Forst – ein «deutsches Manchester» in der Lausitz

  • Annett Kaiser (Autor/in)
  • Ines Nareike (Autor/in)
  • Petra Ploschenz (Autor/in)
  • Kaija Voss (Autor/in)

Abstract

Die Stadt Forst in der Lausitz war im vorigen Jahrhundert einer der bedeutendsten Standort der Tuchfabrikation in Deutschland. Die bauliche Entwicklung der Stadt, Infrastruktur und Sozialstruktur sind von diesem Industriezweig sehr stark geprägt worden. Der im 19. Jahrhundert begonnene Aufschwung führte dazu, dass Forst bereits um 1913 den deutschen Textilmarkt beherrschte. Das erforderte und ermöglichte die Planung und Durchführung beachtlicher Bauvorhaben. Neben Produktionsgebäuden entstanden Villen sowie einige wenige Siedlungsbauten, es erfolgte ein Ausbau der Infrastruktur. Mit einer Produktion von 18 bis 20 Millionen Metern Tuch und einer Einwohnerzahl von 44 000 Menschen in den Jahren 1938/39 erreichte die Entwicklung ihren Höhepunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Tradition der Textilproduktion in der DDR fortgeführt, Forst wurde zu einem der wichtigsten Standorte. Schlagartig brach die Produktion mit der politischen Wende 1990 zusammen. Die Produktionsbauten blieben stehen, wurden zu einem geringen Teil umgenutzt, zum großen Teil stehen sie leer und sind zunehmend dem Verfall preisgegeben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt zeigen wesentliche Bereiche der Stadt eines der letzten überkommenen Beispiele einer brandenburgischen Industriestadt der Tuchfabrikation des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Der für Forst typische Industriebau, der das Stadtbild heute noch prägt, hat seinen Ursprung in England. Näher untersucht und teilweise dokumentiert wurden zwei Fabriken, die Tuchfabrik Friedrich Schmidt in der Parkstraße 14 und die Tuchfabrik Emil Cattien in der Jänickestraße 34, die exemplarisch für eine große Anzahl weiterer Firmen und ihrer Bauten stehen, deren Dokumentation und Erforschung nachdrücklich zu fordern ist. Die wirtschaftliche Situation von Stadt und Kreis Forst ist momentan kritisch. Sie ist gekennzeichnet durch eine hohe Arbeitslosigkeit, deren Überwindung durch die Randlage innerhalb Deutschlands und die Grenzlage zu Polen nicht befördert wird. Ungeklärte Eigentumsverhältnisse und unterschiedliche Interessenslagen sind im Zusammenhang mit den Bauten der Textilindustrie ein Hindernis für Investitionen jeglicher Art. Die historische Bausubstanz ist in hohem Maße gefährdet. Aufgezeigt werden allgemeine Grundsätze zum Umgang mit Denkmalen der Industrialisierung, die teilweise in Forst Anwendung finden könnten.

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