Fire Walk With Me!

Ein Gang durch die Bildräume eines Regisseurs

  • Joanna Barck (Autor/in)

Abstract

Der Artikel befaßt sich mit der bildenden Kunst des vor allem als Regisseur bekannten Künstlers David Lynch. Die im Max Ernst-Museum in Brühl gezeigte große Werkschau wurde zum Anlaß genommen, um nach dem künstlerischen Anliegen Lynchs, nach seinen Kunstbezügen und künstlerischem Selbstverständnis zu fragen. Im Vordergrund steht daher die Analyse seines Oeuvres jenseits seiner filmischen Tätigkeit. Zugleich thematisiert wird die Ästhetik verlassener Orte und Gegenstände, die eigentümliche Selbständigkeit gewinnen. "Woman Thinking" und "Emily Scream" (beide 2008) sind beispielsweise gelungene ästhetische Umformulierungen jener obskuren Fotos von Séancen des frühen 20. Jahrhunderts, als den Medien dieser Geisteranrufungen das Ektoplasma aus Mund und Nase gequollen sein soll. Betrachtet man Lynchs künstlerische Themen und Verfahren, so möchte man Werner Spies zustimmen, der von einer "Seelenverwandtschaft" mit dem Surrealisten Max Ernst spricht. Verblüfft steht man vor der Serie "Distorted Nudes", die historische pornographische Fotos digital überformen. Lynch kombiniert geschickt das Verfahren der Verstörung, das Max Ernst bei seinen collagierten 'Märchenbildern' anwandte, mit der Morphologie des Gestaltlosen, wie man es aus Bildern von Francis Bacon kennt. Dabei führen Lynchs "Nudes" nicht die Zerstückelung von vermeintlich "unschuldigen" Aktfotos vor, sondern entlarven den voyeuristischen Blick, der die historischen Frauenkörper diffamierte. Als bildender Künstler ist Lynch fraglos ein Meister des Pastiche und ein großer Manierist, der unterschiedliche Stile und Einflüsse kombiniert: Die psychoanalytischen Theorien Jacques Lacans von der symbolischen Zerstörung des Ichs in "Partialobjekte" verbinden sich mit den Themen und Stilen eines Max Beckmann oder Max Ernst. Mit diesem Verfahren befindet sich Lynch in guter Gesellschaft mit Derek Jarmen, Peter Greenaway und dem selbsternannten "Pasticheur" Pier Paolo Pasolini – Filmregisseure, die alle übrigens von der Malerei zum bewegten Bild wechselten.

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