Die Verdunkelung des Pittoresken. Fabrikschornsteine in der britischen Landschaftsgrafik des 19. Jahrhunderts

  • Violaine Gourbet (Autor/in)

Abstract

„The chimneys gain upon the hills“. Mit diesen Worten beschrieb der Kunstkritiker John Ruskin 1859 Manchesters Umgebung und hob damit das Verschwinden der Natur hervor, die durch die Ausbreitung industrieller Städte zunehmend verdrängt wurde. Dieser Wandel der Natur spiegelt sich auch in der zeitgenössischen Landschaftskunst, besonders in der Druckgrafik, wider. Während einige Darstellungen von dramatisch glühenden Fabriken, etwa von P. J. de Loutherbourg oder J. M. W. Turner, weithin bekannt sind, fanden die zahllosen pittoresken Ansichten, die im Laufe des 19. Jahrhunderts in topografischen Bildbänden und illustrierten Büchern als Stahlstiche reproduziert wurden, bisher nur wenig Beachtung. Dieser Beitrag untersucht anhand einer Auswahl solcher Stahlstiche, wie britische Künstler die industriellen Städte mit ihren schwarzen Fabrikschornsteinen als Hintergrund für pittoreske Kompositionen entdeckten. Ziel ist es, die scheinbare Harmonie dieser Bilder kritisch zu hinterfragen und aufzuzeigen, dass es gerade die kodifizierten Formen der pittoresken Ansichten waren, die es den Künstlern ermöglichten, das Unbehagen der Epoche angesichts des Wandels der Natur auszudrücken. Dies zeigt sich vor allem in der Betonung des Unterschieds von Vorder- und Hintergrund. Es wird die Hypothese aufgestellt, dass der Vordergrund, der traditionelle Standpunkt des pittoresken Betrachters, der die Stadt aus der Distanz bewundert, zunehmend als fragiler Zufluchtsort inszeniert oder konstruiert wurde.

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