Die schwarzen Perlen in Osteria dell’Osa (Rom, Italien)

Ein Beitrag zu den ersten Glasperlen der frühen Eisenzeit in Latium

  • Leonie Carola Koch (Autor/in)

Abstract

In diesem Beitrag werden zum ersten Mal seit den Marburger Studien der 1980er und 1990er Jahre Glasperlen der frühesten Eisenzeit Mittelitaliens vorgelegt. Die früheisenzeitlichen Glasperlen sind bisher kaum archäologisch bearbeitet, die chemischen Untersuchungen nehmen dagegen zu. Die schwarz erscheinenden Glasperlen aus sechs Gräbern des latialen Gräberfeldes von Osteria dell’Osa der Phase Latium IIB werden mit Maßen und in Farbfotos vorgestellt, wobei die in der Originalpublikation dargestellte Typologie revidiert werden muss. Anhand dieser Auswahl aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. wird eine erste Klassifikation schwarz erscheinender Perlen vorgeschlagen. Da die Definition eines ‚Typs‘ die Kenntnis der Glasart erfordert und somit die Autopsie einer breiten Materialbasis sowie die Kenntnis der chemisch-physikalischen Eigenschaften, wird einer Gliederung in ‚Klassen‘ und ‚Gruppen‘ der Vorzug gegeben. Die Gruppenbildung erfolgt nach formenkundlichen Gesichtspunkten wie Form, Größe und Verzierungsweise. So werden acht Gruppen definiert, die teilweise nach Maßen oder Art der Verzierung weiter untergliedert werden. Glasperlen treten in Osteria dell’Osa allein in Bestattungen weiblicher Individuen auf, die Analyse der Grabkontexte macht einen Zusammenhang zwischen Art der Perlen und  Lebensalter wahrscheinlich. Als Teil des wohl sichtbar getragenen Fibelschmuckes, also als ein Element der Tracht, ist für die  schwarzen Glasperlen wie auch für andere Perlen eine soziale Bedeutung anzunehmen.
Die als ‚Natrongläser‘ bezeichneten schwarzen Gläser der Früheisenzeit stellen einen Umbruch in der Zusammensetzung gegenüber den endbronzezeitlichen, meist blauen oder türkisfarbenen so genannten ‚Mischalkali‘-Gläsern dar. Chemische Untersuchungen liegen hauptsächlich für verwandte schwarze Perlen aus dem süditalischen Kampanien und wenigen weiteren Fundorten vor. Der  Forschungsstand zu chemischen Analysen und ihrer Problematik wird dargelegt, wie auch die Färbemechanismen, die zwar meist auf einen hohen Anteil an Eisenoxid zurückgeführt werden können, keineswegs aber immer gleich sind. Hier zeigen sich einerseits die chemische und technologische Variabilität der früheisenzeitlichen Gläser und andererseits der geringe Kenntnisstand zu Rohglasproduktion, Herstellungstechniken und Orten der Verarbeitung. Sowohl Importe von Rohglas oder Perlen als auch eine lokale Produktion sind vorstellbar. Die Möglichkeit einer Herstellung in Italien selbst wird diskutiert und nicht für ausgeschlossen gehalten.  Hierbei spielt auch die archäologisch nachgewiesene spätbronzezeitliche Produktion von Glasperlen im Veneto eine Rolle. Für die Beurteilung von Kontinuität oder Diskontinuität der Glasverarbeitung zu Beginn des letzten Jahrtausends v. Chr. auf italischem Boden ist jedoch noch ein großes Pensum an Grundlagenarbeit nötig, besonders die Vorlage und der überregionale Vergleich von Glasobjekten aus anderen Gebieten Italiens und darüber hinaus.

 

Digitalsupplement: https://doi.org/10.11588/data/WJQVY5

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Veröffentlicht
2021-12-22
Sprache
de
Schlagworte
Frühe Eisenzeit, Glas, Glasperlen, Latium vetus, Klassifikation, Frauenbestattungen