Klang – Spiel?
Identifier (Artikel)
Abstract
Johan Huizinga sagt, Spiel sei eine primäre Lebenskategorie, „da menschliche Kultur im Spiel und als Spiel aufkommt und sich entfaltet“. Ich möchte zeigen, dass Klangkunst eine Art (letzter?) Anker unverdorbener Spielhaftigkeit in der Musik ist. Kennzeichen des Spiels: Spiel ist Freiheit; Spiel findet außerhalb des wirklichen Alltags statt; Ziele des Spiels liegen außerhalb materieller Interessen bzw. der Lebensnotwendigkeit; Spiele sind in Zeit und Raum („Spielplatz“) begrenzt; Spiel fordert Ordnung = Spielregeln. Jede Missachtung der Regeln führt zum Abbruch, Spielverderber werden unerbittlich ausgestoßen; Spiel enthält Ungewissheit (man kann gewinnen oder verlieren). Daraus ergibt sich der Wettkampf; Spiel ist Bewegung. Beim Fortschreiten einer Kultur tritt das Spielelement allmählich in den Hintergrund. Die Klangkunst in ihrem Cuvee aus Wissenschaft, Technik und Kunst ist dem allmählichen Entzug des Spielhaften ebenfalls ausgesetzt; gerade Technik und Wissenschaft entziehen ihr Spielkomponenten. Die Entwicklung der industriellen Umwälzung und Technik (mithilfe der Wissenschaft) macht Arbeit und Produktion zum Ideal menschlichen Strebens; im wissenschaftlichen Handeln werden Gültigkeiten gesucht - dieses Gültigkeits-Prinzip auf Kunst zu übertragen (also Gültigkeiten zu definieren, nach denen sich die Kunst auszurichten hat) wird strikt abgelehnt. Das Vertrauen in die Aufstellung eines Kriterienkatalogs für die Evaluierung von Kunst ist anmaßend, gefährlich, geschmacklos, religiös – abgelehnt! Wie in der Entwicklung des Sports wird auch Kunst immer ernster, die Regeln immer strenger, die Leistungen immer höher, Profis bestimmen das Geschehen. Huizinga sagt: „um wirklich zu spielen, muss der Mensch, solange er spielt, wieder Kind sein“. Archaische Wurzeln des Wettkampfes aber kommen zum Zuge, nämlich mit allem und wegen alles Wettkämpfe auszufechten, der Wettbewerbsgedanke wird tragendes Element in der Wettbewerbsgesellschaft, wo „Rekord“ nicht mehr sportlicher Rekord ist, sondern wirtschaftlicher („Deutschland ist Exportweltmeister“). Diese Gefahren betreffen die Klangkunst noch nicht.
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