Überlegungen zur Kategorisierung. Vom Verbot zum Gebot

Vortrag anlässlich des Symposiums «Nachdenken über Denkmalpflege» (Teil 4): «Nur die Prachtstücke? – Kategorisierung in der Denkmalpflege», Berlin, 2. April 2005

  • Ulrich Kerkhoff (Autor/in)

Abstract

Kategorisierung ist alltäglich in Gedanken, Sprache und Handlung, im Alltag denkmalpflegerischer Arbeit ebenfalls, dort meist aber gesetzlich nicht gestattet. Alltag kategorisiert also längst mit Gewissensbissen oder ohne solche, geboren aber aus der Not der Masse, den schwindenden Kräften. Nicht nur die Praxis, auch «wertfreie» Erfassungen kategorisieren längst durch (Nicht)Aufnahme. Kategorisierung muss daher auch offiziell denkbar sein und vor allem innerhalb des Faches entwickelt werden. Der Begriff (Kategorisierung: Scheidung, Stufung) ist hier zunächst nachrangig, wenn die Notwendigkeit anerkannt werden kann. Sie ergibt sich aus drei Punkten: Masse, Politik und Tabu Kategorisierung. Masse erzwingt Gliederung, Be Wertung, Scheidung, Trennung. Den Bestand an Kulturdenkmalen vollständig zu halten, wie es ursprünglich gedacht war (gleicher Schutz für alle), ist bei den heutigen ungegliederten und selbst verursachten Denkmalmassen ein sinnloses Himmelfahrtskommando. In der Politik formiert sich gegenüber den zunehmenden Denkmalzahlen spürbarer Unwille, der nicht ignoriert werden darf. Die Reduktion politischer Unterstützung darf nicht mit der Inflation der Denkmalzahlen beantwortet werden. Tabu Kategorisierung. Aus dem Problem der Kulturdenkmal-Massen erwuchsen der Denkmalpflege ein Problem und daraus eine unmittelbare Verpflichtung, an dessen Lösung selbst gestaltend mitzuwirken. Damit nicht andere einfach so gestalten. Bei nüchterner Betrachtung besteht kein Grund, das Kategorisierungstabu aufrecht zu erhalten. Denn das hieße, ein Rettungsboot vor dem Zu-Wasser-lassen schon anbohren. Daher ein Kategorisierungsvorschlag: Denkmale sollen nach ihrer Bedeutung in «Urkunde» und «Bild» geschieden werden. Gleichzeitig aber soll beider Betreuung vor Ort nach Art und Umfang der vorgesehenen Maßnahme zwischen Fach- und Schutzbehörde systematisch aufgeteilt werden. Schließlich wird das Denkmodell der Entkoppelung vorgestellt, nach dem die Denkmalfachbehörde auf denkmalwerte Substanz, auf historische Bedeutung hinweist, aber nicht mehr für deren Erhaltung durch alle Instanzen einsteht. Die Denkmalpflege hätte so nicht mehr die fatale Alleinzuständigkeit für das Alte und könnte sich vom Erzwinger der Denkmalpflege zum Begleiter im Umgang mit alter Substanz wandeln, könnte Wissen mitteilen, könnte Rat anbieten und damit letztlich erfolgreicher arbeiten.

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