Depositum – Beute – Reisegepäck

Der Umgang mit Kunst- und Kulturgut Mitteleuropas im 20. Jahrhundert und dessen Folgen für kunsthistorische Forschung der Gegenwart

  • Jan Harasimowicz (Autor/in)

Abstract

Die Funktion und der Aufbewahrungsort von Kunstwerken haben oft gewechselt: dekorative, weltliche Gefäße wurden zu Kultobjekten und liturgische Gefäße zu den Prunkstücken von herzoglichen oder königlichen Kunstkammern. Kunstwerke „wanderten” zumeist entlang der Haupthandelsrouten, wie der Via Regia, oder den Wasserwegen, wie Donau, Elbe und Oder. Langjährige kriegerische Auseinandersetzungen, wie der Dreißigjährige Krieg, die napoleonischen Kriege und die Weltkriege des 20. Jahrhunderts, trugen zur Intensivierung dieser „Wanderungen“ bei. Folgenschwer war besonders der Zweite Weltkrieg, der eine Versetzung der Kulturgüter in einem bisher unbekannten Maßstab verursachte. Kunstwerke wurden sowohl durch staatliche Institutionen oder Privatpersonen aus dem Kreis der am Krieg beteiligten Armeen, durch Universitätsprofessoren und Priester, als auch im Namen der auf dem jeweiligen Gebiet geltenden Gesetzte geraubt. Infolge der Nachkriegsgrenzverschiebungen in Ostmitteleuropa haben sich die Kriterien der „nationalen“ und „staatlichen” Zugehörigkeit der versetzten Kulturgütern zusätzlich verschoben. Zu den dringenden Aufgaben der Kunstgeschichte gehört in diesem Zusammenhang daher die Ausarbeitung einer gemeinsamen Stellungnahme. Erst danach wird es möglich sein, sich auf die wichtigsten wissenschaftlichen Fragen uneingeschränkt zu fokussieren, d.h. auf den aus der Versetzung der Artefakte folgenden Kulturtransfer, die Auswirkung der Kunstzentren und der Rezeptionen ihrer Impulse, oder auf allen anderen, für die Kunst bedeutenden „Wanderungen“, die nicht nur die Ideen und Formen, sondern auch die kreativen Geister und erfahrenen Händen miteinbeziehen.

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