Die Museen "Centrale Montemartini" und "MACRO"

Römische Altindustrie zwischen denkmalgerechter Umnutzung und urbaner Revitalisierung

  • Anne Scheinhardt (Autor/in)

Abstract

Auch wenn Rom gemeinhin nicht als typische Industriemetropole wahrgenommen wird, weist die Stadt einen umfangreichen Bestand an historischen Industriebauten auf. Deren Entstehung geht vor allem auf die immensen demografischen, ökonomischen und urbanistischen Entwicklungen nach der Proklamation der Stadt Rom 1871 zur Hauptstadt des Königreichs Italien zurück. Etwas verzögert im europäischen Vergleich suchten um 1900 zahlreiche neue Produktionsstätten am Stadtrand die wachsende Nachfrage der jungen Kapitale nach Lebensmitteln, Elektrizität, Gas und industriellen Erzeugnissen zu befriedigen. Sowohl das Bauensemble der ehemaligen Peroni- Brauerei nahe der Porta Pia (erbaut 1901-1927) als auch das frühere Heizkraftwerk "Giovanni Montemartini" nahe des Monte Testaccio (1911-1913) sind bedeutende Beispiele römischer Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts. Zugleich stehen sie exemplarisch für ein heute weltweit zu beobachtendes Konzept gemischter Nachnutzung von Industriedenkmalen oder -brachen mit musealen Teilhabern. Im Dienst von Kunst und Kultur wurden Teile beider Anlagen zu städtischen Museen umgebaut. Das Hauptgebäude des Heizkraftwerks wurde 1995 bis 1997 in ein Antikenmuseum umgewandelt, ein Grundstücksabschnitt der Brauerei ab 1996 zum "MACRO – Museo d’Arte Contemporanea di Roma" umgebaut. Vergleichend sollen anhand dieser beiden Anlagen Fragen nach der Erhaltung und Erschließung römischer Industriearchitektur durch museale Nutzung diskutiert werden. Der Fokus liegt auf den sich im Lauf des 20. Jahrhunderts wandelnden Vorstellungen von der Wertigkeit historischer Bausubstanz und Industriekultur auf der einen Seite und römischer Stadtviertelidentität auf der anderen Seite. Die seit den 2000er-Jahren zu verzeichnende Einbindung kulturell genutzter Industrieräume in städtebauliche Planungen, die häufig auf soziokulturelle Aufwertung abzielen, wird vor dem Hintergrund der wahrnehmungs- und städtebauhistorischen Entwicklungen analysiert.

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