Der Bronzeguss in der zeitgenössischen Kunst: Tradition einer Herausforderung

  • Barbara Stoltz (Autor/in)

Abstract

Dieser Artikel fokussiert die Universalität des Materials Bronze und seiner Verwendung in der Skulptur, die in der zeitgenössischen Kunst auf prägnante Weise sich bestätigt. Die Bronze ist ein Material, dessen "natürliche" Eigenschaften seine Ikonologie festlegen: Als korrosionsfreier, beständiger Werkstoff ist die Bronze mit den Bedeutungen der "Ewigkeit" oder "Standhaftigkeit" belegt. Die Verwendung und Produktion der bronzenen Skulpturen wird wiederum bereits seit der Antike als Herrschaftsdemonstration und gleichzeitig als Rückgriff auf eine bestehende oder zurückliegende Autorität verstanden. Die Bronze ist damit Sinnbildträger des Traditionsrekurses. Die Bronze verkörpert als Material der Waffenproduktion adäquat den Herrscher- beziehungsweise Gewaltakt. Diese Konnotation gilt ebenfalls für das Herstellungsverfahren einer Bronze-Skulptur: Der Bronzeguss gilt als komplexes und mit Risiken verbundenes Verfahren, das Benvenuto Cellini nicht nur aufgrund der intellektuellen Konzeptualisierung, die einem Bronze-Werk vorlegen muss, zum Kulmen jeglicher künstlerischen Tätigkeit erklärt, sondern vor allem als Ergebnis von scharfsinnigen Lösungen in der praktischen Umsetzung definiert. Ein weiterer, gewichtiger Aspekt des Bronzegusses, der insbesondere seit der Renaissance wahrgenommen wird, ist schließlich die enorme plastische Vielfältigkeit, die die Bronzeherstellung als Wachsausschmelzverfahren gewährt. Die Entwicklung der Bronze seit der Moderne erlebt zum einen neue technische Verfahren, zum anderen steht die Bronzeherstellung aber in der Dialektik zwischen der Bestrebung nach Innovationen und dem Sog der unabwendbaren Eigenschaften und Konnotationen der Bronze. Eine ambivalente Situation besteht darüber hinaus in der totalen Abkoppelung des Bildhauers von der Bronzeproduktion einerseits – angesichts der zunehmenden Verbreitung von eigenständigen, künstlerischen Bronze-Gießwerkstätten – und der als Reaktion darauf stärkeren Involviereung des Bildhauers in der Produktion seiner Bronze bis hin zur eigenen Übernahmen des Bronzegusses. In der zeitgenössischen Kunst wiederum, hat der Umgang mit der Bronze, im Hinblick auf die unbegrenzte Vielfalt der Werkstoffe, Techniken und Formen, grundsätzlich zwei entgegengesetzte Möglichkeiten inne: Entweder gilt die Bronze als Mittel zur individuellen Stilentwicklung eines Künstlers oder sie wird in die spezifische Ikonographie eines individuellen Werks eingewoben. In der Produktion einer Bronze wiederum, trotz eines professionellen Know-Hows, durchzieht sich unentwegt das Motiv der künstlerischer Herausforderung, die nach wie vor zwischen künstlerischem Entwurf, der absoluten Notwendigkeit des technischen Wissens und den spezifischen Lösungen in der Realisierung des Objekts liegt. Die Dynamik zwischen invenit und fecit ist hierbei stets gegenwärtig aber gewandelt: Die postmoderne Bronze entsteht aus einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Künstler und der von ihm gewählten Kunst-Gießerei.

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