Entdeckung und Erfindung der Happenings in Osteuropa

  • Anu Allas (Autor/in)

Abstract

Das Ziel des Aufsatzes ist zu überlegen, wie die frühen Happenings und ähnliche ephemere künstlerische Phänomene in den ehemaligen sozialistischen Ländern in Osteuropa nach der Wende in die Kunstgeschichte eingeschrieben worden sind, wie die Interpretationen dieser Ereignisse und die neuen kunstgeschichtlichen Narrative sich zueinander verhalten. Obwohl die Verortung der osteuropäischen Neo-Avantgarde oft auf die Parallelität mit der westlichen Kunst orientiert ist, sind die Unterschiede in der kontextualen Bedeutung der künstlerischen Aktivitäten nicht zu übersehen. Das Beispiel der estnischen Kunstgeschichte beziehungsweise das Umschreiben der Kunstgeschichte der Sowjetzeit in den letzten zwanzig Jahren lässt sowohl den Anspruch auf die versteckte Zugehörigkeit zur westlichen Kunst erkennen als auch die Schwierigkeiten im Prozess der erwünschten Gleichstellung beobachten. Die sogenannten Happenings sind in Estland in den 1960er Jahren vor einem mehrschichtigen Hintergrund entstanden, wobei man sowohl von den westlichen Vorbildern als auch von den lokalen gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen ausgegangen ist und die verschiedenen Impulse miteinander verknüpft hat. Es scheint plausibel, die meisten dieser Aktionen nicht ergebnisgebunden zu betrachten, sondern als Rohmaterialien, die auf eine spezifische Weise die diskursiven Veränderungen in der Kultur wiederzugeben vermögen. Diese flüchtigen Phänomene, die häufig erst im Nachhinein entdeckt und rekonstruiert wurden, lassen sich nur selten eindeutig einordnen und bleiben in der Kunstgeschichte immer in einer unsicheren Position. Die Bewertung dieser künstlerischen Aktivitäten erscheint aber auch als ein Indikator, der die generellen Haltungen, konkrete Ziele und deren Wandlungen im Prozess der Geschichtsschreibung sichtbar macht.

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