Kartographische Bildstrategien im Ungarn der Trianon-Periode
Grenzen und Grenzdarstellungen
Identifier (Artikel)
Abstract
Der Beitrag untersucht die Funktionalisierung der Repräsentation der Grenze auf Karten und kartenartigen Darstellungen im Ungarn der Zwischenkriegsjahre anhand von drei ausgewählten Fallbeispielen. Nach dem Ersten Weltkrieg und den Friedensverhandlungen von Trianon im Juni 1920 wird der Darstellung der Grenze auf Karten ein besonders hoher Stellenwert beigemessen. Dabei wird deutlich, dass der Grenze als simpler Linie auf der Karte zunehmend misstraut wird. Durch die Verwendung bedeutungskräftiger, traditionsreicher Motive, Bilder und Farben wird zudem der Raum innerhalb der Grenze als genuin ungarisches Territorium ausgewiesen. Die Grenze auf Karten und kartenartigen Darstellungen wandelt sich somit von einer neutralen Linie zu einem Träger des nationalen Selbstverständnisses. Die Darstellung der Grenze als ephemere Erscheinung hingegen deutet auf den Wandel einer vormals festzementierten Situation hin. Grenzen trennen also nicht nur reale und gedachte Räume scharf voneinander ab, sie können auch Übergänge von einem Raum in den anderen, von einem Zustand in den nächsten markieren. Mit der Schöpfung eines eigenen kartographischen Codesystems in Trianon-Ungarn wird einerseits eine ungarische Sicht der politischen Gemengelage argumentativ zum Ausdruck gebracht, andererseits aber auch zum Ziel gesetzt, auf die Realität, den geopolitischen Status quo, einzuwirken. Vermittels dieses Codesystems werden aus fiktiven Vorstellungen, eingeschrieben in Karten und bestärkt durch bedeutungsgeladene Zeichen, Motive, Farben und Bilder, mentale Landkarten und somit Realitäten evoziert.
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