Kochprojekte in der Kunst der Gegenwart

  • Anna Bürkli (Autor/in)

Abstract

Die Küche bietet Kunstschaffenden ein ideales Feld zu differenzierten künstlerischen Aussagen und Stellungnahmen. Da jedes Nahrungsmittel symbolisch geladen ist und seine Materialität auf den Kochprozess bestimmend wirkt, erhalten die Speisen automatisch spezifische Bedeutung. In der Gegenwartskunst beschäftigen sich Kunstkochende mit dem Kochen und Präsentieren von Speisefolgen. Diese sind schlüssige Gefüge von einzelnen Komponenten, die Aspekte des Kulturthemas Essen beleuchten. Darstellungen des biblischen Abendmahls münden heute in der konkrete Umsetzung eines profanen Gastmahls. Kochen ist eine Transformation von alimentären Realia. Es fokussiert auf die Wahrnehmung des Essens und auf die Aussage sowie den zwischenmenschlichen Austausch zwischen Rezipienten und Rezipientinnen und macht sich die bedeutungsbestimmenden Funktionen von Lebensmitteln zu Nutze. Partizipieren die Rezipienten an einem Kunstkochprojekt werden sie selber zu einem Teil des Kunstwerkes. Das Kochen als Kunst ist Teil einer Praxis in der Gegenwartskunst, die nicht mehr auf den objekthaften Werkcharakter fokussiert, sondern sich mit der Gesellschaft und dem Alltag auseinandersetzt. Kochprojekte sind oft als Aktion angelegt und haben performativen Charakter. Sie richten sich in erster Linie an die Rezeptionsfähigkeit des Mundes mit der Zunge als Schmeck- und Tastorgan. Die anderen Sinne werden aber ebenfalls angesprochen, weil das Kochen eine Kunst ist, die sich an sämtliche Sinne richtet. Kunstkochende setzen auf eine allumfassende Ästhetik, die an der in der westlichen Welt festgefahrenen Strukturen rüttelt und im Idealfall zu einer Umwertung der Sinneshierarchie führt.

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