Der Umbruch zur Hallstattzeit zwischen Nordwestalpenraum und Böhmisch-Mährischer Höhe im Spiegel krisenhafter Entwicklungen
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Abstract
Der Beitrag fragt nach den wesentlichen Faktoren des Wandels von der Urnenfelder- zur Hallstattzeit, der als Epochenzäsur mit paradigmatischem Strukturwechsel verstanden wird. Fokussiert wird auf eine im Laufe von „Ha B3“ entstandene Krise, die letztlich das Ende der urnenfelderzeitlichen Gemeinschaften herbeiführten. Im Mittelpunkt der Vorgänge werden Absetzungstendenzen wahrgenommen, die sich zuallererst als Aufwertung der sozialen Repräsentation der Oberschichten zu erkennen geben. Neben der sepulkralen Verdauerung bestimmter Funktionen für die Gemeinschaft wird auch eine neue Qualität bei den Wirtschaftseinheiten der Oberschicht fassbar. Im Kontext dieser Vorgänge kam es zu einer abgrenzenden Formierung der Oberschicht, die punktuell eine neuartige soziale Kontrolle erreichen konnte. Die gezielte Wahrnehmung des Potentials der Außenkontakte durch die führenden Familien einerseits und der ausgeprägt kompetitive Charakter der segmentierten Gesellschaften andererseits brachten zusammen mit dem erhöhten Autorepräsentationsbedürfnis eine Dynamik hervor, deren Komponenten sich gegenseitig verstärkten im Sinne eines autonom-prozessualen Zusammenhanges. Der beschriebene Mechanismus führte zu einer Anzahl destruktiver Konsequenzen, insbesondere Ressourcenverknappung, konfliktreicher Agieren und eine interne Destabilisierung der Gemeinschaften. Klimaverschlechterung und Bronzeverknappung verstärkten als externe Faktoren den krisenhaften Verlauf. Die erreichte Aporie bei dem Interessenausgleich zwischen Stammesangehörigen und Oberschicht-Familien schränkte die Steuerungsmöglichkeiten zusätzlich ein.
Die vielschichtigen und gravierenden Widersprüchlichkeiten löste erst der zeitlich gestufte Zusammenbruch der Regionalgruppen der späten Urnenfelderzeit zwischen Nordwestalpenraum und Böhmisch-Mährischer Höhe auf. Für die Beschreibung der zeitlichen Zusammenhänge und der Abfolgen wurden neue chronologische Eckwerte vorgeschlagen, deren Relevanz auch bei der Zurückweisung monokausaler Erklärungsmodelle erfahrbar wird. Sozialorganisation und Wertewelt der Urnenfelderzeit waren schlussendlich untergegangen und wurden durch Dezentralisierung, Sozialisationsformen mit geringer Integration unter der Dominanz von Oberschicht-Familien und dem entsprechende Werte ersetzt.