«Die entsprungene Insel» op. 14 kehrt zurück – die Operette Eduard Erdmanns (1926) und die Kostümfigurinen Hans Holtorfs (1925) in Langballigau

  • Albrecht Barthel (Autor/in)

Abstract

Zu Beginn der 1920er Jahre zählte der Komponist und Konzertpianist Eduard Erdmann (1896-1958) zur musikalischen Avantgarde. 1923 erwarb er einen Sommersitz in Langballigau an der Flensburger Förde und ließ dort einen kleinen gemauerten Pavillon errichten. Hier erarbeiteten Erdmann, von seiner Frau Irene (1896-1978) kongenial unterstützt, und sein baltischer Landsmann Gustav Specht (1885-1956) als Librettist vor allem in den Sommern 1924 und 1925 eine politische Farce, die «monströse» Operette Die entsprungene Insel op. 14. Das Werk, das im Entwurf dem bedeutenden Pianisten Artur Schnabel (1882-1951) gewidmet ist, verschwand kurz vor Fertigstellung in der Schublade. Der Maler Hans Holtorf (1899-1984) entwarf die Kostümfigurinen und bemalte 1925 die Wand des runden Pavillons, ein wesentlicher Ort der Werkentstehung, mit den beseelten dramatis personae vor angedeutetem Bühnenprospekt: stets präsente Selbstvergewisserung des gemeinsamen künstlerischen Projektes. Die Malerei, mit Ölfarben auf Zementputz ausgeführt, widerstand den Zeiten trotz Malschichtverlusten, Kalkschleier und Algenbewuchs erstaunlich gut und ist der Nachwelt als frisch-freches Kunstwerk und Kulturerbe erhalten. Die Sicherung von Bauwerk und Malerei hat begonnen. Der vollständige handschriftliche Klavierauszug Erdmanns, das Textbuch Spechts als Typoskript und eine Sammlung von Liedtexten befinden sich im Eduard-Erdmann-Archiv der Akademie der Künste in Berlin. Das musikalische Material liegt mittlerweile in einer aufführungsreifen Bearbeitung vor (Henry Koch, 2015). Die musikalisch-literarischen Primärdokumente erlauben über die szenischen Inhalte des Bühnenwerks auch die «Ikonografie» der im Pavillon abgebildeten Kostümfigurinen nachzuvollziehen. Die Korrespondenz der am Entstehungsprozess Beteiligten und autobiografische Äußerungen veranschaulichen die Geschichte der Werkentstehung und die Beziehung zwischen musikalischem Werk und Ausmalung im Pavillon. Nach fast neunzig Jahren «Dornröschenschlaf» ist anlässlich des 83. Tags für Denkmalpflege am 7. Juni 2015 eine erstmalige kammermusikalische Präsentation der Operette in Auszügen geplant, auf dem Flensburger Museumsberg und unter der künstlerischen Leitung Vladimir Stoupels. Dies soll ein erster Schritt sein zur musikalischen und szenischen Aufführung des Gesamtwerks. Aus der interdisziplinären Zusammenarbeit entstehen Synergien für den Erhalt des Pavillons in situ. Ein lohnendes Ziel, zumal an einem Ferienort, scheint die behutsame touristische Inwertsetzung, die Kulturdenkmal und Bühnenstück intermedial in einer künstlerischen Installation verbindet und vergegenwärtigt.

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