme „römischer Trinksitten“ aus primärer Anschauung zu deuten ist – insbesondere vor dem kontrastierenden Vergleich mit mitteldeutschen Körpergräbern mit römischen Importen. Deutlich absetzen von Seeland ist das Spektrum und die Komposition von römischen Geschirrelementen in den Körperbestattungen auf Fünen, die erheblich stärker mit mitteleuropäischen Mustern der Ausstattung vergleichbar sind und vor dem Hintergrund weiterer Elemente in den Gräbern möglicherweise auch individuelle Verbindungen der Bestatteten oder ihrer Familien in diesen Raum andeuten. Dennoch bleibt zu konstatieren, dass sich eine enge Bindung zwischen dem südskandinavischen Raum und dem römischen Provinzgebiet über die Geschirrausstattungen nicht deutlich machen lässt, sondern vielmehr unterschiedliche Grade von Transformationen aus dem Römischen über kontinentalbarbarische Regionen diskutabel erscheinen, wie sie beispielhaft auch in der Mitgabe von Wertgegenständen im Mund des Toten (Obolussitte) zu verdeutlichen sind. Ein Konzept „römisch“ scheint bei der Geschirrauswahl im Norden deutlich hinter den Konzepten von „elitär“, „exotisch“ und „nicht-reproduzierbar“ nachgeordnet gewesen zu sein.