Denkmalpflege heißt Geschichte erlebbar machen

Vortrag anlässlich des Symposiums «Nachdenken über Denkmalpflege» im Haus Stichweh, Hannover am 3. November 2001

  • Matthias Donath (Autor/in)

Abstract

Die staatliche Denkmalpflege ist in eine Krise geraten. Eine wesentliche Ursache liegt in der zunehmenden Entfremdung zwischen der scheinbar wissenschaftlichen Denkmaltheorie und den Anforderungen der Öffentlichkeit. Aus den Schriften von Georg Dehio, Alois Riegl und Max Dvorak wurde ein immer dichter werdendes Regelwerk gebastelt, das vor allem aus Ver- und Geboten besteht und den Begriff der Substanz zum alleinigen Maßstab erhebt. Diese einengenden Gebote negieren jedoch einen zentralen Aspekt, den emotionalen Denkmalwert. Von historischen Bauwerken gehen Anregungen und Gefühlswerte aus, die sich nicht allein wissenschaftlich erfassen lassen. Das Kulturbewusstsein einer breiten Öffentlichkeit basiert auf den emotionalen Wirkungen der Denkmale. Die Denkmalpflege muss diese Anforderungen und Bedürfnisse der Öffentlichkeit ernst nehmen und die bisherigen Methoden überdenken. Aus meiner Sicht besteht die Aufgabe der Denkmalpflege darin, die geschichtlichen Aussagen von Bauwerken, Gärten, Stadt- und Dorfanlagen für eine breite Öffentlichkeit erlebbar zu machen. Geschichte lässt sich vor allem durch eine ganzheitliche, ästhetisch wirksame Präsentation der Monumente vermitteln. Der alleinige Rückgriff auf die Substanz ist ein Irrweg, der immer mehr auf Unverständnis stößt. Die Aktivierung von Geschichte schließt auch den Wiederaufbau von zerstörten Bauten und Stadtanlagen mit ein. Bei Umbauten oder Erweiterungen von Denkmalen, bedingt durch neue Nutzungen, ist ein Weiterbau in Respekt vor dem alten Bauwerk anzustreben, ohne eine konfrontative moderne Architektur, die die Aura des Gebäudes stört oder gar aufbricht. Ein historisch angemessener Weiterbau kann sich auch historischer oder retrospektiver Architekturformen bedienen.

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