Lebendige Substanz – Bild und Original in der Gartendenkmalpflege
Vortrag anlässlich des Symposiums «Nachdenken über Denkmalpflege» im Haus Stichweh, Hannover am 3. November 2001
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Abstract
Ein Garten ist keine bloße Ansammlung von Pflanzen. Vielmehr bildet seine gesamte Substanz ein funktionales und räumliches Gefüge. Die künstlerische Verbindung unterschiedlicher Vegetationsschichten, Wege, Wasseranlagen, baulicher Anlagen, Blickbeziehungen, Bodenmodellierungen und so fort, die Substanz eines Gartens, setzt sich aus diesen verwendeten lebendigen und toten Materialien sowie dem daraus geschaffenen Erscheinungsbild zusammen. Dieses funktionale und räumliche Gefüge gilt es zu bewahren, wenn man die Aussage bzw. das Konzept eines Gartens für die Nachwelt tradieren möchte. Dazu sind die Definition des Denkmalwertes und das Vorhandensein von Substanz bei Gartenanlagen unerlässlich, bevor das Objekt überhaupt als relevant für eine denkmalpflegerische Behandlung gelten kann. Eine Binsenweisheit bei Gärten und Parkanlagen ist die Tatsache, dass sie aufgrund des hohen Anteils an lebendigem Material keine Chance haben, sich in einem statischen Zustand, in einem immer gleichen Bild zu präsentieren. Vielmehr ist eine erhaltende Pflege der Gärten unerlässlich, möchte man das der Anlage zugrundeliegende Konzept in dreidimensionaler lebendiger Form erhalten. Überlässt man einen Garten sich selbst, so wird er mit der Zeit in Schönheit sterben und verschwinden. Um einen historischen Garten zu erhalten, ist demnach immer wieder seine Regeneration notwendig. Für den Umgang mit der Substanz stellt sich die Schlüsselfrage: Wie weit lässt man den Verfallsprozess des Materials gehen, bis Ersatzpflanzungen unausweichlich werden? Dies bedarf eines Abwägungsvorgangs zwischen dem Quellenwert und dem Gestaltwert des Materials und der Substanz. Dabei ist zu bedenken, dass auch eine originalgetreue Ersatzpflanzung nicht dasselbe ist wie der authentische Baumbestand. Denn nur dieser originale Bestand hält die Verbindung in die Vergangenheit aufrecht, indem er Spuren der Geschichte, wie z.B. Spuren ehemaliger Schnittweisen an Gehölzen aufzeigt. Fertig im Sinne eines statischen Zustands wird ein Garten eigentlich nie, er befindet sich stets in einem dynamischen Prozess. Diesen Prozess kontinuierlich zu begleiten, ist die einzige Möglichkeit, historische Garten- und Parkanlagen für eine möglichst lange Zeit zu erhalten.
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