Denkmal-Erkenntnis und Denkmal-Funktionen. Überlegungen zum Nutzen der Denkmale

Vortrag anlässlich des Symposiums «Nachdenken über Denkmalpflege» im Haus Stichweh, Hannover am 3. November 2001

  • Eckart Rüsch (Autor/in)

Abstract

Im Mittelpunkt des Beitrags steht ein erkenntnistheoretischer Ansatz zur Klärung der bisher selten angetasteten Grundsatzfrage, wie ein Denkmal entsteht und ihm dabei ein Sinn zukommt. Die These ist, dass der Mechanismus der Denkmal-Erkenntnis in einem geistigen Dreischritt verläuft: Erstens ist zunächst Aufmerksamkeit erforderlich, während der ein Gegenstand wahrgenommen und betrachtet wird oder auch sein (z. B. historischer) Kontext untersucht wird. Darauf folgt zweitens die Zuordnung einer Bedeutung (z. B. Erinnerung, Botschaft). Genauer gesagt ist Bedeutung eine an vor-geprägte Vorstellungen geknüpfte, bestimmte Gefühls-Struktur, die der Betrachter in sich aufruft und durchlebt. Schließlich muss drittens die Denkmal-Aneignung eintreten. Sie ist die Bereitschaft, eine wiederholte Vergegenwärtigung der Bedeutung zuzulassen, die damit eine persönliche Denkmal-Setzung auslöst. Entfällt nur einer der drei Schritte Wahrnehmung , Bedeutungs-Zuordnung oder Aneignung , bleibt der Gegenstand bedeutungslos und wird - in kognitiver Hinsicht - nicht zum Denkmal. Von den drei genannten Schritten am interessantesten ist der Kern der Denkmal-Erkenntnis, die Schnittstelle der Bedeutungs-Zuordnung. In ihr wird ein bisher bloßer Gegenstand zum bedeutenden Denkmal, was nichts weniger ist als der Schöpfungsakt einer neuen geistigen Realität. Die subjektiv gesetzte Bedeutung macht, dass der Gegenstand nun symbolisch und gleichnishaft für etwas anderes, nämlich den Wert selbst einzustehen scheint: Der Mensch beseelt die Gegenstände mit Bedeutungen, und umgekehrt vergegenständlicht er bedeutende Werte. Es folgt daraus: Kein Gegenstand ist allein für sich und aus sich heraus bedeutend. Es gibt keine ungewollten Denkmale. Alle Denkmale entstehen durch menschliche Bewertung, sind demnach gewollt.

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