Pückler-Diskurs im Werden

Neue Veröffentlichungen über Hermann Fürst von Pückler-Muskau

  • Ulf Jacob (Autor/in)

Abstract

Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), der von Legenden umwobene Standesherr, Gartenkünstler, Erfolgsschriftsteller, Weltreisende und Selbstdarsteller aus der Lausitz, zählt zweifelsohne zu den schillerndsten Persönlichkeiten der europäischen Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Als ein «Superzeichen» (Lars Clausen) seiner Epoche hat er dem Übergang vom Feudalzeitalter zur industriellen Moderne in Leben und Werk gleichermaßen Gestalt verliehen. Doch ungeachtet eines umfangreichen Schrifttums und des zunehmenden Interesses der (Medien-)Öffentlichkeit konnte von einem avancierten Pückler-Diskurs bisher kaum die Rede sein. Erst seit kurzem zeichnet sich in dieser Hinsicht ein spürbarer Fortschritt ab: So wurde auf der einen Seite der Zugang zum reichhaltig überlieferten Bestand des schriftlichen Nachlasses erleichtert, was ganz unmittelbar zu einer empirischen Wende der Pückler-Exegese beigetragen hat. Auf der anderen Seite konnten aus der Perspektive bildwissenschaftlicher, medienhistorischer, kultursoziologischer und rezeptionsgeschichtlicher Interpretationsansätze bislang verdeckte Sinnschichten der Pücklerschen Hinterlassenschaften freigelegt und in übergreifende Zusammenhänge eingerückt werden. Eine neue, methodisch versierte und quellenbasierte Pücklerforschung ist im Entstehen begriffen. Der Aufsatz versucht, diesen Prozess im Spiegel der jüngeren und jüngsten Publizistik herauszuarbeiten und im Sinn einer diskursiven Selbstvergewisserung zu befördern. Nach einem Rückblick auf wichtige Vorarbeiten der 1970er/1980er Jahre und die innovative Aufbruchphase nach 1995 werden vier aktuelle Neuerscheinungen ausführlicher vorgestellt. Die ausgewählten Publikationen nähern sich dem Phänomen Pückler auf einander vorteilhaft ergänzenden Wegen an, wobei sowohl dem historischen Zusammenhang von sozio-kulturellem Umfeld, Biographie und (garten-)künstlerischem Werk nachgespürt als auch in Wort und Bild die Essenz materialkundiger Grundlagenforschung präsentiert wird. Neben Darstellungen, die Vita und Œuvre eher überblicksartig beleuchten, steht eine Maßstäbe setzende Monographie über die zweite England-Reise des Fürsten. Resümierend plädiert der Beitrag für eine bessere Vernetzung der einzelnen Initiativen, eine koordinierte Erschließung und Veröffentlichung der Pückler-Schriften sowie für die weitere Schärfung des analytischen Instrumentariums. Bei aller Notwendigkeit, die konstrukthaften, performativen und kontextbedingten Aspekte des Pücklerschen Lebenswerkes herauszuarbeiten, sollte dabei das Verständnis für die konkrete Realität des in seinen individuellen und gesellschaftlich bedingten Widersprüchen verstrickten "Parkomanen" nicht verloren gehen.

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